Wien: Nationalrat beschließt Verbot von Vollspaltböden in der Schweinehaltung ab 2040

In Österreich hat der Nationalrat das von den Regierungsparteien, Österreichische Volkspartei (ÖVP) und Grüne, vorgelegte Tierschutzpaket mehrheitlich beschlossen. Darin wird das seit langem geforderte Aus für Vollspaltböden in der Schweinehaltung verankert. Das Verbot gilt für Neubauten ab 2023, für bestehende Ställe ist eine Übergangsfrist bis zum Jahr 2040 vorgesehen. Zudem beinhaltet das Paket unter anderem ein Schredderverbot für Küken sowie das Aus in 2030 für die permanente Anbindehaltung für Rinder. Zustimmung zum Paket kommt von Tierschutzverbänden und dem Bauernbund, während die Parlamentsopposition insbesondere die langen Übergangszeiten und die Beschränkung auf die Schweinehaltung kritisiert. 

„Es gilt ab dem nächsten Jahr ein neuer Standard für die Umbauten und Neubauten von Schweineställen, und zusätzlich verankern wir mit der Abänderung ein Begleitprojekt bis 2026, in dem wir mit den Branchen, mit der Wissenschaft, mit dem Tierschutz, mit den Häusern – mit dem Gesundheitsministerium, aber auch mit dem Landwirtschaftsministerium – diesen neuen Standard entwickeln“, erklärt die grüne Abgeordnete und Landwirtin Olga Voglauer, nennt das Aus für Vollspaltenböden einen „Meilenstein“, betont den gemeinsamen Erfolg und bedankt sich ausdrücklich auch bei den Tierschutzorganisationen, den Vier Pfoten und dem Verein gegen Tierfabriken, die „Großartiges geleistet“ haben. 

Ähnlich äußert sich auch der ÖVP-Landwirtschaftssprecher, Bauernbund-Präsident und Landwirt Georg Strasser mit Blick auf die im Entscheidungsprozess beteiligten Bäuerinnen und Bauern sowie die Nichtregierungsorganisationen respektive Tierschutzorganisationen. „Wir haben es geschafft, dass zwei interessante Bevölkerungsgruppen sozusagen den Blick über den Tellerrand wagen und dass man versucht hat, Verständnis füreinander aufzubringen. Das ist ein Zeichen dafür, dass Dialog gelingen kann und dass Dialog, wenn er gelingt, auch zum Erfolg führt, denn der heutige Pakt ist ein Pakt für die Zukunft, ein Schulterschluss für die Zukunft“, so Strasser, der bei der Umsetzung aber genau hinschauen will. „Wir gehen damit aber auch in Vorlage. Ich sage es in aller Offenheit: Wir werden ganz genau hinschauen, was dann die Verarbeiter, der Lebensmitteleinzelhandel, die Gastro und auch die Konsumentinnen und Konsumenten auf den Märkten, im täglichen Konsumverhalten tun, denn der Tisch ist gedeckt: mit Tierwohlprogrammen. Wir werden ganz genau hinschauen, ob die Aussendungen des Lebensmitteleinzelhandels dann auch mit Leben erfüllt werden, wir werden ganz genau hinschauen, ob das nicht nur Feigenblätter sind, und wir werden ganz genau hinschauen, weil wir uns mit einem Greenwashing des Handelsportfolios nicht zufriedengeben werden.“

Die Tierschutzorganisation VIER PFOTEN begrüßt das beschlossene Auslaufdatum für Vollspaltenböden in der Schweinemast und sieht darin ebenfalls einen Meilenstein und einen riesigen Erfolg nicht nur für die Tiere, sondern auch für den österreichischen Tierschutz, der seit Jahren vehement gegen diese Tierquälerei protestiere.

„Für diese Weichenstellung gebührt sowohl Tierschutz-Minister Johannes Rauch als auch Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig und der Branche Anerkennung. Die neuen Mindeststandards müssen nun rasch erarbeitet und beschlossen werden. Jedenfalls müssen sie einen verpflichtend eingestreuten Liegebereich umfassen. Ohne dieses zentrale Kriterium für mehr Tierwohl ist ein bloßes Vollspaltenverbot nämlich wertlos“, erklärt die Tierschutzorganisation.

Die Wermutstropfen seien die lange Übergangsfrist und die Tatsache, dass das Verbot nicht auch für Mastrinder gilt, die ebenso ihr Leben auf diesen Böden fristen müssten. Ebenso zeigt sich die Organisation enttäuscht darüber, dass kein Ausstieg aus dem betäubungslosen Kastrieren männlicher Ferkel gesetzlich geregelt wurde.

VIER PFOTEN fordert nun einen konkreten Vollspaltenboden-Ausstiegsplan, der zeitnahe Umbaumaßnahmen festlegt und diesen Umstieg der Landwirtinnen und Landwirte so früh wie möglich auch finanziell unterstützt. „Ebenso weisen wir auf die wichtige Verantwortung der öffentlichen Beschaffung hin, diesen Umstieg zu begleiten“, so VIER PFOTEN.

12.07.2022
Von: FebL

ÖVP-Landwirtschaftssprecher, Bauernbund-Präsident und Landwirt Georg Strasser begrüßt das vom Nationalrat mehrheitlich beschlossene Tierschutzpaket. Bildquelle: Bauernbund