Menge reduzieren, statt von Exporten zu phantasieren

Bauern und Bäuerinnen sind bereit, dass ihnen Mögliche zu tun, um von den Überschüssen auf dem Milchmarkt runter zu kommen. Das machte heute einmal mehr eine Delegation mit Trecker und Kuh vor der Tür des Bundeslandwirtschaftsministers Christian Schmidt (CSU) in Berlin deutlich. Gleichzeitig müsse endlich auch die Politik – neben Verarbeitern und Handel - ihren Teil der Verantwortung übernehmen, so die Forderungen, vorgetragen von Abl-Bundesgeschäftsführer Georg Janßen. Anlass war einerseits die seit einer Woche rollende Protestbewegung von Milchbauern und Milchbäuerinnen quer durch Deutschland organisiert vom Bundesverband deutscher Milchviehhalter (BDM), unterstützt von der AbL, die morgen in München zu einer Kundgebung zusammen kommt. Andererseits hatte sich heute in Berlin Bundeslandwirtschaftsminister Schmidt mit seinen Amtskollegen Stephane Le Foll aus Frankreich und Marek Sawicki aus Polen getroffen, um sich über mögliche gemeinsame Forderungen und Lösungsstrategien im Hinblick auf den Sonderagrarministergipfel am 7. 9. in Brüssel zu verständigen. Betont wurde von allen dreien die freundschaftliche Atmosphäre, allerdings produzierte diese offenbar keine innovativen Ideen, wie denn die Krise überwunden werden könnte. Die agrarpolitische Mottenkiste, so wie es die AbL im Vorfeld befürchtet hatte, aus Exportförderung und Intervention, wurde besonders von Christian Schmidt bemüht. Der Marktliberalisierer sieht es schon als Hoffnungsschimmer, wenn, so wie jetzt geschehen, Lidl dem Bauernverband verspricht teuerer einzukaufen. Das treffe sich auch mit den Wünschen der Verbraucher, die doch gerne mehr für die Milch bezahlen würden, wenn es den Bauern helfe. Sein polnischer Kollege konstatierte mit einer gewissen Verbitterung, dass Polen immer gegen das Ende der Milchquote gewesen sei, weil man genau so eine Entwicklung wie sie nun eingetreten sei schon vor einem halben Jahr vorhergesehen habe. Trotzdem führt auch er als Lösungsvorschläge nur Exportförderung und die Intervention ins Feld. Stephane Le Foll, der in seinem Heimatland vielleicht mit noch stärkeren Protesten konfrontiert ist als Schmidt, sieht noch Diskussionsbedarf, wenn es um die richtigen strategischen Maßnahmen geht. Auch er betont die Anhebung des Interventionspreises und das Erschließen neuer Märke nach den Enttäuschungen durch China und Russland. Direktbeihilfen, da müsse man noch drüber sprechen, so Le Foll. Auf eine Mengereduzierung bei gleichzeitgem Ausgleich durch eine Bonuszahlung aus der Superabgabe angesprochen ging er allerdings nicht ein. Schmidt macht klar, dass er von „Rauskaufaktionen“ nicht viel halte. Vor der Tür kreisen Treckergespanne mit dem Hinweis auf dem Anhänger, dass die vergangenen Jahre für die Milchbauern und Bäuerinnen nur ein Hangeln von Krise zu Krise ohne nachhaltige Lösung gewesen sei. Die sanfte Kuh, die ein junger brandenburger Bauer mitgebracht hat, trägt ein Schild, dass es um die Wertschätzung landwirtschafter Arbeit und ihrer Produkte gehe. Dreisprachig fordert die AbL, die Politik auf, bäuerlichen Existenzen nicht für freie Marktphantasien aufs Spiel zu setzen. Ihre Bemühungen wirken auch auf vielen der Jounalisten ernsthafter, als die hohlen Worte der drei Minister im Gebäude. „Das ist Geld von Milcherzeugern und muss im Sinne aller Milchbauern eingesetzt werden. Die Forderung des Deutschen Bauernverbands und der Milchindustrie, mit dem Geld weitere Exportoffensiven zu finanzieren, lehnen wir strikt ab. Exporte zu Dumpingpreisen richten sich hier wie auch in den Zielländern gegen bäuerliche Milchviehbetriebe. Das ist keine Hilfe, das verschlimmert die Situation noch“, warnt der AbL-Geschäftsführer Georg Janßen. „Diese Exportstrategie von Milchindustrie und Bauernverband widerspricht auch den immer stärker vorgetragenen Wünschen der Gesellschaft nach einer regional verankerten bäuerlichen Landwirtschaft mit tiergerechten und umweltschonenden Wirtschaftsweisen zu fairen Preisen. Die Beschlüsse der Minister gehen uns daher alle an“, so Janßen. 
31.08.2015
Von: cs