Seit vergangenem Freitagabend sind die zivilgesellschaftlichen Verbände vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) aufgefordert, zu den Gesetzentwürfen der Gemeinsamen Europäischen Agrarpolitik (GAP) in der kommenden Förderperiode ab 2023 Stellung zu nehmen. Die hierfür vom BMEL festgesetzte Frist (bis 11.03.) ist außergewöhnlich sowie unangemessen kurz und macht eine solide Bewertung aus Sicht der AbL nahezu unmöglich. Zudem wird der vorgeschriebene Entwicklungs-Prozess für die Aufstellung des Nationalen GAP-Strategieplans durch die Gesetzentwürfe konterkariert, da u.a. die vorgeschriebenen Folgenabschätzungen wie die ex-ante Evaluierungen sowie die Strategische Umweltprüfung sich aktuell noch in Bearbeitung befinden. Ihren Ergebnissen wir somit unnötig vorgegriffen. Phillip Brändle, Referent der AbL für Agrarpolitik, kritisiert:
„Die Tatsache, dass das BMEL dem Berufsstand und allen weiteren von der GAP betroffenen Gruppen weniger als eine Woche Zeit gibt, um die Ausgestaltung des wichtigsten Steuerungsinstruments für die Landwirtschaft und Agrarpolitik der Zukunft zu bewerten und ggf. durch eigene konstruktive Vorschläge anzureichern, ist respekt- und verantwortungslos. Die GAP und der Nationale Strategieplan sind ein Gesamtpaket und müssen auch als solches ganzheitlich betrachtet und durch entsprechende Folgenabschätzungen bewertet werden, bevor sie gesetzlich verankert werden. Insbesondere die Entwicklung der Grünen Architektur in der GAP bedarf eines plausiblen Vorgehens und eines versierten Architekten. Alles andere ist Flickwerk.“
Brändle verweist zudem auf den langen Vorlauf, welchen das BMEL aus seiner Sicht zur Erarbeitung der Gesetzentwürfe hatte:
„Bereits Mitte 2018 hatte die EU-Kommission ihre Vorschläge für die kommende Förderperiode vorgelegt. Bis Ende 2021 muss die Bundesregierung den deutschen GAP-Strategieplan bei der EU-Kommission einreichen. Bei ausreichendem Willen wäre genug Zeit gewesen, die konstruktiven Vorschläge vieler Verbände z.B. zur Umsetzung eines Punktesystems zur einkommenswirksamen Honorierung von Gemeinwohlleistungen angemessen zu berücksichtigen. Dass das BMEL die Reform der GAP in Deutschland nun mit dem Verweis aus Zeitmangel scheinbar ohne Rücksicht auf Verluste und fernab des vorgeschriebene Strategieplanprozesses sowie daraus erwachsener neuer Erkenntnisse einfach durchzuziehen scheint, wird den drängenden Herausforderungen auf vielen landwirtschaftlichen Betrieben nicht gerecht und ignoriert nahezu die Rolle und Verantwortung der zivilgesellschaftlichen Verbände.“
Hintergrundinformationen und Links: Bereits in der von der EU-Kommission vorgesehenen Verbändebeteiligung zur Erstellung des nationalen GAP-Strategieplans hatte ein breiter Zusammenschluss von Verbänden, die aus ihrer Sicht mangelnde Berücksichtigung ihrer Vorschläge sowie offenkundiger wissenschaftlicher Erkenntnisse mehrfach und im Detail kritisiert. Siehe: