Bundesregierung muss UN-Erklärung zur Stärkung der Bauernrechte unterstützen
Im Jahr 2012 hat der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen (UN) beschlossen, zur Bekämpfung des weltweiten Hungers eine Menschenrechtserklärung für Kleinbauern und andere Menschen, die in ländlichen Regionen arbeiten, auf den Weg zu bringen. Anlässlich der jetzt bevorstehenden abschließenden Diskussion und Entscheidung des UN-Menschenrechtsrats in Genf über die „Erklärung der Rechte von Kleinbauern und anderen Menschen, die in ländlichen Regionen arbeiten“ fordert ein breites zivilgesellschaftliches Bündnis von der Bundesregierung ein klares Bekenntnis zu den Menschenrechten und für die Annahme der Erklärung zu stimmen. Ressourcenkonflikte um Land, Wasser und Saatgut nehmen zu, es gibt ein Machtungleichgewicht zwischen Kleinbauern und anderen Landnutzern auf der einen und der industriellen Landwirtschaft auf der anderen Seite. Das Bündnis hält es daher für dringend erforderlich, die Rechte dieser Gruppen zu stärken. Menschenrechtsverteidiger, die sich für diese Gruppen einsetzen, werden zunehmend kriminalisiert oder gar ermordet.
„Bestehende Menschenrechtsinstrumente schützen Kleinbauern und ihre Gemeinschaften nicht mehr ausreichend. Wenn es die Bundesregierung mit ihrem menschenrechtlichen Engagement ernst meint, darf sie davor nicht die Augen verschließen. In seiner Resolution vom 3. Juli 2018 zur Verletzung der Rechte indigener Völker unterstützt das Europäische Parlament die UN-Erklärung und fordert die Mitgliedsstaaten ebenfalls dazu auf. Wir erwarten von der Bundesregierung, dass sie dieser Aufforderung folgt“, erklärt Gertrud Falk von FIAN Deutschland.
Und Paula Gioia von der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft ergänzt: „Agrarkonzerne graben Kleinbauern und anderen Kleinproduzenten in ländlichen Regionen die Ressourcen ab und Regierungen lassen dies zu. Wenn dem nicht entschieden entgegen gewirkt wird, bestimmen in Zukunft ausschließlich Konzerne, was wir essen. Mit der UN-Erklärung werden Kleinbauern und ihre Gemeinschaften besser gegenüber Interessen anderer geschützt. Das ist ein großer Schritt, um ihre zunehmende Verdrängung zu stoppen, Landflucht zu vermeiden, das Klima zu schützen und Ernährungssouveränität zu erlangen.“
Ein „wichtiges Signal“ sieht Marion Aberle von der Welthungerhilfe in der Erklärung. „Noch immer hungern 821 Millionen Menschen, und drei von vier Hungernden leben auf dem Land. Dabei erzeugen kleine und mittlere Höfe bis 50 Hektar fast drei Viertel aller Grundnahrungsmittel. Die Erklärung ist ein wichtiges Signal und kann zu veränderten politischen Rahmenbedingungen beitragen, damit Bauern Gehör finden und ihr Potenzial für die ländliche Entwicklung anerkannt wird. Im Übrigen ist die Förderung von Kleinbauern zentral im Koalitionsvertrag verankert“, so Aberle.
„Die Bundesregierung muss sich entscheiden. Steht sie auf der Seite der Unterdrückten und der Menschenrechte oder auf der Seite der Agrarmultis, wie dem neuen deutschen Agrarchemie- und Saatgutgiganten Bayer-Monsanto. Ein Menschenrecht auf Saatgut fürchtet dieser wie der Teufel das Weihwasser“, unterstreicht Jan Urhahn vom entwicklungspolitischen INKOTA-netzwerk die Rolle der Bundesregeirung.
Als „historischen Schritt“ bezeichnet Andrea Müller-Frank von Brot für die Welt die Erklärung. „Die Rechte und Interessen bäuerlicher Erzeugergemeinschaften werden systematisch übergangen, ihre wirtschaftliche und politische Schwäche ausgenutzt. Die UN-Erklärung ist ein historischer Schritt, um den zentralen Beitrag bäuerlicher Kultur für den Schutz von Wasser, Saatgut und Böden weltweit anzuerkennen.“
Das zivilgesellschaftliche Bündnis besteht aus folgenden Organisationen: Agrar Koordination, Aktionsgemeinschaft Solidarische Welt (ASW), Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL), Brot für die Welt, FIAN Deutschland, Forschungs- und Dokumentationszentrum Chile-Lateinamerika (FDCL), Forum Fairer Handel, GEPA – The Fair Trade Company, Internationaler Verband Katholischer Ländlicher Erwachsenenbewegungen (FIMARC), INKOTA-netzwerk, Katholische Landvolkbewegung (KLB), MISEREOR, TransFair e.V. (Fairtrade Deutschland), Welthaus Bielefeld und Welthungerhilfe
Hintergrund
Am 19. und 20. September wird der UN-Menschenrechtsrat nach mehrjährigen Verhandlungen abschließend über die UN-Erklärung beraten und voraussichtlich am 28. September über ihre Annahme entscheiden. Danach muss die Generalversammlung der UN der Erklärung noch zustimmen. Deutschland hat sich bei den letzten Abstimmungen im Menschenrechtsrat zur Mandatsverlängerung der zuständigen Arbeitsgruppe enthalten. Die Bundesregierung hat bislang weder ihre Position zu der Erklärung öffentlich erläutert, noch hat sie die Erklärung offiziell unterstützt.
2012 hatte der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen beschlossen, zur Bekämpfung des weltweiten Hungers eine Menschenrechtserklärung für Kleinbauern und andere Menschen, die in ländlichen Regionen arbeiten, auf den Weg zu bringen. Diese Entscheidung basiert auf der Analyse seines Beratenden Ausschusses, der fünf Hauptgründe für den überproportional hohen Anteil Hungernder an der ländlichen Bevölkerung identifiziert hatte: 1. Landenteignungen, Vertreibungen und Umsiedlungen, 2. Diskriminierungen von Frauen und Mädchen, 3. fehlende Agrarreformen und Politiken zur ländlichen Entwicklung, 4. niedrige Löhne und fehlende soziale Sicherung und 5. Kriminalisierung von Bewegungen, die für die Rechte von Menschen in ländlichen Regionen eintreten.