Niedersachsen will regionale Verarbeitung und Vermarktung stärken

Eine neu Förderrichtline will ausschließlich kleine und kleinste Betriebe fördern. Sie bildete den Hintergrund für ein Fachgespräch, zu dem das Landwirtschaftsministerium und die Landwirtschaftskammer Vertreter:innen von Organisationen, Verbänden und aus der Praxis eingeladen hatte. Eberhard Prunzel-Ulrich, Teilnehmer an dem Gespräch und Vorsitzender der Vereinigung der Norddeutschen Direktvermarkter sowie im Vorstand der AbL Niedersachen, begrüßt die Richtlinie, sieht aber noch Handlungsbedarf insbesondere bei der Finanzierung und Beratung.

Um die regionale Verarbeitung und Vermarktung produzierter landwirtschaftlicher Erzeugnisse und/oder daraus verarbeiteter Produkte zu unterstützen, wird es in Niedersachsen künftig das Programm zur Förderung von regionalen Verarbeitungs- und Vermarktungseinrichtungen geben. Eine entsprechende Richtlinie zur Förderung von Investitionen in regionale Verarbeitungs- und Vermarktungseinrichtungen sowie mobiler Schlachtanlagen und mobiler Molkereien soll noch im Sommer veröffentlicht werden.

„Die Regionalvermarktung und die regionale Wertschöpfung können dazu beitragen, die Gesellschaft ebenso wie die Landwirtschaft zu stärken“, erklärt der Staatssekretär Prof. Ludwig Theuvsen vom niedersächsischen Landwirtschaftsministerium im Rahmen des Fachgesprächs. Die Landwirtinnen und Landwirte sollen die Ansprüche der Gesellschaft erfüllen können, aber ebenso wichtig sei es, die betriebswirtschaftliche Realität auf den Höfen im Blick zu haben. Der Weg gehe bei den Betrieben über die Diversifizierung und Einkommenskombinationen und auch über neue Geschäftsfelder. Der Agrar-Staatssekretär betonte, dass das ML an vielen Stellen ansetze, um die regionalen Wirtschaftskreisläufe zu fördern und zu stärken – zum Beispiel über die Öko-Modellregionen. Eine Herausforderung sei es, dass sich bei Verbraucherinnen und Verbrauchern durch die Inflation und die steigenden Preise das Konsumverhalten ändere. Das sehe man beispielsweise an der zurückgegangenen Nachfrage nach Spargel und Erdbeeren. Auch in der Direktvermarktung sei die nachlassende Kaufbereitschaft zu spüren, eine Entwicklung, die der Staatssekretär „mit Sorge“ beobachtet.

Als gemeinsames Fazit des Fachgesprächs heißt es seitens der Landwirtschaftskammer: Es wurde schon viel erreicht, aber die meist kleinen Betriebe benötigen die volle Unterstützung der Politik und der Gesellschaft, um weiterhin erfolgreich arbeiten zu können.

Mehr Unterstützung fordert auch Eberhard Prunzel-Ulrich. Gegenüber der Bauernstimme erklärt er: „Die neue Förderrichtlinie wird von den beteiligten Verbänden begrüßt. Es ist ein Schritt in die richtige Richtung. Erstmals wird hier die Lücke geschlossen, dass gewerbliche Teile der Landwirtschaft und des verarbeitenden Handwerks bisher nicht berücksichtigt wurden. Da ausschließlich kleine und kleinste Betriebe gefördert werden (nach EU-Definition), kommt dies genau den richtigen Betrieben zugute. Allerdings reicht die Finanzierung nur für ca. 20 Anträge aus, das ist für ganz Niedersachsen viel zu wenig. Für eine mutige Förderung regionaler Strukturen braucht es ein integriertes Konzept, das von Landwirtschafts- und  Wirtschaftsministerium aufgelegt und entsprechend ausgestattet wird. Unsere Vorstöße, z. B. über die Vereinigung Norddeutscher Direktvermarkter, wurden bisher ignoriert. Kleine und regionale Strukturen scheinen für die Wirtschaftsministerien nur für Sonntagsreden zu taugen. Was ebenfalls gänzlich fehlt ist die Finanzierung einer intensiven Beratung für die Betriebe, die in Verarbeitung/Vermarktung einsteigen. Aber wir bleiben am Ball.“

Eckpunkten der Förderrichtlinie

Zu den Eckpunkten der Förderrichtline teilt die Landwirtschaftskammer mit: Wie dem aktuellen und noch nicht veröffentlichten Richtlinienentwurf zu entnehmen ist, werden Ausgaben für mobile Schlachtereien und mobile Molkereien, einschließlich damit verbundener Kühleinrichtungen und Einrichtungen für die Weiterverarbeitung der mobil erfassten Erzeugnisse gefördert.

Gegenstand der Förderung sind zudem Verarbeitungs- und Vermarktungseinrichtungen ökologisch und konventionell produzierter landwirtschaftlicher Erzeugnisse und/oder daraus verarbeiteter Produkte.

Nicht förderfähig sind unter anderem Investitionen in Gebäude, Container und Fahrzeuge sowie Anhänger- wobei der Förderausschluss sich nicht auf deren Einrichtungsgegenstände bezieht. Für mobile Molkereien und Schlachtanlagen gelten gesonderte Regelungen.

Einige geplante Eckpunkte zur neuen Fördermaßnahme:

  • Die Zuwendungshöhe beträgt maximal 100.000 €.
  • Der Mindestförderbetrag muss 5.000 € überschreiten.
  • Der Fördersatz beträgt 40%.
  • Potentielle Antragsteller sind landwirtschaftliche Betriebe und Unternehmen der Verarbeitung und Vermarktung landwirtschaftlicher Erzeugnisse mit Sitz und Unternehmensstandort in Niedersachsen. Sie müssen Kleinst- oder Kleinunternehmen gemäß der einschlägigen EU-Definition sein.
  • Weitere Fördervoraussetzungen sind unter anderem,
    • dass die Wirtschaftlichkeit der Investition nachgewiesen wird.
    • dass mindestens 50% der Waren regional bezogen werden. (Die Regelung zum Warenbezug gilt nicht bei Investitionen in mobile / teilmobile Molkereien und Schlachtanlagen.)
  • Die Antragsauswahl erfolgt im Rahmen eines Rankingverfahrens, wobei die Anträge anhand der nachstehend aufgeführten Kriterien mit festgelegten Punkten bewertet werden:
    • Unternehmensgröße
    • Investition in mobile/ teilmobile Molkerei oder Schlachterei
    • Antragsteller ist ein landwirtschaftl. Betrieb oder ein dem Betrieb familiär zugehöriger Gewerbetreibender
    • Investition in die Verarbeitung oder Vermarktung ökologischer Lebensmittel
    • Regionaler Warenbezug

Die erste Antragsstellung ist im Herbst 2022 geplant.

26.07.2022
Von: FebL/PM

Eberhard Prunzel-Ulrich begrüßt die neue Förderrichtlinie, sieht jedoch noch erheblichen Handlungsbedarf. Bildquelle: Vereinigung der Norddeutschen Direktvermarkter