Transatlantische Partnerschaft nicht so

Bundesregierung zelebriert Startschuss während die Zivilgesellschaft demonstriert

Die Kalenderblätter trugen das Datum 14. Juni, als die EU-Handelsminister, wie vorhersehbar, der EU-Kommission das Mandat für die Verhandlungen des Freihandelsabkommens EU und USA erteilten. Rechtzeitig vor dem kurz darauf folgenden G8-Gipfel in Nordirland und dem anschließenden Besuch von US-Präsident Barack Obama in Berlin. Das transatlantische Handels- und Investitionsabkommen (engl. TTIP) wäre dann das größte und umfassendste Handelsabkommen weltweit. Megachlorhühnchen Ein neues gesellschaftliches Bündnis von 22 Organisationen aus den Bereichen Landwirtschaft, Umweltschutz, Entwicklungs- und Handelspolitik hat unter der Federführung der Internetaktivisten Campact anlässlich des angekündigten transatlantischen Verhandlungsauftaktes eine mediale Aktion unweit vom Brandenburger Tor in Berlin organisiert. Mit rund 50 Aktivisten wurde das am Folgetag anstehende Treffen von Obama und Bundeskanzlerin Angela Merkel vorgezeichnet. Umgeben von einem kuhanhängergroßen Chlorhühnchen aus Plastik, einer Frackingspritze und einem trojanischen Pferd, das die Sonderklagerechte für Konzerne in sich trägt, unterhielten sich Obama- und Merkel-Masken über die vermeintlichen Vorzüge eines Freihandelsabkommens. Als Industrievertreter verkleidete Teilnehmer klatschten Beifall. Überflüssig wie Kropf Milchbäuerin Johanna Böse-Hartje vom AbL- Bundesvorstand warnte in ihrer Rede vor den Einbußen einer bäuerlichen und qualitätsorientierten Lebensmittelerzeugung durch solch ein Abkommen. „Unser Ziel ist es, Lebenmittel weitestgehend dort zu produzieren, wo sie gegessen werden. Lebensmittel sind ökologisch, nachhaltig, tier- und menschengerecht zu erzeugen. Und Lebenmsittel müssen für alle Menschen dieser Welt verfügbar sein.“ Peter Fuchs, Geschäftsführer von PowerShift, kritisierte die angedachte Liberalisierung von Investitionsströmen. „Deutschland und die EU wollen Konzernen Sonderrechte geben, mit denen diese vor geheimen Schiedsgerichten gegen gemeinwohlorientierte Politik klagen können. Das passiert dann außerhalb unseres Rechtssystems und ist überflüssig wie ein Kropf.“ Das über solch ein TTIP-Abkommen die eurpoäischen Chemikalien-, Umwelt- und Energiegesetzgebungen aufgeweicht zu werden drohen, machte Claudia Baitinger vom BUND klar. Nicht nur in Deutschland, auch atlantikübergreifend vernetzt sich die Zivilgesellschaft. Jürgen Maier vom Forum Umwelt und Entwicklung berichtet von einem beginnenden Austausch zwischen der europäischen Agrarplattform ARC 2020 und Nichtregierungsorganisationen in den USA. „Auch dort mobilisiert sich der Widerstand“, so Maier. In einem gemeinsamen Brief wenden sich 33 Organisationen aus den USA und der EU, darunter auch die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft, an die Chefunterhändler Michael Froman (USA) und Karel de Gucht (EU) und kritisieren deutlich die geplante Aufweichung der Lebensmittelstandards, die undemokratischen Verhandlungsprozesse und lehnen ein Investor-Staat-Klagerecht ab. SPD uneindeutig Während die Bundesregierung ein transatlantisches Freihandelsabkommen voranpeitscht, zeigt sich die Opposition kritisch. Die Linke fordert die Bundesregierung auf, das Verhandlungsmandat für die EU-Kommission im EU-Rat abzulehnen. Bündnis 90/Die Grünen stellen etwa Kriterien auf für eine transparente Verhandlung und der Beibehaltung der EU-Standards im Umwelt- und Lebensmittelsektor. Die SPD fordert u.a., dass die jeweils höherwertigen Standards des Partnerlandes übernommen werden sollen. Hier zeigt sich die SPD mit kritischer Stimme, aber noch nicht mal eine Woche zuvor hat sie im Bundesrat versäumt, das umstrittene Handelsabkommen der EU mit Zentralamerika zu kippen. Gemeinsam mit den Oppositionsparteien, die geschlossen abgelehnt haben, wäre eine Ablehnung mit den Stimmen der Sozialdemokraten möglich gewesen. Eine wachsende kritische Stimmung liegt in der öffentlichen Luft. Vielleicht veranlasste diese  Landwirtschaftsministerin Aigner jüngst zu einem Schlingerkurs. Zum Thema Klonfleisch zeigte sie in einem prominenten Radiobeitrag zunächst noch Kompromissbereitschaft und forderte lediglich eine Kennzeichnungspflicht. Das hätte in der Umsetzung dann bedeutet, Klonfleisch auf den Tellern und Milch von Klonkühen in den Gläsern wäre möglich. In einem Papier des Bundeslandwirtschaftsministeriums war angedacht, auch Milch von Klontieren der ersten Generation zu kennzeichnen. Nur kurze Zeit nach diesem Interview lehnte Aigner, die Wahlkampf vor allem in Bayern führt, Klonfleisch generell ab. „Es ist keine rote Linie erkennbar“, stellt AbL-Bundesvorsitzender Bernd Voß fest. „Es ist damit zu rechnen, dass Standards abgebaut werden und dann geht es nur noch um Kennzeichnung. Alles steht zur Disposition. Bei allen kritischen Themen gibt es Einfallstore. Es gilt, die Sicherung der Lebensimttel und bäuerlicher Lebensmittelerzeugung zu verteidigen.“ Mehr zu TTIP unter: abl-ev.de/themen/fairer-welthandel
05.07.2013
Von: unabhängige Bauernstimme, Berit Thomsen