Konkret fordern AbL, BUND und vzbv neben der stärkeren einkommenswirksamen Verknüpfung der Agrarzahlungen mit Umwelt-, Tier- und Klimaschutzstandards kluge Instrumente gegen die Überschussproduktion und den damit verbundenen Preisdruck, insbesondere bei Milch und Fleisch. Aktuell bekommen Landwirt*innen für ihre Milch zum Teil knapp 30 Cent je Liter – das liegt unter den Erzeugungskosten. Dadurch fehlen ihnen finanzielle Spielräume für den dringend benötigten Umbau zu mehr Klima- und Insektenschutz sowie mehr Tierwohl.
„Die Erzeuger*innenpreise sind auf einem ruinösen Niveau, nicht nur für die Milchbetriebe, sondern auch für andere tierhaltende Betriebe. Die Agrarminister*innen der Länder und Bundesministerin Julia Klöckner haben immer wieder betont, wie wichtig ihnen faire Preise auf den Höfen sind. Diese Worte können sie jetzt in Taten umsetzen“, sagt die AbL-Bundesvorsitzende Elisabeth Fresen: „Das EU-Parlament hat mit seinem Vorschlag zur Mengendisziplin aufgezeigt, wie Überschüsse und damit der Preisdruck bei Milch und anderen landwirtschaftlichen Produkten vermieden werden können. Dieser Vorschlag leitet einen Systemwechsel hin zu einer bedarfsgerechten Milcherzeugung auf europäischer Ebene ein und Deutschland muss diese Position in der GAP unterstützen.“
„Acht von zehn Verbraucher*innen denken, dass die Landwirt*innen aktuell keinen fairen Preis erhalten. Hier ist die Politik gefordert. Sie muss den ruinösen Preiskampf um immer günstigere Lebensmittel begrenzen und stattdessen einen echten Qualitäts- und Nachhaltigkeitswettbewerb ermöglichen. Die Mehrheit der Verbraucher*innen wünscht sich mehr Tierwohl und Umweltschutz in der Landwirtschaft“, sagt Klaus Müller, Vorstand des Verbraucherzentrale Bundesverbandes.
„Die Exportorientierung der Agrarpolitik und die damit verbundene Überschussproduktion führt für den Umweltschutz in eine Sackgasse. Der Preisdruck treibt die Kühe zunehmend von der Weide in den Stall und wir importieren klimaschädliches Soja aus Übersee für Tierfutter“, sagt Olaf Bandt, Vorsitzender des BUND. „Die Milchmenge muss an den europäischen Bedarf angepasst werden, damit preissenkende Überschüsse vermieden werden. Dann haben auch die Betriebe mehr Möglichkeiten für eine regionale Erzeugung, für eine klimaverträgliche Weidehaltung und Fütterung sowie für eine artgerechte Tierhaltung.“
Hintergrund:
Aktuell werden auf europäischer und nationaler Ebene die Weichen für die Zukunft der Landwirtschaft gestellt. In den Verhandlungen über die Gemeinsame Agrarpolitik geht es nicht nur darum, wie die milliardenschweren Agrarzahlungen verteilt werden und ob ihre Auszahlung künftig deutlich stärker an Umwelt-, Klima- oder Tierschutzstandards geknüpft sind, so dass mit den Geldern der GAP diese Leistungen auf den Betrieben auch einkommenswirksam entlohnt werden. Verhandelt wird im Rahmen der Gemeinsamen Marktordnung (GMO) auch, mit welchen Maßnahmen die Politik reagieren kann, wenn es aufgrund von Krisen oder starker Überproduktion zu enormen Preisschwankungen für landwirtschaftliche Produkte kommt.
Das Europäische Parlament hat in die Verhandlungen das Instrument der freiwilligen Mengenreduzierung eingebracht, das im Krisenfall EU-weit ausgelöst wird. Reicht das nicht aus, folgt als nächster Schritt eine zeitlich begrenzte Deckelung der Produktion. Zudem sollen ein Frühwarnmechanismus sowie ein Monitoring- und Managementsystem für Marktstörungen etabliert werden. Bei keinem dieser Instrumente, auch nicht bei der zeitlich begrenzten Deckelung der Produktion, handelt es sich um die Wiedereinführung der Milchquotenregelung. Es sind vielmehr Marktkriseninstrumente, um teure Überschüsse und hohe Einkommensverluste zu vermeiden. Die Instrumente der Mengenreduzierung werden in Krisenzeiten genutzt und nach einer Markt- und Preiserholung wieder ausgesetzt – während die Milchquote eine permanente Milchmengenbegrenzung war.
Links:
Nachhaltige Lebensmittelproduktion: Wirtschaft in die Pflicht nehmen | VZBV
Vorschlag des Europäischen Parlaments zur Marktordnung in der GAP