Kommentar: Junglandwirt:innen flächendeckend und gerecht fördern!

Es ist schon fast eine paradoxe Situation: Einerseits fehlen vielen Höfen (noch) die Nachfolger:innen und andererseits sind die Ausbildungszahlen in den grünen Berufen sehr hoch. Man sollte also meinen, genug Höfe zum Übernehmen gibt es und auch genug junge Leute, die übernehmen wollen – trotzdem beschleunigt sich das Höfesterben. Wie kann das sein?
Ich bekomme es in meinem Umfeld mit: Es gibt viele, die – ob einzeln, als Paar oder als Gruppe – einen Hof übernehmen wollen, aber vor sehr große Herausforderungen gestellt sind. Neben solchen, die zu jeder Hofübergabe dazugehören, kommen zusätzlich große finanzielle Hürden. Zum einen ist viel Geld nötig, um notwendige Investitionskosten stemmen zu können, zum anderen, um Zugang zu Land zu sichern. Nicht selten steht dadurch die Wirtschaftlichkeit des zu übernehmenden Hofs auf der Kippe.
Politisch hat sich im letzten Jahr einiges getan in Sachen Existenzgründungsförderung. In sechs Bundesländern können Junglandwirt:innen eine konzeptbasierte Prämie zwischen 40.000 und 100.000 Euro beantragen. Das ist auf jeden Fall eine positive Entwicklung! Die AbL hat bei der Einführung dieser Fördermöglichkeiten maßgeblich mitgewirkt. So ist ihr beispielsweise zu verdanken, dass es in fast allen bestehenden Prämienausgestaltungen ein Punktesystem gibt, nach dem die Antragsteller:innen ausgewählt werden. Dadurch werden bei der Vergabe sozial-ökologische Kriterien berücksichtigt und die Chancen von bisher benachteiligten Existenzgründer:innen steigen.

Trotz der Erfolge ist jedoch auch zu konstatieren, dass es in zehn Bundesländern weiterhin keine gesonderte Existenzgründungsförderung gibt und Junglandwirt:innen, die keine kapital- und bodenstarken Betriebe übernehmen können, dort nach wie vor benachteiligt sind. Der Bedarf an Unterstützungsmaßnahmen für Gründungswillige ist aber da! Darin sind sich alle landwirtschaftlichen Jugendverbände einig. Es braucht Anschubfinanzierungen für junge Leute, die in den Startlöchern einer landwirtschaftlichen Existenz stehen, und zwar konzeptbasiert und nicht flächengebunden! Daher müssen alle Bundesländer die Möglichkeiten ausschöpfen. Gelder der zweiten Säule der GAP stehen zur Verfügung, man muss es nur wollen! Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen haben zumindest die Unterstützung von Junglandwirt:innen in den Koalitionsverträgen verankert. Dort müssen den Worten nun aber Taten folgen.
Zusätzlich bedarf es dringend Nachbesserungen in der Ausgestaltung der bestehenden Existenzgründungsprämien. Es muss z. B. auch für Hofgemeinschaften oder Paare, die ihre Betriebe gleichberechtigt leiten wollen, möglich sein, eine Förderung zu bekommen.
Aber selbst wenn flächendeckend Existenzgründungsprämien eingeführt sind, kann dies nur ein Baustein in einer umfassenden Unterstützung von Existenzgründer:innen in der Landwirtschaft sein, die eine Agrarstruktur mit vielen bäuerlichen Betrieben fördert. Ein weiterer Baustein wären Wissensvermittlungen und Beratungsstrukturen für Gründungswillige. Auch müsste der Zugang zu Land vereinfacht bzw. überhaupt ermöglicht werden. So sollten Existenzgründer:innen von der Grunderwerbssteuer befreit werden. Und für Flächen in öffentlicher Hand oder in der Hand der Kirche hat die AbL ein Punktesystem vorgelegt, um im oftmals sich nur am höchsten Pachtgebot orientierenden Bodenmarkt jungen Bäuer:innen faire Chancen einzuräumen.
Und wie wir alle wissen, von allein kommt die Politik nicht ins Handeln. Es liegt an uns, Druck zu machen! Auch dafür fahren am 20. Januar wieder Trecker zur Wir-haben-es-satt-Demo nach Berlin und gehen Junglandwirt:innen auf die Straße. Denn eine sozial gerechte Agrarwende beinhaltet auch den Zugang zu Land und Höfen für junge Leute!