Arla verschärft Kriterien für Biomilch – Bauern nicht gefragt

Auch die Industrie scheint Freude daran zu finden, sich zum Gesetzgeber aufzuspielen. Nur so ist der Vorstoß des dänisch-schwedischen Milchkonzern Arla zu verstehen, neue umfassende Richtlinien für die Biomilch aufzustellen und die bisherigen Kriterien zu verschärfen. Arla Foods, nach eigenen Angaben weltgrößter Biomolkereikonzern mit über 900 Biomilcherzeugern, davon 100 in Deutschland, hebt die Messlatte für seinen Biomilch-Standard deutlich an und führt 11 neue Kriterien zu Klimaschutz, Biodiversität, Bodengesundheit und Tierwohl ein, die über die bisherigen Anforderungen hinausgehen. So sollen die Biobetriebe u.a. komplett auf Ökostrom umstellen, die Weidehaltung von 120 auf 150 Tage pro Jahr erhöhen, bis 2024 auf Anbindehaltung verzichten. Das Ziel der Treibhausreduzierung soll um 30% je kg Milch bis 2028 erreicht werden. Zudem müssen 7 von 33 Maßnahmen, die sich der Konzern ausgedacht hat, zur Erhaltung der Biodiversität in jedem Betrieb durchgeführt werden. Diese Maßnahmen seien in einem speziell zu diesem Zweck erstellten Katalog erarbeitet worden, z.B. Blühstreifen, Hecken oder natürliche Grünlandflächen. „Wir setzen auf die Stärken der ökologischen Landwirtschaft und auf die großartige Arbeit unserer Biolandwirte und machen die Biokategorie noch zukunftsfähiger,“ erklärte laut Agra Europe der Europa-Vorstand von Arla Foods, Peter Gioertz-Carlsen bei der Vorstellung von „Biostandards 2.0“. Man gehe nur den Wünschen der Verbraucher nach und fühle sich getrieben durch die EU-Farm-to-Fork-Strategie. Die Molkerei wolle damit die Bio-Kategorie in die Zukunft führen. Ihnen sei klar, dass sich der Konzern besonders bei Bodengesundheit und Biodiversität von der Konkurrenz abheben könne. Auf dieser Grundlage will Arla besonders auf dem englischen Markt angreifen und den Absatz in den nächsten fünf Jahren um 50% steigern, aber auch der deutsche Markt bleibt interessant. Der Marktbeobachter fragt sich: Was soll das? Natürlich kann jedes Unternehmen über den gesetzlichen Standard hinausgehende Regeln aufstellen. Aber ausgerechnet der Milchkonzern, der in den letzten Jahren am unteren Ende der Bio-Preisrangliste platziert war, will jetzt weitgehend willkürlich die Kriterien erhöhen, um vermeintliche Verbraucherwünsche zu erfüllen. In einem Markt, der bereits gesetzlich klar geregelt und für den Verbraucher gut gekennzeichnet ist. Wenn jetzt jeder seinen eigenen Katalog auslegt, geht gerade diese Transparenz verloren. Und zum Preis bzw. zum Ausgleich der Kosten erklärt der Konzern kein Wort. Wo sind die Bio-Milcherzeuger in den Gremien von Arla? Und wie reagieren die hiesigen Biomilcherzeuger auf diesen Vorstoß? Ist jetzt der Konkurrenzkampf über die Richtlinien eröffnet? Bisher hatten die EU- Regeln und ergänzend die Bioverbände die Hoheit über die Bio- Tierhaltung. Wenn nun jedes Unternehmen die eigenen Bedingungen setzt, wird es für die Landwirte schwierig, nicht in neue Abhängigkeiten zu geraten.