Elf Gründe, warum Europa Patente auf Pflanzen und Tiere verbieten muss

Neuer Bericht über Patentanträge auf konventionell gezüchtete Pflanzen und Tiere

Heute veröffentlicht Keine Patente auf Saatgut!  einen neuen Bericht über Patentanträge auf Pflanzen und Tiere aus konventioneller Züchtung. Diese dürfen nach europäischem Recht nicht patentiert werden. Von Anfang 2018 bis Ende 2019 wurden dennoch mehr als 100 Patentanträge eingereicht, die die konventionelle Züchtung betreffen.  Im Bericht werden elf Beispiele vorgestellt, sie umfassen Fälle von Biopiraterie, Ansprüche auf Gemüse, Biere, Gerste aber auch landwirtschaftliche Nutztiere. Werden konventionell gezüchtete Pflanzen und Tiere als „Erfindungen“ patentiert, stehen diese ohne Zustimmung der Patentinhaber nicht für die weitere Züchtung zur Verfügung. Für Züchtung ist der Zugang zur biologischen Vielfalt aber von zentraler Bedeutung. „Es gibt Beispiele wie spezielle Paprika-Pflanzen, die ursprünglich in Mexiko gesammelt wurden und deren Verwendung für die Zucht jetzt von Patentmonopolen erfasst werden soll. Andere Beispiele betreffen natürliche Resistenzen gegen Erreger von Pflanzenkrankheiten bei Basilikum oder Zuckermelonen mit intensiverer Rot-Färbung und Endivien-Salat, der nach der Ernte nicht so schnell braun wird“, sagt Martha Mertens vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) e.V. „Derartige Züchtungen sind doch keine Erfindungen!“ Weitere Patentanträge betreffen Spinat, Mais, Tomaten, Lauch, Artischocken, Rüben, Brokkoli, Cassava, Sellerie, Baumwolle, Kartoffeln und Reis. Auch auf landwirtschaftliche Nutztiere wurden Patente angemeldet, darunter Rinder, Schweine, Schafe, Pferde, Ziegen, Kaninchen und Geflügel. Die Beispiele stammen nicht aus gentechnischen Verfahren, sondern sind das Ergebnis von zufälligen Prozessen, kombiniert mit Kreuzung und Selektion. Über diese Anträge wurde noch nicht entschieden, aber viele von ihnen können erteilt werden, wenn das rechtliche Chaos, das zur Zeit am Europäischen Patentamt (EPA) herrscht, nicht beendet wird. Der Wortlaut des europäischen Patentrechts verbietet Patente auf nicht-technische Verfahren zur Züchtung. Doch hat das EPA mit einer Entscheidung des Verwaltungsrates im Jahr 2017 erhebliche Unsicherheiten geschaffen. Demnach sind Patente nur bei einigen, nicht aber bei allen Verfahren zur konventionellen Züchtung verboten. 2018 erlaubte das EPA, im Falle eines Patentes auf Paprika, derartige Patente sogar ganz generell. Angesichts der selbst verursachten rechtlichen Widersprüche, setzte das EPA 2019 alle weiteren Patentanträge im Bereich der konventionellen Züchtung aus. Es wird erwartet, dass im Jahr 2020 weitere Entscheidungen getroffen werden. „Der Bericht von Keine Patente auf Saatgut! zeigt, wie die Konzerne versuchen, noch mehr Kontrolle über die Produktion von Lebensmitteln in Europa zu erhalten, wenn die aktuellen rechtlichen Fragen nicht gelöst und keine klare Unterscheidung zwischen technischen Erfindungen und zufälligen Verfahren gemacht werden“, sagt Christoph Then für Keine Patente auf Saatgut!. Keine Patente auf Saatgut! fordert, dass in Europa auch in Zukunft die Freiheit der ZüchterInnen, GärtnerInnen und LandwirtInnen, die konventionelle Züchtung, Aufzucht und Erhaltung von Nahrungspflanzen und Nutztieren betreiben, nicht durch Patente eingeschränkt werden kann. Der Zugang zur biologischen Vielfalt, die für die weitere Züchtung notwendig ist, darf nicht durch Patente kontrolliert, behindert oder blockiert werden.
23.04.2020
Von: gemeinsame Pressemeldung