Der schönste Beruf der Welt

Technische Entwicklungen haben den Arbeitsalltag in der Landwirtschaft in den vergangenen 100 Jahren extrem verändert: vom Dreschflegel zum Mähdrescher und vom Pferd zum autonomen Schlepper. Dieser Prozess war begleitet von einem immer schneller werdenden Rückgang der in der Landwirtschaft Tätigen, immer größer werdenden Betrieben, deren Zahl dagegen immer weiter abnahm. Landwirtschaft als den ländlichen Raum und die Dörfer prägendes Lebensmodell, in dem die ganze Familie eingebunden ist, geht immer weiter zurück. 50 Prozent der Betriebe werden im Nebenerwerb geführt, auch Erwerbskombinationen steigen weiter an. Gleichzeitig nimmt die Zahl der Teilzeit- und Fremdkräfte zu. Pacht- und Bodenpreise und der finanzielle Einsatz werden immer höher. Gleichzeitig wird in der Landwirtschaft mehr gearbeitet und weniger verdient als in vielen anderen vergleichbaren Berufen. In der Landwirtschaft haben sich damit nicht nur die technischen Voraussetzungen geändert, unter denen die Menschen arbeiten. Es findet auch ein kontinuierlicher Kulturwandel statt. Trotzdem begreift noch ein Großteil der hier Tätigen Landwirtschaft als eine Lebensaufgabe. Dem selbstbestimmten Arbeiten in der Natur steht der Stress durch wachsende Bürokratie, immer schneller werdende Entwicklungen, fortschreitende Digitalisierung und Fachkräftemangel gegenüber. Bei immer weiter wachsenden Betrieben und zunehmender Technisierung steigen auch die finanzielle Belastung und der Erfolgsdruck.

Der Blick nach Innen

Neben diesen „äußeren“ Anforderungen bringt das Arbeitsfeld Landwirtschaft ganz konkrete Gefährdungen für den einzelnen Menschen mit sich: Lärm, körperliche Belastungen, von Tieren übertragene Krankheiten, Belastungen der Atemluft oder das Klima. Daneben ist auch die persönliche, familiäre Situation betroffen von Erfolg und Misserfolg des Betriebes, strahlt aber ihrerseits auch auf diesen, z. B. auf die Arbeit mit den Tieren, ab. Auch in der landwirtschaftlichen Presse ist die persönliche Situation der in der Landwirtschaft Arbeitenden oft nur nachgestellt thematisiert. Ökonomische und technische Fragestellungen stehen hier in der Regel im Vordergrund. Vor allem die psychischen Herausforderungen, die aus einer „Unersetzbarkeit“ selbst im Krankheitsfall resultieren, sind ein permanentes Thema, ohne dass hierfür befriedigende Lösungen gefunden werden können. Belastend ist auch die oft angespannte finanzielle Situation, die es verhindert, dass durch zusätzliche Arbeitskräfte die aktuelle Arbeitssituation verbessert wird und so auch Urlaubs- oder Krankheitsvertretungen möglich werden, die zuvor in die Betriebsabläufe eingeführt werden müssen. Die Rentenansprüche im derzeitigen System bleiben trotz langer Zugehörigkeit vergleichsweise gering. Allerdings stehen mit dem Betrieb und seinen Flächen in der Regel erhebliche Werte zur Verfügung. Diese für die Altenteiler bei einer Hofübergabe, ob inner- oder außerfamiliär, nutzbar zu machen, ist allerdings schwierig, da die Neueinsteiger in der Regel nicht über die finanziellen Möglichkeiten verfügen. Ein Verkauf an außerlandwirtschaftliche Investoren brächte finanzielle Unabhängigkeit, würde aber zu einem Ausverkauf der Betriebe führen. Arbeitsplätze in der Landwirtschaft sind trotz hohem Arbeitseinsatz, besonderer psychischer, sozialer und körperlicher Belastungen mit über 600.000 Euro (Maschinen und Gebäude ohne Flächen) mit die teuersten.mn

Die Inhalte und Aussagen dieses Textes beruhen ganz wesentlich auf den Ergebnissen des Workshops „Gute Arbeit in der Landwirtschaft“ des Agrarbündnisses.