Studie: Schluss mit einer einseitigen industriellen Landwirtschaft

Eine groß angelegte globale Studie unter Leitung der Unis Hohenheim und Kopenhagen zeigt: Eine diversifizierte Landwirtschaft nützt sowohl Mensch und Umwelt – und zahlt sich aus. Das Ergebnis ist eindeutig: Die positiven Effekte einer Mischung von Viehhaltung und Ackerbau, Integration von Blühstreifen und Bäumen, Wasser- und Bodenschutz und vieles mehr nehmen mit jeder Maßnahme zu, während negative Auswirkungen kaum zu finden sind.

Die jetzt in der Fachzeitschrift Science veröffentlichte Studie enthält nach Ansicht von Prof. Dr. Ingo Grass von der Universität Hohenheim und seiner Kollegin Prof. Dr. Laura Vang Rasmussen von der Universität Kopenhagen eine klare und fundierte Botschaft an die Landwirtschaft: „Lassen Sie Monokulturen und industrielles Denken hinter sich und diversifizieren Sie die Art und Weise, wie Sie Landwirtschaft betreiben – es zahlt sich aus.“

„Unsere Ergebnisse aus dieser umfassenden Studie sind überraschend eindeutig. Während wir nur sehr wenige negative Folgen einer landwirtschaftlichen Diversifizierung feststellen konnten, gibt es viele bedeutende Vorteile. Dies gilt insbesondere, wenn zwei, drei oder mehr Maßnahmen kombiniert werden. Je mehr, desto besser, vor allem wenn es um die biologische Vielfalt und die Ernährungssicherheit geht“, erklärt Prof. Dr. Rasmussen vom Fachbereich Geowissenschaften und Management natürlicher Ressourcen an der Universität Kopenhagen.

Die größten positiven Effekte fanden die Forschenden bei der Ernährungssicherheit, dicht gefolgt von der biologischen Vielfalt. Darüber hinaus verbesserten sich auch soziale Aspekte, wie das Wohlbefinden deutlich. Unter den zahlreichen Strategien hatten die Diversifizierung der Tierhaltung und die Erhaltung des Bodens die stärksten positiven Folgen.

Erträge nicht beeinträchtigt – bei deutlich verbesserter Ernährungssicherheit

Laut den Forschenden beschäftigten sich frühere Studien entweder mit den sozioökonomischen oder den ökologischen Folgen der landwirtschaftlichen Diversifizierung. Diese Studie untersucht nun erstmals die Auswirkungen in allen Bereichen und kommt zu überraschend positiven Ergebnissen.

„Der landwirtschaftlichen Diversifizierung wurde vorgeworfen, dass sie vielleicht gut für die biologische Vielfalt ist, aber auch einige negative Aspekte hat – vor allem im Hinblick darauf, dass keine ausreichend hohen Erträge erzielt werden können. Tatsächlich sehen wir aber, dass eine diversifizierte Landwirtschaft keine Ertragsminderung mit sich bringt – auch nicht, wenn wir Daten aus der europäischen Landwirtschaft mit ihren großen Flächen einbeziehen", sagt Prof. Dr. Grass vom Fachgebiet Ökologie Tropischer Agrarsysteme an der Universität Hohenheim.

Vielmehr zeigten die Zahlen, dass sowohl bei kleinen Betrieben als auch bei Betrieben mit großer Anbaufläche eine diversifiziertere Landwirtschaft die Ernährungssicherheit deutlich steigern kann. Dies könnte, so die Forschenden, auf eine Reihe von Faktoren zurückzuführen sein.

„Ein Beispiel sind Obstbäume, die in Maisfeldern in Malawi gepflanzt werden und den Bauernfamilien helfen können, sich besser zu ernähren und ihre Ernährungssicherheit zu erhöhen. Einerseits, weil sie die Früchte selbst essen, andererseits aber auch, weil die Bäume ein zusätzliches Einkommen generieren, wenn die Früchte auf dem Markt verkauft werden – ein Einkommen, das den Kleinbauern Kaufkraft für andere Lebensmittel verschafft", sagt Prof. Dr. Rasmussen.

„Es ist eine einfache Botschaft, die wir an die verschiedenen Arten von Betrieben weitergeben können – ob es sich nun um kleine Betriebe in Südamerika oder Afrika oder um die fortschrittliche europäische Landwirtschaft handelt. Es gibt viele positive Effekte, die durch die Einführung von verschiedenen Strategien erzielt werden können – und sehr wenig zu befürchten. Es ist sehr gut, dass so viele verschiedene Maßnahmen ergriffen werden können und dass im Allgemeinen ein positiver Einfluss auf die biologische Vielfalt mit Wohlbefinden und Ernährungssicherheit Hand in Hand zu gehen scheint", so Prof. Dr. Grass.
Prof. Dr. Kremen von der University of British Columbia bestätigt: „Die Studie beschäftigt sich mit den realen Bedingungen in der Landwirtschaft in vielen verschiedenen Regionen und Kontexten weltweit. Die eindeutig positiven Ergebnisse dieser Diversifizierungsstrategien legen nahe, dass Regierungen und Unternehmen mehr Anreize für Landwirt:innen schaffen sollten, solche Strategien anzuwenden. Denn sie helfen tatsächlich und fördern gleichzeitig die landwirtschaftliche Nachhaltigkeit und die Gesundheit des Planeten.“

24.04.2024
Von: FebL/PM

Der Anbau von Erdbeeren in Kalifornien mit Blühstreifen aus Wildblumen oder in Monokultur. Bildquelle: Universität Hohenheim; Fotos: Claire Kremen, University of British Columbia