Aus Sicht der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) entspricht der heute von den Fraktionen der Ampel in den Deutschen Bundestag eingebrachte und mit den Stimmen der Ampel-Fraktionen auch beschlossene Antrag zur Zukunft der Landwirtschaft nicht dem, was den Bäuerinnen und Bauern am Montag in dem Gespräch der Ampel-Fraktionen mit der Vertreter:innen der Landwirtschaftlichen Verbände und von den Fraktionsspitzen anschließend gegenüber der Presse versprochen wurde. Auch der Bundesverband Deutscher Milchviehhalter (BDM) kritisiert den Antrag. Sieben Fragen als Antwort auf die Bauernproteste ist zu wenig und stellt einen Wortbruch gegenüber den Ankündigungen vom Montag dar.
„Bei dem Gespräch am Montag haben die Fraktionsvorsitzenden der Ampel eingestanden, dass es in der Agrarpolitik kein Erkenntnisproblem, sondern ein Umsetzungsproblem gibt. Sie haben außerdem zugesagt, diese Woche Donnerstag einen Antrag in den Bundestag einzubringen, der ein konkretes Maßnahmenpaket umfasst, das bis zum Sommer abgearbeitet wird. Statt der angekündigten Maßnahmen und einem Zeitplan haben die Fraktionen nun einen Antrag vorgelegt, der im Kern einen Fragenkatalog beinhaltet“, erklärt Martin Schulz, Bundesvorsitzender der AbL und Landwirt in Niedersachen. Zentrale agrarpolitische Instrumente wie beispielweise die nationale Ausgestaltung der Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) der EU würden überhaupt nicht angesprochen. „Dieses Vorgehen ist nicht nur ein Wortbruch, der am Montag angekündigten Taten, sondern auch vollkommen ungeeignet, um die aktuellen Proteste zu befrieden und den agrarpolitischen Stillstand zu beenden. Die Fraktionsvorsitzenden müssen ihre Ankündigung ernst nehmen und Agrarpolitik zu einem wichtigen Thema der zweiten Hälfte ihrer Legislaturperiode machen. Die AbL fordert die Ampel deswegen auf, den im Antrag enthaltenen Fragenkatalog durch das angekündigte Maßnahmenpaket zu ersetzen und dieses sofort auf den Weg zu bringen. Die Bäuerinnen und Bauern erwarten Taten und nicht die erneute Bearbeitung von Grundsatzfragen, die in der Borchert- und Zukunftskommission bereits beantwortet und geeint wurden“, so Schulz.
BDM: Am Ende nur Fragen ist ein kleines Armutszeugnis
Deutliche Kritik an dem von den Ampelfraktionen vorgelegten Entschließungsantrag kommt auch vom BDM. „Was wir brauchen, ist ein Gesamtpaket, das einen Maßnahmenkatalog enthält, der sowohl kurzfristige nationale Maßnahmen wie auch strukturelle und damit mittelfristige europäische Initiativen enthält, um die Marktrahmenbedingungen für die Landwirtschaft zu verbessern. Das gibt der jetzt vorliegende Antrag aber nicht her. Auch wenn uns natürlich bewusst ist, dass ein Antrag keine Beschlüsse enthalten kann, weil diese ja erst im Bundestag gefasst werden können, stört uns doch seine defensive Formulierung, die nicht weitreichend genug ist“, erklärt BDM-Vorstandsvorsitzender Karsten Hansen.
„Es ist schon ein kleines Armutszeugnis, wenn am Ende Fragen formuliert werden, die mit diesem Inhalt da nicht stehen dürften, wenn man es ernst damit meint, dass kein Erkenntnismangel, sondern nur ein Handlungsmangel besteht“, ergänzt BDM-Sprecher Hans Foldenauer. „Es zeichnet sich ein erneutes „Nur-Diskutieren“ ab, das der geeinten Vehemenz, mit der die Bauern auf die Straße gegangen sind und auf die sie stolz sein können, nicht gerecht wird.“
„Ein ganz klarer Hinweis geht von unserer Seite auch an die Opposition: Sie muss nicht bei allem „Hurra“ schreien, was jetzt auf den Tisch kommt, aber sie muss ernsthaft und vor allem konstruktiv mitwirken! Jeder Tag, an dem nur gezankt wird, ist ein verlorener Tag! Wir müssen weg vom Aussitzen der Probleme und endlich ernsthaft handeln“, so Foldenauer weiter.
Antrag räumt Tatenlosigkeit der Agrarpolitik ein
„Die landwirtschaftliche Erzeugung ist in den vergangenen Jahren zunehmend Herausforderungen ausgesetzt, auf die die Agrarpolitik selbst nur unzureichend reagierte. Es wurde verpasst, entsprechende Rahmenbedingungen zu schaffen“, heißt es in dem Antrag. Die seit 40 Jahren abnehmende Anzahl landwirtschaftlicher Betriebe habe ihre Ursache in einer jahrzehntelangen verfehlten Agrarpolitik. Die aktuellen Proteste der Landwirtinnen und Landwirte seien auch Ausdruck dieser verfehlten Entwicklungen. Ein „Weiter so“ sei keine Option und es bedürfe eines umfassenden Ansatzes für einen Wandel hin zu einer zukunftsfesten Landwirtschaft.
„Die Empfehlungen der Borchert-Kommission und der Zukunftskommission Landwirtschaft zeigen Wege auf, wie Tierhaltung, Landwirtschaft und unser Umgang mit Ernährung und Lebensmitteln insgesamt zukunftsfester und nachhaltiger werden können“, so der Antrag.
Um die richtigen Maßnahmen für die Zukunft zu ergreifen, sei ein enger Austausch mit den Vertreterinnen und Vertretern der Landwirtschaft sowie der anderen beteiligten Branchen und gesellschaftlichen Gruppen essenziell. Diesen Dialogprozess gelte es, in den nächsten Wochen und Monaten fortzusetzen.
„Der Bundestag hat die Absicht noch im ersten Quartal 2024 konkrete Vorhaben aufzulisten, die der Landwirtschaft Planungssicherheit und Entlastungen geben und bis zum Sommer entsprechende Maßnahmen zu beschließen“, skizziert der Antrag den Zeitplan.
Unter anderem müsse es um die Klärung folgender sieben Fragen gehen, „ im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel“: