Kein Wiederaufbau der Ferkelzuchtanlage Alt-Tellin! - AbL protestiert gemeinsam mit Bürgerinitiative und Greenpeace

Einen Monat nach dem verheerenden Brand von Deutschlands größter Ferkelzuchtanlage in Alt-Tellin (Mecklenburg-Vorpommern), bei dem Ende März 55.000 Schweine unter Qualen starben, besuchte MV-Landwirtschaftsminister Till Backhaus vergangenen Freitag die Brandruine. Entgegen seiner Erwartungen traf er sich dort nicht nur mit dem Betreiber der Anlage, sondern musste sich auch der Kritik von Bürger*innen und Landwirt*innen stellen. Mehr als 70 Demonstrierende empfingen den Minister mit lauten Sprechchören, Original-Tonaufnahmen der panischen Schweine und bunten Schildern – unter anderen einem riesigen Greenpeace-Banner mit der Aufschrift „Schluss mit dem Schweinesystem“, welches am Futtersilo der Anlage prangte. Susanne Wiest, Gemeindevertreterin aus Siedenbüssow, kritisierte in ihrer Eröffnungsrede die zutiefst undemokratische Haltung des Landwirtschaftsministers und forderte ihn dazu auf, endlich den Menschen vor Ort zuzuhören statt Pläne für den Wiederaufbau der Ferkelzuchtanlage zu schmieden. Julia Bar-Tal, Landwirtschaftsmeisterin und Landesgeschäftsführerin der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) Nordost, machte in ihrer Rede deutlich, wie Bäuerinnen und Bauern durch die Agrarpolitik in Bund und Land an die Wand gedrückt werden: „Als Landwirtin, die hier den Berufsstand vertritt, betrifft mich der Brand in Alt-Tellin sehr persönlich: Es sind diese Strukturen, die für den Verfall der Erzeuger*innenpreise direkt verantwortlich sind. Wenn Herr Backhaus solche Strukturen politisch fördert, ist er verantwortlich für das Leid der Tiere und für diesen Supergau, der diese Region trifft. Und er ist mit dieser Politik auch dafür verantwortlich, dass jedes Jahr Tausende unserer Betriebe wirtschaftlich kaputt gehen. In den letzten zehn Jahren hat fast jeder zweite schweinehaltende Betrieb für immer geschlossen, während hier in Alt-Tellin und anderswo diese Art von Anlagen entgegen jeder Vernunft vorangebracht werden. Wir laden Sie, Herr Backhaus, dazu ein, ab heute eine Kursänderung einzunehmen und in Zukunft als Landwirtschaftsminister und nicht als Konzernminister Position zu beziehen.“ Für die AbL vor Ort war auch Franz-Joachim Bienstein, Bauer aus Martensdorf und Sprecher der AbL-Mecklenburg-Vorpommern. Er fasste zusammen: „Diese Brandkatastrophe ist eine Zäsur, die tiefgreifende agrarpolitische Konsequenzen von Bund und Land erfordert. Landwirtschaftsminister Till Backhaus und Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner müssen endlich Bäuerinnen und Bauern beim Umbau der Tierhaltung unter die Arme greifen statt der Agrarindustrie den roten Teppich auszurollen.“ Im Anschluss an die Demo traf sich Minister Backhaus in der Bauernstube Neuplötz mit wenigen Vertreterinnen und Vertretern der umliegenden Gemeinden - wohlgemerkt unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Derweil warteten draußen ungeduldige Ortsansässige und waren sich einig: einen Wiederaufbau der Ferkelzuchtanlage darf es nicht geben. Die Veranstalter*innen zeigten sich zufrieden mit dem Protest: „Wir werden weitermachen.“
03.05.2021
Von: cg

Julia Bar-Tal (AbL Nordost; links am Mikrofon) stellt MV-Landwirtschaftsminister Till Backhaus (Signalweste rechts) zur Rede. Foto: Charlotte Gengenbach