Bundeskabinett setzt Zukunftskommission Landwirtschaft ein

Die „Zukunftskommission Landwirtschaft“ ist auf den Weg gebracht. Als Erwartungen an die Kommssion werden in ersten Reaktionen "tiefgreifende Veränderungen" und ein „offener, fairer Dialog auf Augenhöhe“ genannt. Der jetzt erfolgte Beschluss des Bundeskabinetts zur Einsetzung ist ein Ergebnis des Agrargipfels, zu dem Bundeskanzlerin Angela Merkel und die Bundeslandwirtschaftsministerin, Julia Klöckner, Ende letzten Jahres und 40 landwirtschaftliche Verbände eingeladen hatten. Die Kommission soll laut einer Mitteilung aus dem Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) unter Einbindung von Praktikern, Wissenschaftlern und gesellschaftlichen Akteuren, insbesondere Umwelt-, Tierschutz- und Verbraucherverbänden, praxistaugliche Empfehlungen erarbeiten für eine produktive und ressourcenschonende Landwirtschaft. Es gehe darum, ein übergreifendes gemeinsames Verständnis zu entwickeln, wie mehr Tierwohl, Biodiversität, Klima- und Umweltschutz mit den fundamentalen Aufgaben der Erntesicherung und der ökonomischen Tragfähigkeit – gerade auch für die vielen Familienbetriebe – zusammengebracht werden können. Die Bundesregierung wird laut BMEL die Arbeit der Zukunftskommission unterstützen. Zur organisatorischen Unterstützung wird eine Geschäftsstelle beim BMEL eingerichtet. Unter dem Vorsitz von Prof. Dr. Peter Strohschneider, soll die Kommission im Herbst 2020 einen Zwischenbericht und im Sommer 2021 einen Abschlussbericht vorlegen. Zu Mitgliedern der Zukunftskommission werden berufen: Für den Bereich Landwirtschaft:
· Hubertus Paetow (Präsident Deutsche Landwirtschaftsgesellschaft)
· Joachim Rukwied (Präsident Deutscher Bauernverband)
· Petra Bentkämper (Präsidentin Deutscher Landfrauenverband)
· Stefan Mann (Bundesvorsitzender Bundesverband Deutscher Milchviehhalter)
· Kathrin Muus (Bundesvorsitzende Bund der Deutschen Landjugend)
· Dirk Andresen (Sprecher Land schafft Verbindung)
· Dr. Felix Prinz zu Löwenstein (Vorstandsvorsitzender Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft)
· Elisabeth Fresen (Bundesvorsitzende Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft)
· Jürgen Mertz (Präsident Zentralverband Gartenbau)
· Ute Volquardsen (Vizepräsidentin des Verbandes der Landwirtschaftskammern) Für den Bereich Wirtschaft und Verbraucher:
· Franz-Josef Holzenkamp (Präsident Deutscher Raiffeisenverband)
· Manfred Hudetz (Präsident Industrieverband Agrar)
· Stephanie Franck (Vorsitzende Bundesverband der Pflanzenzüchter)
· Philipp Hengstenberg (Präsident Lebensmittelverband Deutschland)
· Dr. Christian von Boetticher (Vorsitzender der Bundesvereinigung der deutschen Ernährungsindustrie)
· Klaus Müller (Vorstand Verbraucherzentrale Bundesverband)
· Miriam Schneider (Leiterin Büro Brüssel Bundesverband des deutschen Lebensmittelhandels)
· Susanne Dehmel (Mitglied Sachverständigenrat für Verbraucherfragen) Für den Bereich Umwelt und Tierschutz:
· Prof. Dr. Kai Niebert (Präsident Deutscher Naturschutzring)
· Jörg-Andreas Krüger (Präsident Naturschutzbund Deutschland)
· Olaf Bandt (Vorsitzender Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland)
· Christoph Heinrich (Vorstand Naturschutz WWF Deutschland)
· Thomas Schröder (Präsident Deutscher Tierschutzbund)
· Myriam Rapior (Mitglied im Bundesvorstand BUNDjugend)
· Martin Kaiser (Geschäftsführung Greenpeace) Und für den Bereich Wissenschaft:
· Prof. Dr. Manfred Niekisch (stellvertretender Vorsitzender Sachverständigenrat für Umweltfragen)
· Prof. Dr. Achim Spiller (Universität Göttingen)
· Prof. ‘in Dr. Hiltrud Nieberg (Johann Heinrich von Thünen-Institut)
· Prof. ‘in Dr. Ute Knierim (Universität Kassel)
· Prof. ‘in Dr. Ramona Teuber (Universität Gießen)
· Prof. ‘in Dr. Dr. h.c. Vera Bitsch (Technische Universität München. BUND: Tiefgreifende Veränderungen einleiten
