Tierschutzpreis des Landes Baden-Württemberg auch an Vorbilder aus der Landwirtschaft

Mit dem Tierschutzpreis des Landes Baden-Württemberg werden private Organisationen und Einzelpersonen ausgezeichnet, die sich durch Engagement und Initiativen zur Förderung des Tierschutzes in Baden-Württemberg besonders hervorgetan haben. In diesem Jahr ist er an sechs Preisträger gegangen, darunter auch drei aus der Landwirtschaft: einen NEULAND-Betrieb, eine Demeter-Erzeugergemeinschaft und einen Kälbermast-Betrieb.

„Mit unserem Preis würdigen wir Tierhalter und Einzelpersonen, die sich durch ihren Einsatz für eine besonders tiergerechte Haltung von Tieren oder eine herausragende ehrenamtliche Tätigkeit um den Tierschutz in Baden-Württemberg verdient gemacht haben. Die Leistungen der Preisträger sind besondere Beispiele und Vorbilder für alle Bürgerinnen und Bürger. Der Preis soll daher auch dazu motivieren und Anregung sein, sich ebenfalls für den Tierschutz einzusetzen“, betonte der Minister für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz, Peter Hauk, anlässlich der Preisverleihung. Der NEULAND-Betrieb Karl u. Thomas Österle GbR mit Sauenhaltung, Ferkelerzeugung und -aufzucht
Zum Betrieb Österle heißt es in der Mitteilung des Ministeriums: Auf dem Hof von Familie Österle in Obermarchtal (Alb-Donau-Kreis) leben 220 Muttersauen. Pro Jahr kommen auf dem Betrieb Österle mehr als 6.000 Ferkel zur Welt und werden mit Ringelschwanz bis zu einem Gewicht von ca. 30 kg auf dem Betrieb aufgezogen. Anschließend gehen die Ferkel an Mäster, die die Marke ‚Hofglück‘ der Edeka Südwest beliefern und zum Labelprogramm des Deutschen Tierschutzbundes e. V. oder ebenfalls zu Neuland gehören. Kernstück des Betriebs sind die beiden Abferkelställe, in welchen die Muttertiere weder bei den Geburten noch beim Säugen fixiert werden. Jede der circa neun Quadratmeter großen Abferkelbuchten ist klar gegliedert. Schon heute wird die Bewegungsfreiheit der Sauen rund um das Besamen nur für wenige Tage eingeschränkt. Im Wartebereich haben die Sauen Zugang zu großen Sonnenterrassen. Die Ferkelaufzucht findet auf Stroh statt. Anlässlich der Preisverleihung erklärt der Vorstandsprecher des NEULAND-Vereins Jochen Dettmer: „Wir freuen uns, dass ein langjähriger NEULAND-Mitgliedsbetrieb den Tierschutzpreis Baden-Württemberg erhalten hat und möchten ihm dazu recht herzlich gratulieren. Die Familie Österle hat in vorbildlicherweise die NEULAND-Richtlinien umgesetzt und damit gezeigt, dass eine freie Abferkelung machbar und wirtschaftlich ist. Damit haben sie Vorbildcharakter für viele Berufskollegen, die sich auf dem Weg machen, ihre Tierhaltung auf mehr Tierschutz umzustellen. Das NEULAND-Qualitätsfleischprogramm bietet bäuerlichen, konventionellen Betrieben an, mit einer besonders tiergerechten Haltung, nach konsequenten Richtlinien, die zukünftigen Markterfordernisse zu erfüllen.“ Glückwünsche kommen auch vom Tierschutzbund. „Wir gratulieren der Familie Österle zur verdienten Auszeichnung und freuen uns, dass sich ihr Engagement für eine tiergerechtere Haltung durch diese Würdigung auszahlt“, so Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes. Die Eheleute Karl und Anita Österle und ihr Sohn Thomas legen nach Ansicht des Tierschutzbundes „besonderen Wert auf eine freie Abferkelung und praktizieren seit längerem bereits die Isofluran-Narkose. Der Betrieb setzt hierbei bewusst nicht auf maximale Bestandszahlen, sondern auf Ferkelvitalität und Eignung der Sauen für die freie Abferkelung. Aus diesem Grund hat Familie Österle auf Schweizer Genetik umgestellt. Die Tiere profitieren von großzügig eingestreuten Ausläufen und einer vorbildlichen Mensch-Tier-Beziehung. Vermarktet werden die Tiere hauptsächlich im Rahmen des Hofglück-Programms von EDEKA Südwest an Mäster, die nach den Richtlinien des Tierschutzlabels ‚Für mehr Tierschutz‘ in der Premiumstufe zertifiziert sind.