Bauernorganisationen sind sich einig - Ministerin Klöckner muss mehr Verantwortung übernehmen

Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner bleibt aus Sicht der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) beim informellen EU-Agrarrat in Koblenz deutlich unter ihren Möglichkeiten und den Notwendigkeiten für eine zukunftsfähige Landwirtschaft. „Ministerin Klöckner hat eine große Verantwortung für die Bäuerinnen und Bauern in Europa, der sie bislang auch in Koblenz nicht nachkommt“, erklärt Georg Janßen, Bundesgeschäftsführer der AbL. „Statt Folklore im Weinberg brauchen Bäuerinnen und Bauern endlich ein klares Bekenntnis zur Beendigung der bisherigen Exportstrategie von Billig-Lebensmitteln sowie ein auskömmliches Einkommen. Nur so kann das massive Höfesterben und die permanente Überschreitung ökologischer Grenzen beendet werden“, so Janßen. Den Aussagen von Ministerin Klöckner in ihren Pressekonferenzen anlässlich des Treffens in Koblenz und dem von ihr vorgelegten Diskussionspapier “fehlt es gleichermaßen an Substanz wie an konkreten Vorschlägen wie die Gelder der Europäischen Agrarpolitik (GAP) zukünftig ökologisch wirksam und für Bäuerinnen und Bauern wirtschaftlich tragfähig eingesetzt werden können. All diese Punkte haben die landwirtschaftlichen Verbände AbL, Bundesverband Deutscher Milchviehhalter (BDM) und LsV in Koblenz gemeinsam und einig vorgetragen“, kommentiert der AbL-Bundesgeschäftsführer. In dem Diskussionspapier mit dem Titel „Lehren aus der Corona-Krise - Resilienz der Land- und Ernährungswirtschaft, Wertschätzung für Landwirtschaft, Lebensmittel und Tiere“ taucht die GAP nur am Rande auf und spielte auch auf der Abschlusskonferenz keine Rolle. Für die Ministerin lautet die wichtigste Botschaft des Treffens: Die EU setzt das Tierwohllabel auf die Agenda. WHES: „Eure Agrarpolitik ist ein einziger Scherbenhaufen“
Eine radikale Wende in der Agrarpolitik hat das „Wir haben es satt“-Bündnis anlässlich des Treffens in Koblenz gefordert. Aus Protest gegen die fehlgeleitete EU-Agrarpolitik kippten Demonstrant*innen einen gewaltigen Scherbenhaufen vor die Tore des EU-Agrargipfels. Während Julia Klöckner mit ihren EU-Amtskolleg*innen in der Koblenzer Rhein-Mosel-Halle über die Zukunft der Landwirtschaft diskutierte, drückte das „Wir haben es satt!“-Bündnis (WHES) seine Ablehnung zur bauernfeindlichen und industriehörigen Agrarpolitik aus: 1500 Weinflaschen zerbrachen bei der Aktion – ein Sinnbild für die kaputte gemeinsame Agrarpolitik der EU (GAP). Höfesterben, Tierfabriken, Umweltprobleme – die Politik schaut sich laut WHES die Krisen in der Landwirtschaft seit Jahren tatenlos an und sorgt mit fehlgeleiteten Subventionen sogar noch für ihre Verschärfung. Eine radikale Wende in der Agrarpolitik – hin zu mehr bäuerlicher und ökologischer Politik – ist für das Bündnis unumgänglich. "Julia Klöckner und ihre Kolleg*innen haben einen Scherbenhaufen in der Agrarpolitik angerichtet. Sie klammern sich an ein System, das Steuergelder im großen Stil an Superreiche, Tierfabriken und Agrarsteppen verteilt. Mit ein bisschen Nachjustieren ist es nicht getan", sagt Saskia Richartz, Sprecherin des „Wir haben es satt!“-Bündnisses. Und Christian Rehmer, Leiter für Agrarpolitik beim Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND), kommentiert: „Ministerin Klöckner kann sich jetzt nur noch mit grundsätzlich neuen Ansätzen für mehr Umwelt-, Klima- und Tierschutz retten. Wenn sie jetzt nicht liefert, lässt sie die Bäuerinnen und Bauern komplett bei den notwendigen Umstrukturierungen allein.“ Ähnlich äußert sich auch AbL-Bundesgeschäftsführer Georg Janßen: „Wir müssen das Höfesterben stoppen. Die Agrarpolitik muss sicherstellen, dass artgerechte Tierhaltung und Klimaschutz deutlich gefördert werden. Die Agrar-Subventionen müssen den Umbau der Landwirtschaft in Europa sozial und umweltgerecht gestalten. Die versammelten Minister*innen dürfen die notwendigen Veränderungen jetzt nicht auf Kosten der nächsten Generationen verschleppen.“ Schon zum Auftakt des EU-Agrargipfels demonstrierten mehr als 1000 Menschen in Koblenz unter dem Motto: „Agrarwende anpacken – Steuergeld nur noch für zukunftsfähige Landwirtschaft!“ Im „Wir haben es satt!“-Bündnis sind Bauern und Bäuerinnen – konventionell wie bio – mit Organisationen aus dem Rest der Gesellschaft zusammengeschlossen. Gemeinsam setzt sich das Bündnis für eine Landwirtschaft ein, in der die Tiere artgerecht gehalten werden, Umwelt und Klima geschützt wird und die Bauern und Bäuerinnen faire Preise für ihre Produkte erhalten.
05.09.2020
Von: FebL/PM

Das "Wir haben es satt"-Bündnis kippte als Symbol für eine verfehlte Agrarpolitik einen Scherbenhaufen vor den Tagungsort des EU-Agrarrats. Foto: WHES