In Deutschland können sich immer mehr Menschen weder Fisch noch Fleisch leisten

11,4 Prozent der Deutschen (knapp 10 Millionen Menschen) können sich nicht jeden zweiten Tag eine vollwertige Mahlzeit leisten. Das geht aus Daten für 2022 hervor, die die Bundestagsfraktion der Linken beim Statistischen Bundesamt erfragt hat. Die Gruppe der Betroffenen ist demnach gegenüber 2021 größer geworden. Da traf das noch auf 10,5 Prozent zu. Die Linke fordert daher unter anderem höhere Löhne und ein Aussetzen der Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel. Letzteres hatte kürzlich auch der im Wahlkampf befindliche Ministerpräsident in Bayern, Markus Söder, gefordert. Die Reaktion des Bundesfinanzministers: „nicht finanzierbar“.

Besonders stark betroffen bei den 10 Millionen Menschen, die sich keine vollwertige Mahlzeit leisten können, sind den Daten zufolge Alleinerziehende. 19,3 Prozent – also fast jeder und jede fünfte – sind nicht in der Lage, sich alle zwei Tage mit Fleisch oder Fisch oder einer gleichwertigen vegetarischen Mahlzeit zu ernähren. Hier gibt es den Daten zufolge auch einen beträchtlichen Anstieg von 2021 zu 2022 von 16,7 auf 19,3 Prozent.

Dazu erklärt der Fraktionsvorsitzende der Linken, Dietmar Bartsch: „Nichts hat die Bundesregierung gegen die Preisexplosionen bei Lebensmitteln getan. Minister Özdemir spricht oft über gesundes Essen, über den Zusammenhang von Armut und schlechter Ernährung spricht er kaum. Ca. 10 Millionen Menschen haben im reichen Deutschland zu wenig Geld, um sich regelmäßig gut zu ernähren - ob vegetarisch, mit Fisch oder Fleisch. Armut und Inflation zeigen sich auch an diesen Zahlen.“ Wieder sind nach Abnsicht von Bartsch Kinder besonders betroffen. „Der Supermarkt ist zum Hort des Abkassierens geworden. Je höher die Preise, desto höher die Nudeln-mit-Ketchup-Quote. Wir brauchen mindestens eine zeitweise Aussetzung der Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel, konsequente staatliche Preiskontrollen bei den Supermarktkonzernen und die Einführung einer echten Kindergrundsicherung“, so Bartsch.

Die Streichung der Mehrwertsteuer für sämtliche Grundnahrungsmittel, „nicht nur für Gemüse, nicht nur für Bio, sondern auch für Fleisch, für Fisch, für Milch“, hat kürzlich auch der bayerische Ministerpräsident Markus Söder gefordert, der eine solche Entlastung für die Verbraucher auch für vereinbar mit dem EU-Recht hält. „Schon bemerkenswert, dass die CSU nun das Programm und die Anträge der Linken im Bundestag abschreibt“, kommentierte daraufhin die agrarpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag, Ina Latendorf. Schon 2022 habe ihre Fraktion einen Antrag mit derselben Forderung eingebracht. SPD, Grüne, FDP und auch CDU/CSU hätten diesen damals abgelehnt. Die Vorwürfe in der Debatte hätten damals Markteingriff bis staatliche Preispolitik gelautet.

Deutschland hat ein deutlich zu niedriges Lohnniveau

Deutschland hat nach Ansicht der Linken ein deutlich zu niedriges Lohnniveau. Nach den von der Linken erfragten Angaben des Statistischen Bundesamtes für Oktober 2022 verdienen von etwa 39,8 Millionen Menschen in Beschäftigtenverhältnissen rund 9,3 Millionen (23,35 Prozent) weniger als 14 Euro brutto in der Stunde. Auszubildende sind nicht mitgerechnet. 14,8 Prozent der Erwerbstätigen erhalten nur den Mindestlohn von 12 Euro die Stunde. Dieser soll nach Beschluss der Mindestlohnkommission im kommenden Januar trotz der weiter steigenden Lebenshaltungskosten lediglich um 41 Cent auf 12,41 Euro und im Januar 2025 auf 12,82 Euro steigen.

„Wenn jeder Vierte in Deutschland unter 14 Euro brutto in der Stunde verdient, haben wir ein deutlich zu niedriges Lohnniveau in Deutschland“, kritisiert Bartsch. „14 Euro Mindestlohn wären jetzt notwendig — auch als Inflationsausgleich. Fast zehn Millionen Beschäftigte könnten profitieren. Die geplante Erhöhung von nur 41 Cent ist ein dramatischer Reallohnverlust. Das niedrige Lohnniveau wird uns auch bei der Rente auf die Füße fallen. Es droht millionenfache Altersarmut. Die Rentenkasse verliert bereits heute viele Milliarden aufgrund zu geringer Löhne. Wir brauchen höhere Löhne und auskömmliche Renten in Deutschland!“