Auf seiner Sitzung am letzten Freitag hat der Bundesrat unter Punkt 19 der Tagesordnung über die Vorschläge des Bundeslandwirtschaftsministeriums (BMEL) zur Novellierung des Düngegesetzes beraten. Das BMEL hatte seine Entwürfe bereits Ende April 2023 vorgelegt. Dann begann eine Ampel-typische Verzögerungszeit, Ende Mai ging der Vorschlag durchs Kabinett, dann zur ersten Lesung in den Bundestag und nun – einige Monate hinter dem ursprünglichen Zeitplan – in den Bundesrat.
Drei Änderungen sieht das BMEL vor. Die erste ist die Einführung einer CE-Kennzeichnung für Düngemittel - hierbei handelt es sich um die Umsetzung von europäischem Recht in nationales Recht. Diese Änderung ist weitestgehend unstrittig.
Das zweite ist die Einführung eines Wirkungsmonitorings zur Überprüfung der Düngeverordnung. Dies hat Deutschland der EU-Kommission im Zusammenhang mit den Verhandlungen zum Vertragsverletzungsverfahren zur Umsetzung der Nitratrichtlinie zugesagt. Da das Wirkungsmonitoring auf Düngedaten der Betriebe und Behörden beruhen soll, braucht es im Düngegesetz die erforderlichen Rechtsgrundlagen. Laut BMEL soll langfristig „aufgrund dieser Datengrundlage nach Möglichkeit auch die verstärkte Berücksichtigung des Verursacherprinzips im Düngerecht erfolgen“.
Drittens soll im Düngegesetz die Ermächtigung der Stoffstrombilanzverordnug geändert werden. 2017 führte die Große Koalition die Stoffstrombilanz ein. Das Parlament verlangte von dem damals CDU-geführten BMEL, dass bei diesem wichtigen neuen Instrument dem Bundestag viel Mitsprache gegeben wird. Technisch bedeutet dies, dass die entsprechende Verordnung auch im Bundestag und nicht nur im Bundesrat behandelt wird. Diese und weitere Details der Stoffstrombilanz sollen nun aus dem Düngegesetz gestrichen werden. Dies soll den Weg ebnen für eine nachfolgende unkomplizierte Änderung der Stoffstrombilanzverordnung.
Der zuständige Agrarausschuss des Bundesrates hatte in seiner Beschlussempfehlung vorgeschlagen, die Stoffstrombilanz einfach komplett abzuschaffen. Dies begründet der Ausschuss mit Bürokratieabbau und damit, dass durch die Einführung des Wirkungsmonitorings die Stoffstrombilanz überflüssig sei. Zudem sei die Stoffstrombilanz nicht notwendig zur Erfüllung der EU-Nitratrichtlinie und Deutschland sei europaweit das einzige Land, das von den Betrieben eine Stoffstrombilanz erwarten würde.
Die in der „Nitratinitiative“ organisierten Verbände (unter anderem Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft, Dt. Natzurschutzring, ver.di ) kommentierten den Vorschlag des Bundesrats-Agrarausschusses zur Streichung der Stoffstrombilanz folgendermaßen: „Dies gefährdet nach Auffassung der unterzeichnenden Verbände die nachhaltige und verursachungsgerechte Reduzierung des Düngereintrages und stellt die mit der EU-Kommission gefundene Einigung beim Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland in Frage. Gleichzeitig fehlt damit auch ein wichtiges Element, das zum nachhaltigen Schutz der Grundwasserressourcen im Hinblick auf den Eintrag von Düngemitteln wesentlich beitragen kann.“ Sie forderten die Bundesländer auf, „diesem Vorschlag des Agrarausschusses im Plenum des Bundesrates nicht zuzustimmen, damit mit der Stoffstrombilanzverordnung eine umweltverträgliche Ausrichtung im Düngerecht gewährleistet werden kann.“
Diese Forderung fand offensichtlich Gehör, denn tatsächlich stimmte der Bundesrat gegen den Vorschlag des Ausschusses. Damit liegen die Verhandlungen zum Düngegesetz nun im Parlament.
Die AbL unterstützt die Stoffstrombilanz. Sie sieht in ihr ein wichtiges Instrument zur Schaffung einer soliden Datengrundlage über die N-Überschüsse der Betriebe. Und sie sieht darin langfristig die Möglichkeit einer Alternativ zur den Roten Gebieten. Denn aktuell gibt es keine ausreichende Datenbasis darüber, wo der Stickstoff eigentlich herkommt. Wenn nun – wie seit 2023 der Fall – immer mehr Betriebe eine solche Bilanz erstellen, kann eine solche Datenbasis geschaffen werden. Dies wäre ein wichtiger Fortschritt für das Verursacherprinzip. Zudem fordert die AbL eine weitere Ökoregelung, welche auf Basis der Ergebnisse der Stoffstrombilanz jene Betriebe mit geringen Nährstoffüberschüssen honoriert. Eine mögliche Ausgestaltung einer solchen Ökoregelung hat der Deutsche Verband für Landschaftspflege (DVL) bereits vor einigen Jahren vorgeschlagen.