Geplante Regeln des BMEL zum Kastenstand „rechts- und verfassungswidrig“

Tierärzte und Tierschutzorganisationen halten den Referentenentwurf des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) zur Siebten Verordnung zur Änderung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung (TierSchNutztV), der unter anderem die Kastenstandhaltung bei Sauen neu regeln soll, für rechts- und verfassungswidrig. Das haben sie auch in Stellungnahmen zum Referentenentwurf dem BMEL mitgeteilt. „Es ist ein nicht nachvollziehbarer Rechtsbruch, dass nunmehr eine – seit 27 Jahren bestehende - tiergerechte Formulierung („…dass jedes Schwein im Kastenstand in Seitenlage die Gliedmaßen ungehindert ausstrecken kann“) und über die das BVG Leipzig bereits gerichtet hat, gestrichen werden soll. Damit wird auch der seit 17 Jahren bestehende Kerngehalt des Art. 20a GG missachtet. Gleiches gilt für Übergangsfristen von 15 Jahren im Deckzentrum“, heißt es in der Stellungnahme der Tierärztlichen Vereinigung für Tierschutz mit Blick auf das Staatsziel Tierschutz im Grundgesetz (Art. 22a GG) und ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts in Leipzig. Eine Schweinehaltung, die §1 und 2 Tierschutzgesetz konterkariert, wonach niemand einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen und die artgemäße Bewegung so einschränken darf, dass diese eintreten, bleibt nach Ansicht der TVT auch bei einer Verkürzung der Fixierung im Kastenstand von derzeit ca. 35 auf 8 Tagen tierschutzwidrig und „ist in der vorliegenden Form umfassend (fachlich und gesellschaftspolitisch) abzulehnen“, so die TVT. Für die Albert Schweitzer Stiftung für unsere Mitwelt würde der Entwurf des BMEL das Tierschutzniveau in einzelnen Punkten bei einem schon jetzt dem Tierschutzgesetz widersprechenden Haltungsystem sogar noch senken. „Das Ministerium bewegt sich hier auf ganz dünnem Eis“, so Konstantinos Tsilimekis, Geschäftsleiter der Albert Schweitzer Stiftung. „In dem Referentenentwurf bewertet es die Kastenstände selbst als 'im Hinblick auf den Tierschutz kritisch'. Dennoch strebt das Ministerium gesetzlich unzulässige Neuregelungen an, anstatt dieser tierquälerischen Praxis ein schnelles Ende zu bereiten“, so Tsilimekis, Nach Ansicht des Deutschen Tierschutzbundes (TSchB) versucht das BMEL mit dem Entwurf „den ohnehin tierschutzwidrigen Kastenstand bis auf weiteres zu legitimieren“. Der TSchB e.V., die internationale Tierschutzstiftung VIER PFOTEN, der Bundesverband Tierschutz e.V., PROVIEH e.V., der Bund gegen Missbrauch der Tiere e.V. sowie der Bundesverband Menschen für Tierrechte e.V. lehnen den Entwurf in einer gemeinsamen Stellungnahme strikt ab. Dieser sei in mehrfacher Hinsicht rechts- und verfassungswidrig und ein juristischer Skandal. Bestätigt werden sie in dieser Auffassung von einem im Auftrag des Tierschutzbundes von der Richterin Dr. Barbara Felde erstellten Gutachten. Für Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes, ist es „endlich Zeit, dass die Politik handelt und das Leid der Sauen beendet. Dass die Bundesregierung mit ihrem Entwurf plant, die rechtswidrigen Kastenstände durch eine Anpassung der Verordnung zu legalisieren, ist absolut inakzeptabel. Statt an der Verordnung herumzudoktern, sollte das BMEL sich einen konsequenten, möglichst schnellen und tierschutzgerechten Ausstieg aus der Kastenstandhaltung auf die Fahnen schreiben und die dafür notwendigen Rahmenbedingungen schaffen. Wir fordern eine Überarbeitung des Entwurfs und eine Änderung der Verordnung, die dem Schutz der Tiere dient und im Einklang mit dem Tierschutzgesetz sowie dem Staatsziel Tierschutz steht.“