“ Zum Projekt Kuh plus Kalb der Demeter-Erzeugergemeinschaft heißt es in der Mitteilung des Ministeriums: Die Demeter Erzeugergemeinschaft aus den Regionen Bodensee, Allgäu, Linzgau und Oberschwaben, die ihre Produkte regional und unabhängig vermarktet, praktiziert eine Milchwirtschaft nach höchsten Tierwohlstandards. Die 31 zertifizierten Bio-Betriebe arbeiten nach dem Prinzip der Kreislaufwirtschaft. Die Rinder werden gemäß ihren tierphysiologischen Ansprüchen gehalten. Das Herz der Erzeugergemeinschaft ist die kuhgebundene Kälberaufzucht: Alle Kälber, männlich wie weiblich, bleiben mindestens drei Monate bei ihren Müttern und verlassen auch zur Mast nach Möglichkeit nicht den Hof. Besonders macht dieses Projekt die mutter- und ammengebundene Aufzucht von Kälbern in Verbindung mit Strategien zur regionalen Vermarktung überzähliger Kälber aus der Milchviehhaltung. Die ausschließlich biodynamisch wirtschaftenden Mitgliedsbetriebe ziehen ihre Kälber standardmäßig an Mutter- bzw. Ammenkühen auf, mästen die Kälber auf dem Hof und vermarkten die Schlachtkälber regional in Zusammenarbeit mit der Organisation PROVIEH e.V. Dadurch trägt die Erzeugergemeinschaft nicht nur zu einer besonders tiergerechten Haltung bei, sondern erweist sich gleichzeitig als Vorreiter im Hinblick auf eine lokale Kalbfleischvermarktung. Dies ist ein wichtiger Beitrag, um Exporte und Langzeittransporte von Kälbern zu reduzieren. Besonders überzeugt hat die Preisjury laut einer Demeter-Mitteilung die Kälberaufzucht, die auch im Bio-Bereich weit über den Standard hinausgeht. "Mit ihrem Ansatz haben die Demeter Heumilch Bauern das Potenzial, die Zukunft der Kälberaufzucht nachhaltig zum Positiven zu verändern. Heute ist es so: Der Großteil der Kälber von Milchkühen – ob auf Bio- oder konventionellen Betrieben – wird üblicherweise kurze Zeit nach der Geburt von der Mutter getrennt und mit Milch oder Milchaustauschern versorgt", heißt es da. „Wir sehen die mutter- und ammengebundene Kälberaufzucht als besonders wesensgemäße Art der Haltung an, denn sie kommt den Bedürfnissen der Kälber und ihren Müttern besonders entgegen. Der Sozialkontakt, das Belecken, die Körperpflege durch ihre Mütter und Ammen und das Saugen am Euter tun den Kälbern gut – und den Kühen auch“, erklärt Rolf Holzapfel, Demeter-Bauer und geschäftsführender Vorstand der Demeter HeuMilch Bauern. Zudem würden bei den Heumilchbauern alle Kälber aufgezogen, die weiblichen wie die männlichen. Damit die Aufzucht aller Tiere auch wirtschaftlich machbar ist, haben die HeuMilch Bauern neue Strategien für die lokale Kalbfleischvermarktung entwickelt. So würden die Tiere nicht nur unter besten Bedingungen aufgezogen, sondern müssten auch keine langen Transportwege erdulden. Tim Kiesler, geschäftsführender Vorstand Demeter Baden-Württemberg, gratuliert der Erzeugergemeinschaft: „Die Demeter Heumilchbauern sind wahre Pioniere für tierwohlgerechte Milchwirtschaft. Sie sind nicht nur Vorreiter, was die kuhgebundene Kälberaufzucht angeht, sondern zeigen auch, dass alle Kälber – auch die männlichen – aufgezogen werden können. Sie sind genauso kreativ in der Kalbfleischvermarktung wie sie es in der Vermarktung ihrer Milchprodukte sind. Dabei zeigen sie: Als starke Gemeinschaft mit Idealen können wir etwas bewegen!“ Und zur Kälbermast Franz-Josef Benz in Friesenheim teilt das Mnisterium mit: Familie Benz verkaufte durch ihre Viehhandlung seit Jahren Kälber aus der Region. Der Verkauf in den Norden Deutschlands mit seinen langen Transporten stellte anfangs die Regel dar. Der Betrieb erkannte, dass die langen Fahrten nicht optimal für die Kälber sind. Das Anliegen der Familie Benz ist heute eine regionale Aufzucht mit möglichst kurzen Transportwegen. Sie organisierte den Betrieb so, dass der Transport der Kälber, die Aufzucht, die Mast und der Verkauf direkt an den Schlachthof in einer Hand bleiben. Dadurch kann Familie Benz sicherstellen, dass alles möglichst regional und transparent ist. Ihr besonderer Schwerpunkt ist dabei immer das Tierwohl und ein tiergerechtes Leben. So stehen bei Familie Benz die Kälber nicht auf Spaltenböden aus Beton, sondern auf Stroh mit viel frischer Luft und altersentsprechenden Gruppen. Um den Kälbern weitere Abwechslung zu bieten, stellt Familie Benz selbst Spielzeuge her, die als Beschäftigungselemente dienen und die Kälber anregen, sich viel zu bewegen und damit die angebotenen großen Bewegungsflächen zu nutzen. Familie Benz betreut ihre Kälber sehr eng und hat dadurch die Möglichkeit sie individuell zu beurteilen. Nur durch dieses besondere Management ist es ihnen auch möglich Erkrankungen vorzubeugen oder sie bereits in einem frühen Stadium zu behandeln.
20.09.2021
Von: FebL/PM

Das Logo von zwei Preisträgern des diesjährigen Tierschutzpreises des Landes Baden-Württemberg: NEULAND und das Projekt Kuh und Kalb der Demeter-Erzeugergemeinschaft.