Nachgefragt: Die hessischen Bauern und die AfD

Nachgefragt von Onno Poppinga +++ Die Wahlauswertung der „Forschungsgruppe Wahlen e.V.“ zur Landtagswahl vom 8.10.23 in Hessen ergab, dass 26,4 % der Stimmen für die AfD von den Bauern stammen. Eine schlimme Zahl!

Nun habe ich bei den Erhebern nachgefragt, wie diese Daten zustande kamen. Wie viele Bauern wurden befragt? Gab es eine Unterscheidung in Nebenerwerb, Lohnarbeiter, Familienangehörige, Betriebshilfsdienste, Lohnunternehmer usw.? (Zur Info: Nebenerwerb wären ja Arbeiter, Selbstständige. Familienangehörige vielleicht Angestellte usw.) Das Ergebnis: Es sei noch nie vorgekommen, dass jemand nachgefragt hätte, wie die Ergebnisse zustande kamen.

Dann verstrichen einige Tage und die Antwort lautet: Befragt wurden 16.000 Urnenwähler, davon bezeichneten sich 66 Leute als Landwirte. Differenzierungen unter den „Landwirten“ wurden nicht gemacht. Die verantwortliche Wissenschaftlerin bemerkt in ihrer Antwort: Aufgrund der geringen Anzahl solle ich die Daten nicht „überinterpretieren“. Was sie aber leider in der Veröffentlichung gerade gemacht hat und so zu dem Ergebnis von 26,4 % gekommen ist. 

Zu fragen ist: Was bleibt von diesen 66 „Landwirten“ übrig, wenn die notwendigen Differenzierungen gemacht werden? Soviel ist sicher: die verbleibende Zahl von tatsächlichen Landwirten wäre so gering, dass allgemeine Aussagen über die AfD Zustimmung der Bauern nicht möglich sind. 

Ein schönes Beispiel für die Kombination von Schlampigkeit und Vorurteil. Wobei Schlampigkeit noch vorsichtig ausgedrückt ist. Es gibt in jedem Lehrbuch der Statistik genaue Aussagen über Mindestzahlen für allgemeine Hochrechnungen. Diese Mindestzahlen sind hier nicht annähernd erreicht. Das Vorurteil überwiegt wissenschaftliche Standards, tarnt sich in Wissenschaft und wird zur Gewissheit. 

21.02.2024
Von: Onno Poppinga