Umstrittene Versorgungslage bei Biofutter

Werden echte Versorgungskrise haben. Geht den Bio-Betrieben das Tierfutter aus? Fürs Biosiegel wird es eng. So oder so ähnlich sind in jüngster Zeit Schlagzeilen zu lesen, die bezugnehmend auf Äußerungen des Bauernverbandes oder des Zentralverbandes der Deutschen Geflügelwirtschaft und angesichts des Krieges in der Ukraine die Situation bei der Futtermittelversorgung für Biobetriebe beschreiben. So erklärt beispielsweise der Präsident des Zentralverbandes der Deutschen Geflügelwirtschaft, Friedrich-Otto Ripke, in der Osnabrücker Zeitung: "Die Bio-Tierhalter sind als erste von den Kriegsauswirkungen betroffen. Wir werden eine echte Versorgungskrise beim Bio-Futter, insbesondere beim Eiweiß, haben.“ Die Vorräte reichten bis auf wenige Ausnahmen nur noch bis Juni oder Juli. Und der Bauernverband warnt, dass Biobetriebe bald gezwungen sein könnten, konventionell erzeugtes Futter zu verwenden.

Entschiedener Widerspruch zu diesen Äußerungen kommt von Rudolf Joost-Meyer zu Bakum, Betreiber eines Biofuttermittelwerks in Melle im Osnabrücker Land/Niedersachsen.  „Tatsächlich ist die Versorgungslage nach meinem Kenntnisstand aktuell nirgends so gut wie bei Biofutter, den Biohühnern geht auch nicht das Futter aus“, schreibt er in Reaktion auf den erwähnten Artikel in der Osnabrücker Zeitung. Darüber gebe es aktuelle und belastbare Zahlen bei GOETE, dem Verband der Biofuttermittelhersteller. Die Versorgung bei den Bioverbänden reiche derzeit bereits zu 90 Prozent bis in den Dezember, im EU-Biobereich zumindest bis nahe an die neue Getreideernte. „Davon sind die konventionellen Kollegen noch weit entfernt, deren Deckung reicht in Norddeutschland oft nur bis in den Mai. Gegenteilige Behauptungen stammen allesamt von Organisationen, die außerhalb des Biosektors stehen“, so Joost-Meyer zu Bakum, der mit seinem Werk nach eigenen Angaben eine Dreiviertelmillion Biohennen mit Futter versorgt und „völlig gelassen in die Zukunft schauen“ kann. Ähnliches höre er auch von Kollegen. Geringe Fehlmengen aus der Ukraine seien längst gedeckt. „Natürlich ist die Lage bei Nahrungs- und Futtermitteln nicht einfach in diesen Tagen. In diesem Zuge überlegen die Bio-Kontrollbehörden in Deutschland, ob sie zum Januar 2022 in Kraft getretene Verschärfung der EU-Bio-Verordnung für einige Monate aussetzen und nur den Bio-Status von 2021 einfordern. Die Bioverbände Bioland und Demeter werden einen solchen Weg aber nicht mitgehen, denn sie haben für alle Fälle vorgesorgt. Das größte reale Problem war in den letzten Wochen, dass Bioware in den chaotischen konventionellen Handel abgeflossen ist, um dort kurzfristig Löcher zu stopfen bei Sonnenblumen und gentechnikfreiem Soja. In keinem Fall wird konventionelles Getreide ins Biofutter fließen, das umgekehrt ist gerade der Fall, Biogetreide fließt in hochspekulative konventionelle Kanäle, die sehr viel knapper aufgestellt sind. Tatsächlich ist die Bio-Tierhaltung viel krisenfester als die konventionelle“, erklärt Joost-Meyer zu Bakum.

 

12.04.2022
Von: FebL

Als Biohuhn ausreichend versorgt. Foto: Archiv