Tierschutzbund und Milchbauern kritisieren Schleuderpreise bei Milch

In den sinkenden Preisen für Trinkmilch, zuerst von Aldi angekündigt, in den Supermarktregalen sieht der Deutsche Tierschutzbund (TSchB) eine Entwicklung „zu Lasten der Tiere und der Landwirte“. Die auch von einer breiten Mehrheit der Gesellschaft geforderten, höheren Tierschutzstandards sind nach Ansicht des TSchB mit Dumpingpreisen nicht möglich und so werden auch die Milchkühe zunehmend zum Opfer dieses gnadenlosen Buhlens um die Schnäppchenjäger. Die Fortsetzung des Preiskampfes lässt den Landwirten keine Alternative: Sie müssen die Produktionskosten senken, die Anzahl der Kühe in der Herde erhöhen oder die Milchmenge pro Kuh steigern, um noch kostendeckend zu wirtschaften. Als Nebeneffekt wird auch am Tierarzt gespart, das geht zu Lasten der Gesundheit der Kühe und ihrer Kälber, ihnen werden Behandlungen verwehrt. Das Einzeltier verliert immer mehr an Wert. So werden Kühe durchschnittlich im Alter von vier bis fünf Jahren auf Grund von Erkrankungen und abnehmender Leistung geschlachtet oder versterben auf dem Betrieb. Auch werden Kälber, vor allem wenn es sich um den männlichen Nachwuchs von Hochleistungsmilchrassen handelt, mittlerweile wirtschaftlich als wertlos eingestuft und dementsprechend schlechter gehalten oder gar vernachlässigt. Bei einem höheren Milchpreis wäre es dagegen möglich, Kühe unter besseren Bedingungen zu halten, ihnen auch eine tierärztliche Behandlung zuzugestehen, sich nicht nur auf eine maximale Milchleistung zu fokussieren und eine höhere Lebenserwartung zu erreichen. Der TSchB fordert daher den Lebensmittelhandel und die Molkereien auf, eine nachhaltige Preispolitik zu gestalten, die es den Landwirten ermöglicht, mehr Tierschutz in die landwirtschaftliche Nutztierhaltung einzubringen. Von politischer Seite müssen ebenfalls entsprechende Maßnahmen für eine tierfreundlichere Ausrichtung der Landwirtschaft ergriffen werden. Nach Ansicht des Bundesverbandes Deutscher Milchviehhalter (BDM) dürfen die aktuellen Preissenkungen um bis zu 9 Cent für Trinkmilch (-11,5%) nicht zu weiteren Absenkungen des Erzeugerpreises führen – insbesondere, da gleichzeitig Preissteigerungen bei Butter um 20 Cent für das 250g-Stück (+12,6 %) realisiert werden konnten. Im Gegenteil – bei durchschnittlichen Milcherzeugungskosten für die deutschen Milchviehhalter in Höhe von 41,81 Ct/kg* für Januar 2018 müssen die Milcherzeugerpreise, die aktuell bei rund 30 Cent liegen, sofort deutlich steigen. „Die Trinkmilchabschlüsse sind ein wichtiger Gradmesser der Milchmarktentwicklung und müssen daher als deutliche Warnung verstanden werden“, erklärt BDM-Vorsitzender Stefan Mann. Aktuell steigende Milchanlieferungen sorgen für Marktdruck, der dazu führt, dass sich die Molkereien im Wettbewerb um Regalplätze im Handel gegenseitig unterbieten. Der Handel profitiert von diesem Unterbietungswettbewerb und gibt die erzielten Preisabschläge an die Kunden weiter. Die Zeche zahlen dann üblicherweise die Milchviehhalter, die für ihre Milch nur das erhalten, was nach Abzug der Margen von Molkereien und Handel übrigbleibt.
„Für uns Milchviehhalter ist es daher elementar, dass sich der Milchmarkt weitestgehend im Gleichgewicht befindet“, so Stefan Mann weiter. „Drückende Übermengen – so wie auch die auf EU-Ebene immer noch eingelagerten Milchpulverberge – sind Gift für die Erzeugerpreise. Die völlig unterschiedliche Interessenslage zwischen Molkereien und Milchviehhaltern – möglichst günstiger Rohstoffeinkaufspreis versus möglichst hoher Milcherzeugerpreis - führt angesichts des bestehenden Marktmachtgefälles zu Ungunsten der Milchviehhalter aber ganz überwiegend dazu, dass immer etwas zu viel Milchmenge auf dem Markt ist. Damit diese Situation nicht zur Dauerschieflage für die Milchviehhalter wird, sind die Molkereien, aber auch die Politik gefordert. Mit verbindlichen Verträgen sowie der Installierung eines effizienten Marktkriseninstruments auf EU-Ebene, mit dem Krisen durch stufenweise Anpassungen des EU-Milchangebots an die reale Nachfrage effektiv und vor allem frühzeitig entgegengewirkt werden kann, muss für einen ausgeglichenen Milchmarkt gesorgt werden. Das ist der wichtigste Schritt dahin, dass die Milchviehhalter auf Augenhöhe am Wettbewerb teilnehmen können und das Marktrisiko gerechter entlang der Wertschöpfungskette verteilt wird.“ Auch der Sprecher des Deutschen Milchviehverbandes, Hans Foldenauer, übt deutliche Kritik an der Entwicklung: "Es ist zu viel Milchmenge in dem Bereich da, und die Molkereien haben sich bei den Verhandlungen mit dem Handel wieder gegenseitig unterboten. In der Summe sind es wir Milchbauern, die dafür die Zeche zahlen."
10.05.2018
Von: FebL/PM

Keine "günstigen Aussichten" für Milchbäuerinnen und -bauern. "Preis-Leistungs-Sieger" ist nur der Handel. Foto: FebL