Wege zu einer entwaldungsfreien Lieferkette

Vorsichtig geschätzt werden jährlich weltweit zirka 8,8 Millionen Hektar Wald zerstört, vornehmlich in den Tropen. Bis zu 80 Prozent dieser globalen Entwaldung geht auf die Umwandlung in Agrarflächen zurück. Ein Großteil der auf diesen Flächen produzierten Agrarprodukte wird international vermarktet – auch nach Deutschland und in die EU, das teilt das Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) mit. Vor diesem Hintergrund hat das Bundeskabinett jetzt vom BMEL zur Eindämmung der Entwaldung vorgelegte „Leitlinien für entwaldungsfreie Lieferketten von Agrarrohstoffen“ beschlossen. „Wir können den heimischen Landwirten und Bürgern in Deutschland nicht zusätzliches Engagement beim Klimaschutz abverlangen, Richtlinien zur Wiederaufforstung klimastabiler Wälder erarbeiten, aber gleichzeitig Waren importieren, für die im Amazonasgebiet große Flächen Regenwald niedergebrannt werden“, hatte Bundeslandwirtschaftsministerin Klöckner bereits im Oktober letzten Jahres erklärt. Die jetzt beschlossenen Leitlinien lauten laut BMEL:
- Initiativen von Wirtschaft, Zivilgesellschaft und Verbänden fördern
- Transparenz für Verbraucherinnen und Verbraucher schaffen und Empfehlungen zum Konsum von entwaldungsfrei produzierten Produkten geben
- Produktionsländer partnerschaftlich unterstützen, entwaldungsfreie Lieferketten aufzubauen
- mit anderen wichtigen Konsumentenländern zusammenarbeiten
- Nachhaltigkeitsaspekte in der EU-Handelspolitik weiterhin aktiv nutzen
- die Vorgehensweise innerhalb der EU voranbringen, und
- die allgemeine Wissensbasis verbreitern. Für den politischen Geschäftsführer des Umweltdachverbands Deutscher Naturschutzring (DNR) Florian Schöne werden diese allgemeinen Leitlinien aber wenig an der Situation der Abholzung ändern. „Als weltweit größter Schweinefleisch-Exporteur steht Deutschland in besonderer Verantwortung für die Vernichtung von Regenwäldern oder Savannenlandschaften und deren Umwandlung in Anbauflächen für Sojafuttermittel. Etwa 4,5 Millionen Tonnen davon landen jährlich in deutschen Futtertrögen“, erklärt Schöne, der es begrüßt, dass die Bundesregierung Konsequenzen ziehen will, um der Naturzerstörung und den Ursachen zukünftiger Pandemien, die durch die Zerstörung von Ökosystemen begünstigt werden, zu begegnen. „Allgemeine Leitlinien für entwaldungsfreie Lieferketten oder freiwillige Vereinbarungen werden daran allerdings wenig ändern. Es braucht endlich verbindliche gesetzliche Regeln – in Deutschland, EU-weit, gesamteuropäisch aber auch in internationalen Abkommen mit Haupterzeugerregionen für Sojafuttermittel wie Brasilien und dem gesamten Mercosur-Raum. Und es braucht ein Umdenken in der Agrarpolitik: Weg vom Exportdenken und hin zu einer Landwirtschaft, die regional produziert und konsumiert. Das nützt allen - der Umwelt, den Landwirten und den Verbraucherinnen und Verbrauchern. Als Konsequenz aus der gegenwärtigen Krise muss dieser Politikwechsel jetzt eingeläutet werden“, so Schöne.