Noch im April bei der virtuellen Bayer-Hauptversammlung, als die erste Welle der Corona-Pandemie über Europa rollte, fühlte sich Bayer in Sicherheit. Das Medizingeschäft liefe auf Hochtouren und auch das Geschäft mit Saatgut und Pestiziden sei robust. Nun haben sich die Wachstumsaussichten deutlich verschlechtert und auch Bayer wird mehr und mehr von den wirtschaftlichen Folgen der Pandemie erfasst. Das gilt vor allem für die Agrarsparte Crop Science. Diese wurde 2018 mit dem 63,5 Milliarden Dollar teuren Kauf von Monsanto stark erweitert.
Eigentlich hatten Investoren auf einen Befreiungsschlag durch den Ende Juni beschlossenen milliardenschweren Vergleich mit den Glyphosatklägern in den USA gehofft. Dieser hat sich aber bisher an der Börse nicht wieder gespiegelt. Jetzt kommen schwache Marktaussichten hinzu. Das Management reagiert darauf mit neuen Sparprogrammen, diese können einen weiteren Stellenabbau und den Verkauf einzelner Geschäfte einschließen, so das Handelsblatt. Bayer würde alle Kräfte bündeln, um genug finanzielle Mittel für Investitionen, Schuldenabbau und die ausstehenden Milliardenzahlungen an die Glyphosat-Kläger in den USA zu haben.
Der Glyphosat-Rechtsstreit könnte für den Konzern noch teurer werden – denn die Regelung zum Umgang mit künftigen Klagen ist noch immer nicht unter Dach und Fach. Veranschlagt sind hier bisher 1,25 Milliarden Dollar. Insgesamt kostet der Glyphosat-Rechtsstreit nach bisherigen Zahlen bereits mehr als elf Milliarden Dollar. Erst die Hälfte davon sei bisher in der Bilanz verbucht.
Finanzieren wollte Bayer dies vor allem mithilfe seines florierenden Agrargeschäfts nach der Monsanto-Übernahme. Doch Corona mache das Agrargeschäft vom erhofften Treiber zur Bremse. „Die direkten und indirekten Auswirkungen der Pandemie auf das Crop-Science-Geschäft werden tiefgreifender sein als zunächst erwartet“, teilte der Konzern mit. Die Wachstumsaussichten hätten sich deutlich verschlechtert. Die Preise für Saatgut sinken ebenso wie der Verbrauch von Biokraftstoffen. Bayer rechnet vorerst nicht mit einer schnellen Erholung. Hinzu kommen Probleme in Brasilien, wo Bayer einen starken Absatzmarkt hat.