Verbände vermissen klares Bekenntnis zu den Zielen des Bienen-Volksbegehrens beim Zukunftsvertrag Landwirtschaft

Die Landesvereinigung für den ökologischen Landbau in Bayern (LVÖ), die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL), der BUND Naturschutz in Bayern (BN) und der LBV (Landesbund für Vogel- und Naturschutz in Bayern) kritisieren den sogenannten Zukunftsvertrag Landwirtschaft, der kürzlich von der Bayerischen Staatsregierung und dem Bayerischen Bauernverband unterschrieben wurde. Wesentliche gesetzliche Vorgaben aus dem Volksbegehren Artenvielfalt werden in dem Pakt nur unzureichend berücksichtigt. Die Verbände bedauern, dass die Staatsregierung die gute Tradition, alle Verbände und Akteure an einen Tisch zu bringen und alle Interessen anzuhören, mit dem Zukunftsvertrag Landwirtschaft offenbar beendet hat. Immerhin sind allein in der LVÖ und der AbL rund 10.000 Landwirte organisiert. LVÖ, AbL, BN und LBV fordern analog zum bayerischen Ziel von 30 Prozent Ökolandbau, dass auch 30 Prozent der finanziellen Mittel für den Ökolandbau eingeplant werden. Für Gespräche über einen Zukunftsvertrag Landwirtschaft, der seinen Namen verdient und einen breiten gesellschaftlichen Konsens darstellt, stehen die Verbände selbstverständlich zur Verfügung.

Thomas Lang, LVÖ-Vorsitzender: „Das Agrarbündnis Bayern hat dieses Jahr einen umfangreichen Maßnahmenkatalog erarbeitet, mit dem die Landwirtschaft resilient gegenüber Herausforderungen wie Klimakrise und Biodiversitätsverlust werden soll. Insgesamt 17 bayerische Verbände haben diese Forderungen unterzeichnet, wir haben diese Staatsministerin Michaela Kaniber im April 2023 offiziell überreicht. In dem nun von Staatsregierung und BBV vereinbarten Zukunftsvertrag wurden diese Forderungen ignoriert, damit wird die Meinung und das Wissen von tausenden innovativen, zukunftsorientierten, experimentierfreudigen Bio-Bäuerinnen und Bio-Bauern bei Seite geschoben. Für eine nachhaltige Landwirtschaft liefert der ökologische Landbau die Blaupause, er ist Pionier und Vorreiter und erprobt seit Jahrzehnten in der Praxis wie Pestizidverzicht, Verzicht auf mineralische Stickstoffdünger und artgerechte Tierhaltung wirtschaftlich gut funktionieren.“

Josef Schmid, AbL-Vorsitzender: „Im Wesentlichen ist der Vertrag eine Auflistung teilweise längst bekannter und beschlossener Maßnahmen und Zusagen mit dem wagen Versprechen einer ‚perspektivischen‘ Umsetzung. Völlig offen bleibt, ob es sich um zusätzliche, oder einer Aufsummierung bereits eingestellter Millionenbeträge handelt. “

Martin Geilhufe, Landesbeauftragter BN: „Der Anteil gefährdeter Tiere und Pflanzen nimmt auch in Bayern weiter zu. Bei den Insekten sind durchschnittlich 40 Prozent der Arten gefährdet oder schon ausgestorben. Besonders stark ist der Rückgang bei den so genannten Allerweltsarten in der Agrar- und Normallandschaft. Eine der Hauptursachen ist die stark technisierte Landwirtschaft mit ihrem hohem Gift- und Düngereinsatz. Dies zu ändern, war auch der Auftrag aus dem Bienen-Volksbegehren. Der Zukunftsvertrag hält hierzu keine Lösungen bereit. Doch wer das ignoriert, handelt fahrlässig gegenüber dem Erhalt unserer Lebensgrundlagen und sägt letztlich auch den Ast ab, auf dem die Landwirtschaft selbst sitzt. Denn Artenvielfalt sichert Bestäubung, fruchtbare Böden, sauberes Wasser und hält natürlich Schädlinge in Schach. Das gleiche gilt für die Klimakrise, auch diese Herausforderung wird vom Zukunftsvertrag ignoriert, obwohl auch diese die Bäuerinnen und Bauern massiv bedroht und durch eine fossile, entwässernde und an synthetischen Stoffen reiche Landwirtschaft selbst mitverursacht wird.“

