Bio-Großbetrieb löst deutliche Kritik an EU-Agrarpolitik aus

Die Fri-El-Unternehmensgruppe der Brüder Ernst, Josef und Thomas Gostner mit Sitz in Bozen (Südtirol), die in Italien zu den größten Anbietern von Erneuerbarer Energie (Wind und Biogas) gehört, bewirtschaftet in Rumänien einen Bio-Betrieb mit 13.200 Hektar und gehört damit zu den größten Betrieben des Landes. Das im Donau-Delta auf einer Insel gelegene Ackerland wird nach Angaben der Fri-El-Gruppe durch die Gesellschaften Delta-Rom Agriculture S.r.l. (10.000 ha) und Anglo-Rom Agriculture S.r.l. (3.200 ha) mit Mais, Weizen, Gerste, Sonnenblumen, Raps und Soja bebaut. Das verkündete Ziel der Fri-El-Gruppe ist es, der größte landwirtschaftliche Betrieb des Landes zu werden. „Seit einem Jahr sind wir die größte biologisch zertifizierte Farm Europas“, betont mit Stolz Josef Gostner, wie Die Neue Südtiroler Tageszeitung in einem Bericht unter dem Titel „Die Bio-Großbauern“ schreibt. Verkauft werden die Rohstoffe laut Josef Gostner auf dem europäischen Markt und landen schlussendlich bei großen Konzernen wie Barilla und Nestlé. Der Bericht in der Tageszeitung hat bei Arnold Schuler, Landwirtschaftslandesrat in der Landesregierung von Südtirol und Mitglied der Südtiroler Volkspartei (SVP), die - wie auch CDU und CSU – zu den Gründungsmitgliedern der Europäischen Volkspartei (EVP) in Brüssel gehört, heftige Kritik ausgelöst. Diese richtet sich weniger an die Fri-El-Gruppe als an die EU-Agrarpolitik. „Vor allem in Osteuropa kaufen Investoren riesige Flächen auf und entziehen diese somit den Kleinbauern, die dann verschwinden und nie mehr zurückkommen. Das ist ein großes Problem, das durch die EU-Agrarpolitik sogar noch gefördert wird“, zitiert die Tageszeitung den Landesrat. Der dann fortfährt: „Es kursieren teilweise Preise von einem Euro pro Quadratmeter. Das sind 10.000 Euro pro Hektar. Bei einer Betriebsprämie von 200 Euro pro Hektar in Rumänien bedeutet dies eine garantierte Verzinsung von zwei Prozent auf das investierte Kapital – egal ob man mit der eigentlichen landwirtschaftlichen Produktion Gewinn macht oder auf Null aufgeht. Es gibt heute keine Investition mehr, die sich so leicht rechnet. Das heißt, der europäische Steuerzahler zahlt den großen Investoren die Verzinsung auf das Kapital. Das ist fatal für die Landwirtschaft, aber auch für die Landwirtschaftspolitik. Gleichzeitig gibt es noch eine Wertsteigerung der Agrarfläche, weil es immer mehr Flächen braucht, um die Welt zu ernähren.“ Josef Gostner, so Schuler laut Tageszeitung, habe leicht reden, wenn er sagt, er könne trotz Bio-Betrieb zu relativ günstigen Preisen produzieren: „Der landwirtschaftliche Erlös interessiert hier nämlich nur am Rande, weil man durch die Betriebsprämie eine Verzinsung auf das Kapital hat. Die kleinen Bio-Betriebe stöhnen immer mehr darunter, weil sie erstens nicht immer die Voraussetzungen für die Betriebsprämie haben und – zweitens – die Großbauern mit ihren riesigen Flächen günstiger produzieren können. Der Kleinbauer muss mit dem, was er erwirtschaftet, zu einem guten Teil seine Familie ernähren.“ Dieser Praxis, dass Großinvestoren dank der EU-Betriebsprämie „ein Vermögen verdienen“, müsse man einen Riegel vorschieben, fordert Arnold Schuler und verweist auf den EU-Parlamentarier Herbert Dorfmann (SVP) in Brüssel. Dieser sei sehr bemüht, für die neue Förderprogramm-Periode 2020-2027 der Gemeinsamen Agrarpolitik eine Änderung zu erwirken. „Aktuell liegt ein Vorschlag auf dem Tisch, der eine Deckelung der Prämien vorsieht. Das heißt, dass es pro Betrieb eine Höchstsumme gibt – etwa 60.000 oder 100.000 Euro“, erklärt Schuler. So eine Reform könne dafür sorgen, dass der Kauf von großen Flächen uninteressant wird. „Es wird aber Riesenproteste von den Vertretern der großen Betriebe geben, weil es inzwischen zahlreiche Betriebe mit Größenordnungen gibt, die alles Bisherige sprengen“, meint Schuler in der Tageszeitung und betont: „Bei den Sonntagsreden sagt jeder Politiker, dass die kleinbäuerlichen Strukturen die Landwirtschaft ausmachen und deshalb zu fördern sind. Bisher hat man aber genau das Gegenteil getan.“ In Südtirol etwa erhalte jeder vierte Betrieb keine Betriebsprämie, weil er die Mindest-Auszahlungsgrenze von 300 Euro nicht erreiche. „Auf der anderen Seite“, so Landesrat Arnold Schuler abschließend in der Tageszeitung „kassieren solche Betriebe wie in Rumänien riesige Beträge. Total verkehrte Politik. Bald hat man dann nur noch Großbetriebe und die kleinbäuerlichen Strukturen verschwinden.“
08.09.2018
Von: FebL

Landesrat Arnold Schuler übt scharfe Kritik an der EU-Agrarpolitik. Foto: Schuler