Landwirtschaft von StVO befreien!

Die aktuellen Herausforderungen und Entwicklungen in der Agrarpolitik, wie zum Beispiel das Zurückdrehen von ökologischen Mindeststandards in der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP), die Notwendigkeit eines Bürokratieabbaus oder die nur schleppenden Entwicklungen hin zu mehr Tierwohl, veranlassen Organisationen wie die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft oder Bioland dazu, auch an einem Feiertag wie dem Ostermontag, dem 1. April, sich öffentlich aktiv für entsprechende Veränderungen einzusetzen.

AbL: Landwirtschaft von Straßenverkehrsordnung befreien

Die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) e.V. fordert die Bundesregierung dazu auf, die Landwirtschaft im Zuge der geplanten Entbürokratisierung auch von Teilen der Straßenverkehrsordnung (StVO) zu befreien. Konkret muss die Begrenzung auf eine Fahrzeugbreite von maximal 3 Metern, als auch das maximale Gesamtgewicht von 40 Tonnen, für Landmaschinen ersatzlos gestrichen werden. Auch das Nutzen von Schnellstraßen muss für Schlepper in der Erntezeit zukünftig möglich sein. Anders sind ausreichend schnelle Transportwege zu den Verarbeitern nicht mehr sicher zu stellen.

Martin Schulz, Vorsitzender der AbL und Landwirt in Niedersachen begründet: „In anderen Teilen der Welt sind Trecker und Erntemaschinen sehr viel größer als bei uns – und damit auch effizienter. Die StVO führt für die heimische Landwirtschaft im internationalen Vergleich damit zu Wettbewerbsnachteilen, die uns Bäuerinnen und Bauern nicht mehr länger zugemutet werden können. Wer die Agrarwirtschaft in Deutschland konkurrenzfähig halten will, muss die Sonderrolle der Landwirtschaft in der StVO möglichst schnell weiter ausbauen.“

Argumente, die Aufweichung der StVO ginge zu Lasten des Umwelt- und Klimaschutzes und schade dem Steuerzahler, lässt die AbL nicht gelten.

Martin Schulz hierzu: „Das Gegenteil ist der Fall. Große Maschinen leisten durch ihre Effizienz einen konkreten Beitrag zur Ernährungssicherheit und zum Umwelt- und Klimaschutz. Hiervon profitieren letztlich auch die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler. Dass die politisch Verantwortlichen bei ausreichend großem Willen in der Lage sind, gesetzgeberisch schnell Fakten zu schaffen, und dabei auch auf gesellschaftliche Debatten verzichten können, zeigt u.a. das aktuelle Zurückdrehen von ökologischen Mindeststandards in der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) der Europäischen Union. Den gleichen Handlungswillen und ein ebenso zügiges Vorgehen erwartet die AbL von der Bundesregierung nun auch bei der notwendigen Anpassung der StVO.“

Bioland: Neue Bioland-Richtlinie schreibt Strandflächen für Schweine vor

Zusätzlich zur Stall- und Außenfläche müssen Bioland-Zucht- und Mastschweine ab 2025 Zugang zu einer Strandfläche haben. Schon heute genießen Bioland-Schweine den höchsten Haltungsstandard und damit deutlich mehr Tierwohl als die meisten ihrer Artgenossen. Künftig soll das Schweineleben auf den Bioland-Betrieben auch noch einen Hauch von Karibik erhalten. Denn ab 2025 müssen Bioland-Zucht- und Mastschweinen zusätzlich zu Stall und Auslauf eine Strandfläche zur Verfügung gestellt werden. Eine entsprechende Richtlinien-Ergänzung haben die Bioland-Delegierten im März auf ihrer Delegiertenversammlung verabschiedet.
Auch Schweine bräuchten Erholungsurlaub, erklärt der Verband die Beweggründe hinter dem „Biostrand“. Zukünftig könnten sie das Karibik-Feeling direkt auf ihrem Bioland-Betrieb genießen. Wobei ‚Karibik‘ in diesem Fall nicht wörtlich zu verstehen sei. Denn selbstverständlich müsse auch der Sand für die Strandflächen nach den strengen Bioland-Richtlinien zertifiziert sein und dürfe damit nur aus Deutschland beziehungsweise Südtirol stammen.

Ein hoher Tierwohl-Standard ist sowohl von politischer Seite als auch von den Verbraucher*innen gewünscht. Bioland geht mit der Richtlinien-Erweiterung mit gutem Beispiel voran und zeigt, in welche Richtung der Haltungsstandard weiterentwickelt werden kann. Das Anlegen eines Strands, zu dem einerseits eine Sandfläche, andererseits, so nicht bereits vorhanden, eine Wasserfläche gehört, gibt es jedoch nicht zum Nulltarif. Ganz generell müssten daher die besonderen Leistungen für das Tierwohl, die Bioland-Betriebe erbringen, auch von einer Förderpolitik unterstützt werden, die diese anerkenne, fordert Bioland.
Verbandsintern wird bereits über weitere Ergänzungen des Richtlinienwerks diskutiert. Unter anderem geht es um die Frage, ob die Schweine ihre Fläche künftig per Handtuch-Verfahren selbst auswählen können. Und auch über die Ausstattung mit Strandkörben, Liegestühlen oder Beistelltischen wird nachgedacht. Wie alles bei Bioland werden auch diese Überlegungen in den Gremien bis ins Detail diskutiert. Das macht die basisdemokratische Struktur des Verbandes aus.
Wie groß die zur Verfügung gestellte Strandfläche sein muss, bemisst sich am Lebendgewicht der Schweine: Einem Bioland-Mastschwein bis 110 Kilo etwa stehen zusätzlich zu Stall und Auslauf 2,5 Quadratmeter Strandfläche zu. Bei der Ausgestaltung der Richtlinie hatten die Bioland-Fachleute sich Unterstützung aus der Praxis geholt: Graf Bobby von Sonnenschein höchstpersönlich hat die erste Strandfläche im Bioland ausgetestet. Und laut Familie Poppen vom Bioland-Hof Sonnenschein fühlt er sich am neuen Strand bereits sauwohl.

03.04.2024
Von: FebL/PM

AbL und Bioland mit ungewöhnlichen Vorschlägen.