Hessische Allianz für die Agrar- und Ernährungswende gegründet

Es „besteht die Gefahr, dass die derzeitige Situation genau jene Strukturen zerstört, die wir für die Zukunft brauchen und über deren Vorteil wissenschaftlich Einigkeit herrscht: regionale, ökologische Wertschöpfungssysteme mit größtmöglicher Unabhängigkeit von externen Betriebsmitteln.“ So steht es in einem Aufruf der jetzt neu gegründeten Allianz mit dem Namen „Hessische Allianz für die Agrar- und Ernährungswende“, zu der sich der BUND Hessen, der NABU Hessen, die Hessische Gesellschaft für Ornithologie und Naturschutz (HGON), die Vereinigung ökologischer Landbau in Hessen (VÖL), die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL), Slowfood sowie das Netzwerk der hessischen Ernährungsräte mit dem Verein BIONALES - Bürger für regionale Landwirtschaft und Ernährung zusammengeschlossen haben.

Die Organisationen in der Allianz setzen sich für eine ökologisch beziehungsweise umfassend nachhaltig ausgerichtete Landwirtschaft sowie eine gute und nachhaltige Ernährung ein. Das Engagement der Allianz richtet sich an Politiker*innen, den Lebensmitteleinzelhandel (LEH) und die Verbraucher*innen in Hessen. Ziel ist es, auf aktuelle Entwicklungen aufmerksam zu machen und ein konsequentes, gemeinsames Handeln einzufordern. Denn das ist nach Ansicht der Allianz dringend erforderlich, um eine ökologisch und sozial ausgerichtete Landbewirtschaftung mit ihren regionalen Wertschöpfungsketten zu stärken. „Nur wenn alle Verantwortlichen jetzt (endlich) aktiv werden, lassen sich unsere natürlichen Lebensgrundlagen langfristig schützen!“

Die mit dem Krieg in der Ukraine einhergehende wirtschaftliche Entwicklung mit einer Verknappung von Waren, steigenden Kosten für Brenn- und Treibstoffe und Lebensmittelpreisen führt nach Ansicht der Allianz zu einer spürbaren Veränderung des Einkaufsverhaltens der Verbraucher*innen. Hochpreisige Bioprodukte werden im Regal zugunsten von Bio-Ware im Discounter stehen gelassen; regional erzeugte Ware verliert derzeit immer mehr an Marktanteil gegenüber Billig-Angeboten. „Die im Mai nicht verkauften Spargel und Erdbeeren aus unseren Anbauregionen sind vermutlich nur die Vorboten für die Markteinbrüche, die im Sommer und Herbst auf uns zukommen dürften“, heißt es in dem Aufruf.

Die  Verantwortlichen in der Politik fordert die Allianz auf, die Entwicklung eines nachhaltigen ökologischen Lebensmittel-Erzeugungssystems nicht den Turbulenzen des Marktes zu überlassen.

Die Verantwortlichen im Lebensmitteleinzelhandel und im Discount werden gebeten, sich ihrer Verantwortung gerecht zu werden und insbesondere bäuerlich familiäre Höfe bewusst in dieser Situation zu unterstützen. „Es erfordert JETZT ein konsequentes Handeln um für den zukünftigen Einkauf Ihres Unternehmens noch ausreichend Betriebe in der Region bzw. in Deutschland zu haben. Landwirtschaftliche Unternehmen, die jetzt ihre Tore schließen müssen, werden Ihnen zukünftig nicht mehr als Lieferanten zur Verfügung stehen“, so der Aufruf.

Und die Verbraucher*innen werden gebeten, ihr Einkaufsverhalten zu überdenken und sich bewusst für Lebensmittel aus biologisch-regionaler Erzeugung zu entscheiden.

„Ich höre von vielen verzweifelten Anrufen, denn die bäuerlichen Familien wissen nicht, wie und ob sie mit der Landwirtschaft weitermachen können“, sagt Tim Treis, Sprecher der Vereinigung Ökologischer Landbau in Hessen.

Und der Geschäftsführer des BUND Hessen, Michael Rothkegel fügt hinzu: „Wir sind überzeugt, dass ein Schulterschluss von Vertreterinnen und Vertretern des Ökolandbaus, des Naturschutzes und des Netzwerks der Ernährungsräte möglich ist und von allen Seiten als sehr sinnvoll erachtet wird. Wir können nicht zulassen, dass die Betriebe, die wir für den Naturschutz und die Erzeugung unserer Lebensmittel brauchen, jetzt in Schwierigkeiten geraten.“

Hierfür wendet sich die neu gegründete Allianz mit dem „dringenden Aufruf an die Öffentlichkeit: Die aktuelle politische Weltlage verbunden mit der Bedrohung unserer Lebensgrundlagen durch den Klimawandel und den Verlust der Artenvielfalt ist nicht mehr zu leugnen.“

Dr. Susanne v. Münchhausen vom Ernährungsrat Frankfurt und dem Verein BIONALES hebt hervor: „Wir alle stehen mehr denn je in der Gefahr, genau die Betriebe und Wertschöpfungsketten zu verlieren, die das umsetzen, was angesichts des Krieges in der Ukraine notwendig und zukunftsfähig wird: eine ökologische und nachhaltige Lebensmittelerzeugung, die das Klima und unsere natürlichen Ressourcen schützt und unabhängig von Energie- und Futtermittelimporten sein kann. Wenn diese politisch gewollt und von der Gesellschaft mitgetragen wird, dann müssen wir alle jetzt etwas tun und ins Handeln kommen!“

21.06.2022
Von: FebL/PM

Die Vertreter:innen der Hessischen Allianz für Agrar- und Ernährungswende. Bildquelle: völ