AbL: EU-Vietnam-Abkommen völlig falsches Signal

"In Vietnam haben sich die bürgerlichen und politischen Rechte verschlechtert, heißt es 2017 in einer Resolution des damaligen EU-Parlaments. Es ist das völlig falsche Signal, jetzt mit Vietnam ein Freihandelsabkommen abzuschließen. Damit importiert die EU künftig Menschenrechtsverletzungen“, erklärt Berit Thomsen, Expertin für internationale Agrarpolitik bei der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtshaft AbL) anlässlich der Zustimmung des EU-Parlaments zum Freihandelsabkommen zwischen der EU und Vietnam. „Gleichzeitig wird die europäische Agrarexportorientierung zementiert, die nicht automatisch zu mehr Wertschöpfung auf den Höfen führt. Ganz im Gegenteil, allen voran tierhaltende Bauernhöfe sind in einer stark ausgerichteten Exportorientierung einem massiven Preisdruck ausgesetzt. Der anstehende Umbau in der Tierhaltung, die geplante klimaverträgliche Ackerbaustrategie hingegen werden den Betrieben mehr Geld kosten. Es ist Zeit, die europäische Handelsagenda neu auszurichten und soziale und ökologische wirksame Kriterien in den Handel einzuziehen", so Thomsen. Die EU-Abgeordneten stimmten dem Freihandelsabkommen mit 401 Stimmen zu, bei 192 Gegenstimmen und 40 Enthaltungen. In einer begleitenden Entschließung, die mit 416 Ja-Stimmen, bei 187 Nein-Stimmen und 44 Enthaltungen, angenommen wurde, bezeichnen die Abgeordneten den Vertrag als „das modernste, am weitesten reichende und ambitionierteste Abkommen, das jemals zwischen der EU und einem Entwicklungsland geschlossen wurde". Es könne dazu beitragen, strenge Normen und Regeln in der Region zu setzen und den Weg ebnen für ein künftiges interregionales Handels- und Investitionsabkommen zwischen der EU und dem Verband Südostasiatischer Nationen (ASEAN). Das Abkommen sei „ein deutliches Zeichen zugunsten des freien, fairen und wechselseitigen Handels in einer Zeit, in der protektionistische Tendenzen aufkommen und der multilaterale und regelgestützte Handel deutlich infrage gestellt wird", betonten die Befürworter des Abkommens. Kritiker verwiesen insbesondere auf die Menschenrechtssituation in Vietnam, die sich auch während der mehrjährigen Verhandlungen über das Abkommen noch weiter verschlechtert habe. Um den Weg „Wandel durch Annäherung“ zu beschreiten, gebe es auch andere Möglichkeiten als ein Freihandelsabkommen. Sobald auch der Europäische Rat dem Handelsabkommen formell zugestimmt hat und die beiden Gesetzgeber sich gegenseitig mitteilen, dass ihre Verfahren abgeschlossen sind, kann es in Kraft treten. Das zum Freihandelsabkommen gehörende und ebenfalls vom EU-Parlament beschlossene Investitionsschutzabkommen (407 Ja-Stimmen, 188 Gegenstimmen, 53 Enthaltungen) muss vor seinem Inkrafttreten noch von den Parlamenten der EU-Mitgliedstaaten ratifiziert werden.
14.02.2020
Von: FebL

Der jetzige EU-Handelskommissar und frühere EU-Agrarkommissar Phil Hogan warb im EU-Parlament für das EU-Vietnam-Abkommen. Foto: screenshot europarl.europa.eu