Bundeskabinett verabschiedet Nationale Wasserstrategie und verkündet "Wasserwende"

Das Bundeskabinett hat heute eine Nationale Wasserstrategie verabschiedet. Angesichts der jetzt schon spürbaren Folgen der Klimakrise soll damit laut einer Mitteilung des Bundesumweltministeriums (BMUV) „die Wasserwende eingeläutet und die Transformation in der Wasserwirtschaft beschleunigt werden.“ Ein Bestandteil sind auch Aussagen zum Landwirtschaftssektor. Mit der Strategie will die Bundesregierung die natürlichen Wasserreserven Deutschlands sichern, Vorsorge gegen Wasserknappheit leisten, Nutzungskonflikten vorbeugen, den Sanierungsstau in der Wasserinfrastruktur angehen sowie den Zustand der Gewässer und die Wasserqualität verbessern. Mit den 78 Maßnahmenvorschlägen des zugehörigen Aktionsprogramms Wasser nimmt die Bundesregierung laut BMUV sich und alle beteiligten Akteure in die Pflicht, bis 2050 für einen nachhaltigen Umgang mit Wasser zu sorgen.

In dem Strategiepapier heißt es, dass auf Vorsorge ausgerichtete Klimamodellierungen für die Auswirkungen auf den Wasserhaushalt heißere und trockenere Sommer, eine Abnahme der Bodenfeuchte und mittel- bis langfristig gesehen sinkende Grundwasserspiegel, vor allem für Regionen, die - unter der Berücksichtigung menschlicher Eingriffe in den Wasserhaushalt- bereits jetzt sinkende Grundwasserstände verzeichnen, zeigen. „Darunter leiden landwirtschaftliche Kulturen und Grünland ebenso wie der Wald und andere Ökosysteme, insbesondere wasserbasierte Landökosysteme mit ihren geschützten Arten und Lebensräumen. Gleichzeitig werden Starkregen und Überflutungen häufiger, im Winter fällt Schnee seltener. Die Klimakrise hat somit gravierende Folgen für die Wasserverfügbarkeit, das Risiko von Übernutzungen ist damit deutlich gestiegen. Zudem spielen nicht nachhaltige Nutzungen eine Rolle. Alle Wassernutzungen in Stadt und Land und deren Wasserbedarf müssen daher an die möglichen ungünstigsten veränderten Bedingungen angepasst werden“, so die Strategie.

Mit dem anlaufenden Klimawandel habe sich der Bewässerungsbedarf in den letzten Jahren erhöht. Er könne nach Berechnungen in Nordrhein-Westfalen – bei Beibehaltung derzeit angebauter Kulturen – bis ins Jahr 2100 um das 20-fache steigen. Im Nordosten Niedersachsens geht man bei unveränderten landwirtschaftlichen Praktiken von einem 30-prozentigen Anstieg der benötigten Wassermenge bis zum Ende des Jahrhunderts aus.

Die Folgen der Klimakrise und ein sinkendes Wasserdargebot v. a. in den Frühjahrs- und Sommermonaten werden, so die Strategie, insbesondere die Land- und die Forstwirtschaft sowie die Aquakultur aber auch den Naturschutz betreffen. Längere und intensivere Trockenphasen werden ein zunehmend großes Problem für die Landwirtschaft darstellen, in deren Folge es zu Ernteausfällen und Futterengpässen kommen kann. Diese Ernteausfälle können die Ernährungssicherung in Deutschland beeinträchtigen. Bei der Anpassung der Land- und Forstwirtschaft an diese neuen klimatischen Rahmenbedingungen kommt es zu Wechselwirkungen mit Natur und Umwelt einschließlich der Gewässer.

„Die ökonomischen und ordnungsrechtlichen Rahmenbedingungen (gesetzt u. a. durch das Fachrecht und die gemeinsame Agrarpolitik der EU, staatliche Förderungen und den Lebensmitteleinzelhandel) und die Ernährungsgewohnheiten beeinflussen den Umgang mit der Natur bei der landwirtschaftlichen Produktion. So sind in einigen Regionen stark überhöhte Tierbestände, die nicht zu der für den Nährstoffanfall erforderlichen Flächenausstattung passen, eine Ursache für gewässerbelastende Nährstoffüberschüsse. Eine an der Flächenausstattung orientierte landwirtschaftliche Tierhaltung trägt langfristig zu einem naturnahen Wasserhaushalt und der Funktionsfähigkeit von Gewässerökosystemen bei. Für den Gewässer- und Trinkwasserschutz hat der ökologische Landbau gegenüber der konventionellen Landwirtschaft Vorteile, da im Ökolandbau keine chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmittel und Mineraldünger verwendet werden. Auch das im Ökolandbau verfolgte Ziel weitgehend geschlossener Nährstoffkreisläufe trägt grundsätzlich zu einer deutlichen Verringerung von Nährstoffen im System und einer Verringerung der Gefahr des Austrags bei“, ist in der Strategie zu lesen.

