Mercosur-Verhandlungen stoppen

Angesichts der bevorstehenden Verhandlungsrunde zwischen der EU und den Mercosur-Staaten (Brasilien, Argentinien, Paraguay und Uruguay) vom 10. bis 13. Dezember unterstreicht die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) ihre Forderung nach einem Stopp der Verhandlungen. „Schon jetzt importiert die EU jährlich mehr als 100.000 Tonnen Rindfleisch aus Brasilien, das entspricht rund einem Drittel der gesamten Rindfleischimporte und damit unterstützt Europa die negativen Folgen der Rindfleischproduktion aktuell in Brasilien und wird es mit der geplanten Ausdehnung der Freihandelsquoten noch stärker tun“, erklärt die Referentin für internationale Agrarpolitik der AbL Berit Thomsen. Die AbL fordert einen Stop der Mercosur-Gespräche, und lehnt auch alle anderen neuen Freihandelsabkommen ab. Stattdessen müssen nach Ansicht der AbL in der europäischen Handelsagenda Qualitätskriterien eingezogen werden, die zusammengefasst sind in einem vor der AbL vorgeschlagenen Konzept des Qualifizierten Marktzugangs. „Das bedeutet dann beispielsweise auch bei Rindfleischeinfuhren aus den Mercorsur-Staaten, dass bei der Erzeugung und in der Wertschöpfungskette Menschenrechte geachtet werden, dass die Tiere artgerecht gehalten werden. Weidehaltung hat Vorrang und eine Erzeugung soll nicht zur Entwaldung oder Vertreibung von Landlosen führen“, so Thomsen. Auch der Importpreis spiele eine wichtige Rolle, damit die europäischen bäuerlichen Strukturen nicht zerstört werden. „Umgekehrt haben alle Länder, die Agrarprodukte aus der EU importieren, ebenfalls das Recht, ihre Kriterien zu entwickeln. Das kann bei Entwicklungsländern sein, dass sie zur Armuts- und Hungerbekämpfung ihre heimische Tierhaltung ausbauen und weiterentwickeln wollen und deshalb den Schutz vor billigen EU-Agrarimporten brauchen“, übt Thomsen auch Kritik an der EU-Exportstrategie. In einem offenen Brief an die EU-Kommission fordern auch die grünen EU-Abgeordneten Martin Häusling und Sven Giegold ein unverzügliches Beenden der Mercosur-Verhandlungen. Sie beziehen sich dabei auf eine Ankündigung der EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström, wonach ihre Behörde spätestens bis zu den Wahlen zum Europaparlament im Mai 2019 einen erfolgreichen Abschluss der Verhandlungen mit den Südamerikanern anstrebe. „Nachdem sich die Verhandlungen über Jahre hingezogen haben, hat uns diese Aussage doch sehr erheblich erstaunt. Besonders die Lage in Brasilien hat sich nach der Wahl des neuen Präsidenten Jair Bolsonaro entscheidend gewandelt. Dieser Präsident ist eine Kampfansage an das Pariser Klimaschutzabkommen, an internationale Umweltstandards und die Rechte indigener Völker. Er stuft die Landlosenbewegung als terroristische Vereinigung ein und versucht schon jetzt, das Recht auf Meinungsfreiheit zu untergraben“, heißt es in dem Brief. Die EU trage hier eine besondere Verantwortung, der neuen Regierung Brasiliens im internationalen Rahmen deutlich zu machen, dass ihre Pläne auf den deutlichen Widerstand der EU treffen werden. Sie fordern von der EU, sich energischer für den Schutz der Menschenrechte, den Erhalt der Umwelt und die Umsetzung der Klimaziele einzusetzen. Der französische Präsident Emmanuel Macron hatte kürzlich gewarnt, er werde sich einem Handelsabkommen zwischen der EU und den Mercosur-Staaten widersetzen, wenn der neue rechtsextreme Präsident Brasiliens sein Land aus dem Pariser Klimaabkommen austreten lässt. „Ich kann die französischen Bauern und Arbeiter nicht auffordern, ihre Produktionsgewohnheiten zu ändern, um den ökologischen Wandel voranzutreiben – nur um dann Handelsabkommen mit Ländern zu unterzeichnen, die das offensichtlich nicht tun,“ erklärte Macron. Die AbL hat gemeinsam mit Camapct, der Kampagne Meine Landwirtschaft und dem Forum Umwelt und Entwicklung einen Online-Apell an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) gestartet, „den Mercosur-Vertrag zu stoppen – damit die bäuerliche und ökologische Landwirtschaft in Europa weiter eine Chance hat!“. Aktuell haben den Apell bereits über 230.000 Menschen unterzeichnet.