Nach Ansicht des BUND muss die Zukunftskommission tiefgreifende Veränderungen einleiten. „Auch wenn der BUND in den letzten Monaten nicht nur gute Erfahrungen mit Regierungskommissionen gemacht hat, sind wir bereit, in dieser Kommission mitzuarbeiten, wenn sie die notwendigen Veränderungen anpackt. Die Missstände in den Agrarlandschaften, das Tierleid in den Ställen, die Umweltschäden durch die Agroindustrie und das unaufhaltsame Artensterben bewegen uns dazu mitzuwirken, damit sich endlich etwas ändert. Als großer Umweltverband ist es unsere Aufgabe, umweltpolitische Probleme zu benennen und Veränderung einzufordern. Es ist dringend notwendig, dass über die Landwirtschaft der Zukunft diskutiert wird. Hierbei müssen alle Seiten bereit sein, zuzuhören und Kompromisse zu finden“, erklärt der BUND-Vorsitzende Olaf Bandt. WWF hofft auf „offenen, fairen Dialog auf Augenhöhe“
In die Kommission berufen ist auch Christoph Heinrich, Vorstand Naturschutz beim WWF Deutschland. „Eine Landwirtschaft, die Landwirten ein gutes Auskommen sichert, gesunde Lebensmittel produziert und hilft Wasser, Böden und Klima zu schützen sowie Artenvielfalt zu erhalten, liegt im Interesse der gesamten Gesellschaft. Die Kommission bietet die Chance zum Einstieg in einen breiten gesamtgesellschaftlichen, konstruktiven Dialog über Wege in eine zukunftsfähige und nachhaltige Landwirtschaft“, sagt Heinrich zur Aufgabe der Kommission. „Der Erhalt regional verankerter Landwirtschaft in Deutschland mit echten wirtschaftlichen Perspektiven steht nicht im Gegensatz zu Umweltschutzzielen. Mehr Klima- und Naturschutz sind vielmehr ein Grundpfeiler für zukunftsfähige Landwirtschaft im 21. Jahrhundert“, ist Heinrich überzeugt. „Landwirtschaft hat Zukunft, wenn wir uns in Deutschland und Europa endlich gemeinsam für eine Landwirtschaft stark machen, die ihren Fußabdruck weltweit substanziell reduziert, einen aktiven Beitrag zum Klima- und Biodiversitätsschutz leistet, ökologische Strukturen fördert und eine tiergerechte, flächengebundene Nutztierhaltung zum Standard macht.“
Christoph Heinrich hofft auf einen „offenen, fairen Dialog auf Augenhöhe“ unter den Mitgliederinnen und Mitgliedern der Kommission und einen konstruktiven Austausch, bei dem die Ergebnisse nicht schon am Anfang feststehen, sondern „Resultat der gemeinsamen Arbeit“ sind. Greenpeace: Zukunftskommission ist überfällig
"Die Zukunftskommission für die Landwirtschaft ist überfällig. Deutschland muss das kranke System Billigfleisch beenden. Vorschläge für eine echte Agrarwende mit einer erheblich besseren Tierhaltung, finanziert durch eine Tierwohl-Abgabe, liegen bereits auf dem Tisch“, kommentiert der geschäftsführende Vorstand von Greenpeace, Martin Kaiser.
Die Skandale in der Fleischindustrie zeigten überdeutlich, wie menschenverachtend, tierquälerisch und umweltzerstörend das System Billigfleisch sei. „Die Union hat dafür die Bedingungen geschaffen und dabei geltendes Tierschutzrecht immer wieder ausgesetzt. Die Kommission darf kein Vorwand sein, weiter abzuwarten und untätig zu bleiben. Bundeskanzlerin Angela Merkel sollte die CDU/CSU umgehend dazu bringen, diese rechtswidrige und zutiefst unethische Haltung aufzugeben und sich ernsthaft und glaubwürdig für mehr Tierwohl einzusetzen“, so Kaiser. Die Zukunftskommission müsse bis zum Ende des Sommers konkrete Vorschläge vorlegen, wie unter deutscher Ratspräsidentschaft die EU-Agrarförderung reformiert werden kann. „Diese muss den Schutz von Tieren, Klima und Natur ins Zentrum stellen und darf nicht länger die rücksichtslose Produktion von Billigfleisch subventionieren", erklärt Kaiser abschließend.
10.07.2020
Von: FebL/PM

Wie sieht die Landwirtschaft und Landschaft der Zukunft aus, das soll die Zukunftskommission Landwirtschaft klären. Foto: FebL