Milchpreis: 15,71 ct/kg fehlen zur Kostendeckung

Den Milcherzeugerinnen und -erzeugern fehlen über 15 Cent pro Kilogramm Milch, um die Kosten der Produktion zu decken. Laut der vierteljährlich aktualisierten Kostenstudie des Büros für Agrarsoziologie und Landwirtschaft (BAL) sind die Milcherzeugungskosten – mit aktuellem Stand Juli 2020 –weiter gestiegen, während für den gleichen Zeitraum der durchschnittliche Auszahlungspreis gesunken ist. Im Vergleich zu Januar 2020 gingen die Produktionskosten um über einen Cent nach oben und betrugen im Juli 46,95 ct/kg. Der Milchpreis sank um genau zwei Cent und lag Mitte 2020 bei nur 31,24 ct/kg. Die aktuellen Ergebnisse zeigen eine deutliche Unterdeckung von 33 %. Elmar Hannen, Milcherzeuger in Kleve/Nordrhein-Westfalen sowie Vorstandsmitglied beim Bundesverband Deutscher Milchviehhalter (BDM) und beim European Milk Board (EMB)-Vorstandsmitglied, fasst die Situation im deutschen Milchsektor zusammen: „Im ersten Jahr nach der Sektorstrategie von Bauernverband, Milchindustrie-Verband (MIV) und Deutschem Raiffeisenverband (DRV) lässt sich keinerlei Besserung am Milchmarkt erkennen. Die Stellung der Erzeuger hat sich eher verschlechtert. Die Kosten sind für den Erzeuger durch höhere Anforderungen und durch die Dürre zusätzlich gestiegen. Diese Erhöhung kann nicht weitergegeben werden und wird somit komplett vom Erzeuger getragen. Die bisher schon bestehende Kostenunterdeckung wird somit weiter erhöht. Ohne Kriseninstrumente kommen wir aus der Situation nicht heraus und werden weiter Betriebe verlieren.“ Laut BDM bedarf es daher dringend einer eigenen Branchenorganisation Milch. MEG Milch Board: Traditionelle Milchproduktion in der Sackgasse
Für Frank Lenz, den Vorstandsvorsitzenden der Milcherzeugergemeinschaft Milch Board (MEG Milch Board), steht vor dem Hintergrund der jüngsten Zahlen fest: Die traditionelle Milchproduktion steckt in einer Sackgasse. Das sei auch schon länger bekannt, mittlerweile werde aber die massive Mauer am Ende des Weges immer deutlicher sichtbar. Und das Prekäre daran: Sie sei mit den üblichen Mitteln nicht zu überwinden. „Wir produzieren immer mehr Milch in einen Markt hinein, der - was den Binnenmarkt anbelangt- gesättigt bis rückläufig ist und über den Weltmarkt mit qualitativ minderwertigen Produkten (Pulver, Blockkäse) eine viel zu niedrige Wertschöpfung abwirft. Unsere Geschäftspartner haben das schon längst erkannt und investieren in den Aufbau neuer Geschäftsmodelle, die ohne Kuhmilch auskommen. Die Milchproduzenten/innen hingegen versucht man mit Tierwohlauflagen ‚fit für den Markt‘ zu machen. Es ist mehr denn je an der Zeit, dass wir Milchbäuerinnen und Milchbauern uns auf den Weg machen und selbst formulieren, wie wir in Zukunft Milch produzieren können, um damit am Markt Preise zu erzielen, von denen wir leben und unsere Betriebe entwickeln können“, erklärt Lenz. Viele Direktvermarkter zeigten, welche Modelle tragfähig seien. „Nun können wir nicht alle direkt vermarkten, wir können diese Beispiele aber nehmen, um Lösungen zu entwickeln, die es auch anderen Milcherzeuger/innen ermöglichen, an einer tragfähigen Vermarktung teilzuhaben“, so Lenz, der fortfährt: „Weiterhin müssen wir Milcherzeuger/innen uns positionieren und einen Preis für unser Produkt bestimmen. Dieser berücksichtigt selbstverständlich alle anfallenden Kosten. Und schließlich brauchen wir Verbündete, die unsere Vorstellungen von Milchproduktion, Naturschutz und sozialem Engagement teilen. Dass es diese Verbündeten gibt, zeigen die Direktvermarkter und auch die eigenen Erfahrungen aus den Gesprächen mit den Menschen, die unsere Höfe besuchen. Dieser Weg gibt uns ein Selbstwertgefühl und bringt uns aus der Ohnmacht und Abhängigkeit.“ Ganz unabhängig davon ist Lenz überzeugt, dass es ohne ein konkretes Mengenmanagement keine nachhaltige Erholung am Milchmarkt geben kann. „Dies müssten eigentlich alle Verantwortlichen in den Bereichen Erzeugung, Verarbeitung und Politik erkennen und gemeinsame Schritte einleiten. Der einzige Ansatz, der diesbezüglich auf dem Tisch liegt, ist die RoadMap Milch und Markt der MEG Milch Board. Verpflichtende Verträge bieten die Möglichkeit, die Produktion der Nachfrage sowie den Anforderungen des Marktes und der Gesellschaft anzupassen“, so der Vorstandsvorsitzende der Milcherzeugergemeinschaft. Hintergrund
Für die Studie „Was kostet die Erzeugung von Milch?“ hat das Büro für Agrarsoziologie und Landwirtschaft (BAL) 2012 im Auftrag des European Milk Board und der MEG Milch Board erstmals die Milcherzeugungskosten in Deutschland flächendeckend berechnet. Die Kalkulation basiert auf Daten des Informationsnetzes landwirtschaftlicher Buchführungen der EU (INLB) sowie des Statistischen Bundesamtes (Destatis) und wird seit 2014 vierteljährlich aktualisiert. Das Datenblatt mit den aktuellen Zahlen zum Nachlesen hier.
17.10.2020
Von: FebL/PM

Quelle: EMB