Acht landwirtschaftliche Jugendverbände fordern in einer
gemeinsamen Stellungnahme im Vorfeld der Sonderagrarminister*innenkonferenz (Sonder-AMK) zur nationalen Ausgestaltung der kommenden Förderperiode der Gemeinsamen Europäischen Agrarpolitik (GAP) zukünftig mindestens 4 Prozent der Mittel der 1. Säule für die Junglandwirt*innen-Förderung zu verwenden sowie mindestens die Hälfte dieser Mittel zur Einführung einer bundesweiten Niederlassungsprämie zu nutzen. Sie begründen ihre Forderung mit den hohen ökonomischen Hürden für junge Menschen, die sich eine Existenz in der Landwirtschaft aufbauen möchten, sowie der besonderen Bedeutung junger Menschen, insbesondere für die ländlichen Räume. Neben einer Ausweitung der Förderung in der GAP, fordern die Jugendverbände zur generellen Stärkung von Junglandwirt*innen die Schaffung einer kostenfreien Beratungsstelle und eines Stipendienprogrammes sowie Erleichterungen beim Zugang zu Land und Kapital und den Abbau unnötiger Bürokratie.
Zum Hintergrund erklären die Verbände:
- Mit einem Kapitaleinsatz je Arbeitskraft (Kapitalintensität) von rund 610.000 € gehört die Landwirtschaft zu den kapitalintensivsten Branchen überhaupt.
- Im Durchschnitt braucht ein junger Menschen, der sich eine Existenz in der Landwirtschaft aufbauen möchte, rund 150.000 € Eigenkapital alleine für die Schaffung des eigenen Arbeitsplatzes.
- Sowohl das Eckpunktepapier zur nationalen Umsetzung der GAP des BMEL vom 01.03.2021 und die darauf folgenden Gesetzesentwürfe als auch das Protokoll der letzten Sonder-AMK zur GAP vom 05.02.2021 sieht vor, auch in der kommenden Förderperiode der GAP nur 2 Prozent der Direktzahlungen für die Junglandwirt*innenförderung zu nutzen.
Dass eine zielgerichtete Förderung von Junglandwirt*innen in der Europäischen Union schon heute möglich ist, zeigt sich aus Sicht der landwirtschaftlichen Jugendverbände z.B. in Frankreich, so die Stellungnahme. Eine landesweite Niederlassungsprämie wurde hier bereits umgesetzt. Ähnlich wie in Sachsen-Anhalt werden die Fördergelder dort anhand eines spezifischen Geschäftsplans, einer Mindest-Berufsqualifikation sowie anhand eines Fortbildungsplans vergeben. Die Leistungen umfassen, neben der eigentlichen Niederlassungsprämie und Beratungsleistungen, die Ausschüttung eines Fortbildungsbudgets in Höhe von 2.000€ sowie Vergünstigung in der Besteuerung und Sozialversicherung. Im Durchschnitt wurden in Frankreich in der vergangenen Förderperiode 32.000€/Gründung ausgeschüttet.
Im Einzelnen kommentieren Vertreter*innen der Jugendverbände:
Kathrin Muus, Vorsitzende des
Bundes der Deutschen Landjugend e.V. (BDL):
„So innovativ der agrarische Nachwuchs auch ist, junge Unternehmerinnen und Unternehmer brauchen eine verlässliche und solide Starthilfe, mit denen sich die kostenintensiven Investitionen bei Betriebsübernahme oder -gründung, bei Betriebsumgestaltung oder -erneuerung stemmen lassen. Wir fordern eindringlich, dass föderale Unterschiede zwischen den Bundesländern bei Handhabung und Ausgestaltung der Junglandwirt*innen-Förderung beseitigt werden. Die Umsetzung und Kofinanzierung muss bundeseinheitlich ausgestaltet sein.“
Willi Lehnert, Geschäftsführer beim
Bündnis Junge Landwirtschaft e.V. (BJL):
„Mit einer Junglandwirt*innen-Förderung können gute Begleitungs- und Beratungsangebote etabliert werden, die es Junglandwirt*innen ermöglichen, mit einer Portion Mut und Überzeugungskraft den Schritt in die Praxis zu wagen und einen Betrieb zu übernehmen oder neu zu gründen.“
Imke Harms von
EURYFA. Deutschland:
„Eine Niederlassungsprämie würde junge Landwirt*innen dabei unterstützen, Betriebe auf- und um zu bauen hin zu mehr nachhaltigen und innovativen Konzepten. Ohne eine Starthilfe können viele junge Menschen sich einen Einstieg in die Landwirtschaft schlicht nicht leisten.“
Eva Imrecke,
junge Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft e.V. (jAbL):
„Die große Bedeutung junger Menschen für den ländlichen Raum sowie der gewaltige Kapitalbedarf in der landwirtschaftlichen Existenzgründung machen die Notwendigkeit einer Ausweitung der bestehenden Förderung in der GAP überaus deutlich. Die Einführung einer bundesweiten Niederlassungsprämie ließe zudem eine zielgerichtete Förderung zu.“
Theresia Kübler, Vorsitzende des
jungen Bioland:
"Junglandwirt*innen sind die Zukunft auf den Höfen. Wer Politik der Zukunft macht, unterstützt diese jungen Menschen durch fördernde Rahmenbedingungen."
Sarah Schulte-Döinghaus, Bundesvorsitzende der
Katholischen Landjugendbewegung Deutschlands e.V. (KLJB):"Der Beruf der*des Landwirt*in ist aufgrund seiner Vielfältigkeit sehr attraktiv, aber gerade für junge Menschen muss es mehr Unterstützung geben. Anreize für frühzeitige Hofübergaben geben z. B. Planungssicherheit für nachfolgende Generationen. Auch ein außerfamiliärer Einstieg für Junglandwirt*innen in die Landwirtschaft muss monetär möglich und interessant sein. Denn vitale Höfe sind Motoren der ländlichen Räume und tragen zu einer nachhaltigen Ländlichen Entwicklung bei.“
Die Stellungnahme ist unterzeichnet von: Bund der Deutschen Landjugend, Bündnis Junge Landwirtschaft, EURYFA Deutschland, Evangelische Jugend in ländlichen Räumen, junge AbL, junges Bioland, Katholische Landjugendbewegung Deutschlands, Ökojunglandwirte-Netzwer.