Um eine gewässerverträgliche und klimaangepasste Flächennutzung im ländlichen Raum im Jahr 2050 zu erreichen, heißt es in der Strategie unter dem Stichwort „was ist zu tun“ unter anderem: Durch die Umsetzung konkreter auf den Ökolandbau zugeschnittener Maßnahmen und Förderangebote sollen zusätzliche Anreize geschaffen werden, um bis 2030 30% der landwirtschaftlichen Fläche in Deutschland ökologisch zu bewirtschaften. Insbesondere sollten in den Trinkwasserschutzgebieten und in den Einzugsgebieten von Entnahmestellen für die Trinkwassergewinnung derartige Anreize geschaffen werden.
Die Entwicklung der landwirtschaftlichen Tierbestände ist an der zur Verfügung stehenden Fläche zu orientieren. Die europarechtlichen Verpflichtungen zur Minderung von Stickstoffeinträgen in Wasser und Luft werden bei der Förderung durch den Bund berücksichtigt.
Die Zielsetzungen der Nationalen Wasserstrategie sollten bei der Überarbeitung des Nationalen Strategieplans im Rahmen der Gemeinsamen EU-Agrarpolitik (GAP) einbezogen werden. Maßnahmen auf landwirtschaftlichen Betrieben zur Verbesserung des natürlichen Wasserrückhaushaltes in der Agrarlandschaft sollten gefördert werden, insbesondere über Agrarumwelt- und Klimamaßnahmen (AUKM) und Öko-Regelungen der 1. Säule.
Zwingend erforderlich sind Wassernutzungskonzepte in der Fläche, die künftige Planungen und Entwicklungen berücksichtigen sowie Orientierungen für die Zulassung von Wasserentnahmen für die verschiedenen Nutzungen geben. Sie beziehen die Bewässerungsbedürfnisse der Landwirtschaft vorrangig zur Produktion von Lebensmitteln ebenso ein wie die Anforderungen wasserabhängiger Lebensräume an ausreichende Grundwasserstände und den Landschaftswasserhaushalt. Sie fördern dabei die Umsetzung von Wassersparmaßnahmen aller Wassernutzer und von angemessenen Qualitätsstandards für die Bewässerung in der Landwirtschaft.

Das in der Wasserstrategie enthaltene Aktionsprogramm Wasser enthält unter anderem auch folgende Punkte mit Bezug zur Landwirtschaft:

Moorschutz stärken
Im Rahmen der Umsetzung der Bund-Länder-Zielvereinbarung zum Moorschutzes und der Nationalen Moorschutzstrategie soll für die umfängliche Wiedervernässung der Moorböden gesorgt werden. Die für Wiedervernässungsmaßnahmen erforderliche Wasserverfügbarkeit ist dabei von entscheidender Bedeutung. Der Entwässerung dienende Infrastrukturen in Moorgebieten sind zurückzubauen oder derart umzugestalten, dass sie einen naturnahen Landschaftswasserhaushalt ermöglichen und stabilisieren.

Praktiker-Dialog Land- und Wasserwirtschaft
In einem von den zuständigen Bundesressorts gemeinsam initiierten Dialog von Land- und Wasserwirtschaft sowie Gewässerschutz sollen unter Einbindung von bestehenden Netzwerken und Praktiker*innen gemeinsame Leitbilder für eine gewässerverträgliche Landwirtschaft zum Schutz der Wasserressourcen auch vor dem Hintergrund der Anpassung# an die Klimakrise erarbeitet werden. Eine wassersparende bzw. gewässerschonende landwirtschaftliche Nutzung bzw. Bewirtschaftung soll sich zudem an Standortfaktoren wie Bodenqualität, Wasserversorgung, Relief und Klima orientieren.

Bundesweite Praxishilfe für gewässerschonende Landnutzung
Eine bundesweite Praxishilfe soll erstellt werden, die die gesetzlichen und untergesetzlichen Regelungen zusammenfasst sowie praxiserprobte und klimaangepasste Bewirtschaftungsmethoden aufzeigt, die dem Ziel der Sicherstellung einer gewässersensiblen und an natürliche Grundwasserstände angepassten Landnutzung sowie einer konsequenten Umsetzung rechtlicher Vorgaben dienen. Die Praxishilfe soll auch im Rahmen von Aus- und Weiterbildung in der Landwirtschaft genutzt werden können. Die Praxishilfe soll gemeinsam mit dem Bundesinformationszentrum Landwirtschaft (BZL) und dem Umweltbundesamt im Dialog von Fachleuten aus der Land- und Wasserwirtschaft entstehen.

Wirkung der Maßnahmen der Düngeverordnung zur Umsetzung der Nitratrichtlinie auf der Grundlage eines Wirkungsmonitorings überprüfen und ggf. weiterentwickeln
Die Maßnahmen der Düngeverordnung zur Umsetzung der Nitratrichtlinie sollen im Rahmen eines bundesweit aufzubauenden flächendeckenden Monitorings auf ihre Wirksamkeit geprüft werden. Dies wird durch ein digitales Herkunftssystem Nährstoffe unterstützt. Die rechtlichen Voraussetzungen werden durch eine Änderung des Düngegesetzes und die Einführung einer Monitoringverordnung geschaffen. In Abhängigkeit von den Ergebnissen des Monitorings sind ergänzende Maßnahmen zu prüfen.

Anpassung der Tierbestände an die zur Verfügung stehende Fläche
Die Tierhalterinnen und Tierhalter sollen dabei unterstützt werden, die landwirtschaftliche Tierhaltung tier- und umweltgerechter zu machen. Die Entwicklung der landwirtschaftlichen Tierbestände orientiert sich an der Fläche und wird in Einklang mit den Zielen des Klima-, Natur-, Gewässer- und Emissionsschutzes gebracht.

15.03.2023
Von: FebL/PM

Die vom Bundeskabinett verabschiedete Nationale Wasserstrategie.