Auch der Bund deutscher Milchviehhalter (BDM) äußerte sich zu dem Zukunftsvertrag. „Man sollte es vielleicht eher als bayerischen Agrar-Haushaltsplan bezeichnen“, erklärt BDM-Vorstand und bayerischer BDM-Landesvorsitzender Manfred Gilch. „Es ist ja klar, dass sich die Zukunft der Landwirtschaft tatsächlich nicht mit zwei Akteuren auf acht Seiten verhandeln lässt – so wenig wie eine sozial gerechte Steuererklärung auf einem Bierdeckel möglich ist – auch wenn das verlockend klingen mag. Das Bekenntnis der Staatsregierung, sich auf Bundesebene für eine Verbesserung der Planungssicherheit insbesondere für die tierhaltenden Betriebe einsetzen zu wollen, klingt gut, allerdings vermissen wir hier ganz entscheidend, dass man sich mindestens ebenso dringlich für die Wirtschaftlichkeit der Tierhaltung einsetzen will. Wenn man bedenkt, dass viele der in den Raum gestellten Millionen für Beratungsangebote, Forschung, Plattformen und Vermarktung ausgegeben werden sollen, sehen wir uns einmal mehr in unserer Aussage bestätigt, dass eine Wirtschaftlichkeit der Tierhaltung niemals allein über öffentliche Gelder zu erreichen sein wird. In punkto Wirtschaftlichkeit bleiben also weiterhin viele Fragen offen – und das sind nun mal entscheidende Fragen auch für potenzielle Betriebsnachfolger, wenn es darum geht, welche Zukunft die Milchviehhaltung in Bayern hat.“ Der BDM betont zudem: Die Tatsache, dass dieses Papier ausschließlich zwischen Staatsregierung und Bayerischem Bauernverband ausgehandelt wurde, dürfe nicht dazu führen, dass beispielsweise Online-Portale, wie z.B. zur Optimierung des Vollzugs des Grundstücksverkehrsgesetzes, und andere skizzierte Plattformen unter der Ägide, d.h. mit Datenzugriff und -verwaltung durch den Bayerischen Bauernverband, entwickelt würden. Alle Plattformen, die Daten von Landwirten erfassten und auswerteten, seien konsequent neutral zu besetzen, betont Hans Leis, ebenfalls BDM-Landesvorsitzender in Bayern. „Das ist schon aus Gründen des Vertrauensschutzes und der gleichen Behandlung aller Landwirte notwendig.“

Auch Claus Hochrein von „Landwirtschaft verbindet Bayern e.V.“ (LSV) äußert sich zum Zukunftsvertrag Landwirtschaft. „Bereits im Oktober 2019, kurz nach unseren landesweiten Demonstrationen, sprachMinisterpräsident Dr. Markus Söder auf dem CSU Parteitag von einem Jahrhundertvertrag für die bayerische Landwirtschaft. Daraufhin wurde durch den LSV-Bayern die erste Ausfertigung eines solchen Jahrhundertvertrages erstellt, bei dem die wichtigsten grundlegenden Punkte für eine zukunftsfähige Landwirtschaft zusammengefasst wurden. Dieser Vertrag sollte die bäuerlichen Betriebe schützen und ihnen langfristige Rahmenbedingungen bieten. Damit die Bauern auch in Zukunft von der Landwirtschaft leben und ihre Familien sowie die Bevölkerung sicher ernähren können. Ein breites Bündnis mehrerer landwirtschaftlicher Verbände konnte geeint werden und unterstützte den Vorstoß vom LSV. Unsere Ausarbeitung wurde Mitte 2020 unter anderem an unseren Ministerpräsidenten Herr Söder übergeben. Zitat der damaligen Pressemitteilung: ‚LSV Bayern e.V. hält eine gemeinsame Position über alle Verbände der Landwirtschaft, den Naturschutzverbänden, den NGO und gerade auch gemeinsame historische Beschlüsse über alle Parteien hinweg für möglich.‘ Der LSV-Bayern zeigte von Anfang an große Dialogbereitschaft, doch leider warteten wir jahrelang vergeblich auf eine Rückmeldung seitens der verantwortlichen Staatsregierung. Nun hat die bayerische Staatsregierung ihren eigenen Zukunftsvertrag Landwirtschaft kurz vor der aktuellen Landtagswahl ausgearbeitet und unterschrieben. Somit ist wenigstens ein erster Schritt gemacht und wir landwirtschaftlichen Verbände sind bereit und wollen uns in die genauere Ausarbeitung der einzelnen Punkte, mit all unserem Wissen und unserer Erfahrung einbringen. Gerade diese Expertise muss für unsere bayerische Staatsregierung von größter Wichtigkeit sein, da nur gemeinsam mit den Verbänden eine sinnvolle und nachhaltige Lösung gefunden werden kann. Wir von Landwirtschaft verbindet Bayern e.V. stehen bereit, um uns mit in die weitere Ausführung des Zukunftsvertrages Landwirtschaft einzubringen.“

20.09.2023
Von: PM

Bayerns landwirtschaftliche Zukunft skizziert Foto: garten.egg/pixabay