Arbeitsminister Heil: "Wir haben der organisierten Ausbeutung in der Fleischindustrie ein Ende gesetzt."

„Wir haben der organisierten Ausbeutung in der Fleischindustrie ein Ende gesetzt“, erklärt Arbeitsminister Hubertus Heil anlässlich der vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) erfolgten Veröffentlichung der Evaluation der seit 1. Januar 2021 geltenden Neuregelungen in der Fleischwirtschaft, dem Verbot von Leiharbeit und Werkverträgen. Der katholische Pfarrer Peter Kossen vom Verein "Aktion Würde und Gerechtigkeit" sieht insbesondere mit Blick auf die Wohnsituation weiterhin "ausbeuterische Zustände" für die Fleischarbeiterinnen und Fleischarbeiter..

Nach Ansicht des Ministers zeigt die Evaluation, dass die Neuregelungen greifen: Die Werkvertragsarbeitnehmerinnen und -arbeitnehmer wurden in die Stammbelegschaft übernommen, Arbeitsbedingungen und Arbeitsschutz haben sich verbessert. So sei beispielsweise die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall zum Standard geworden und Arbeitszeiten würden korrekt erfasst und abgerechnet. Außerdem könnten Kontrollbehörden die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben nun leichter prüfen.

„Ich freue mich, dass das Arbeitsschutzkontrollgesetz in der Fleischindustrie Wirkung zeigt. Die wissenschaftliche Evaluation verdeutlicht: Wir haben der organisierten Ausbeutung in der Fleischindustrie ein Ende gesetzt. Die Verantwortungslosigkeit machte sich seinerzeit über Werkverträge und Leiharbeit in dieser Branche breit und deshalb war es richtig, beides im Kernbereich von Schlachthöfen zu verbieten. Mit diesem Direktanstellungsgebot und der strengeren Arbeitszeiterfassung haben wir weitreichende Maßnahmen gegen die jahrelangen eklatanten Missstände in der Branche ergriffen und Arbeitsbedingungen konkret verbessert. Die Evaluationsergebnisse verdeutlichen auch, dass die gesetzlichen Neuregelungen in der Fleischindustrie notwendig, geeignet und verhältnismäßig waren. Sie stärken den Arbeitnehmerschutz der oft osteuropäischen Arbeitskräfte, die diese körperlich schwere Arbeit in Deutschlands Schlachthöfen verrichten“, so der Minister.

Kossen: Eindeutig Mietwucher

Weiterhin „ausbeuterische Zustände“ für die Fleischarbeiter hat der katholische Pfarrer Peter Kossen Ende letzten Jahres im Rahmen einer Protestaktion zusammen mit dem Verein "Faire Mobilität" gegen die Wohnsituation der Arbeiterinnen und Arbeiter in der Fleischindustrie kritisiert. Die Wohnungen für die Fleischarbeiter seien mit Menschen vollgestopft und viel zu teuer.

"Die Menschen schlachten und zerlegen viele Stunden am Tag Tiere und oft bekommen sie noch nicht mal den vollen Lohn dafür", berichtet Pfarrer Kossen. "Die Menschen sprechen meist kein Deutsch, sie können sich gar nicht über ihre Rechte informieren und die Fleischfirmen helfen ihnen nicht unbedingt dabei", so die Erfahrung von Peter Kossen in einem Bericht des WDR. Für Deutschkurse hätten sie auch neben ihrer Arbeit kaum Zeit. Außerdem hätten viele Angst vor Gericht zu ziehen, um etwa ihren Lohn einzuklagen, weil sie befürchten, dann ihre Arbeit zu verlieren.

Während der Protestaktion vor einem Mietshaus erklärt ein Fleischarbeiter, dass er 400 Euro für ein Bett in einem Dreibettzimmer bezahlen müsse. "400 Euro für einen Schlafplatz in einem Zimmer mit drei Personen: Das ist eindeutig Mietwucher!", empört sich Pfarrer Peter Kossen. Der Priester aus Lengerich ist nach Jahren des Kampfes auch desillusioniert: "Die Zustände in der Fleischindustrie haben sich ganz bestimmt nicht verbessert", erklärt Kossen laut WDR. Zwar sei jetzt in einigen Jobs Leiharbeit verboten und es müsse der gesetzliche Mindestlohn gezahlt werden, aber das würden sich die Fleischfirmen wieder reinholen über Mieten und andere Abzüge vom Lohn.

20.02.2024
Von: FebL/PM

„Wir haben der organisierten Ausbeutung in der Fleischindustrie ein Ende gesetzt“, erklärt Arbeitsminister Hubertus Heil anlässlich der vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) erfolgten Veröffentlichung der Evaluation der seit 1. Januar 2021 geltenden Neuregelungen in der Fleischwirtschaft. Foto: BMAS/Dominik Butzmann