Gemeinsam etwas bewegen

Kommentar

Die Molkereien haben die Auszahlungspreise an die Bauern gerade ein weiteres Mal abgesenkt, und sie machen uns keine Hoffnung auf eine baldige Besserung der Lage. Der Lebensmitteleinzelhandel nutzt den Mengendruck und seine starke Marktposition knallhart, um seine Kunden mit gesenkten  Produktpreisen zu locken, und im Export zeigt sich, dass der Absatz stabil bleibt, wenn die erzielten Preise nur niedrig genug ausfallen. Wir erzeugen mehr Milch, als zu vertretbaren Preisen nachgefragt wird. Dieses Überangebot macht die Milchpreise und damit die Betriebe kaputt, also müssen wir runter vom Überschuss. Viele Betriebe stehen mit dem Rücken zur Wand. Mittlerweile zeigen Gespräche bei den Versammlungen und Aktionen von Milcherzeugern deutlich, dass immer mehr Kollegen bereit sind, ihre eigene Milcherzeugung beispielsweise durch verringerte Kraftfuttergaben jeweils um einige Prozent zu reduzieren, wenn die Kollegen bundesweit und EU-weit mitziehen. Der einzelne ist jedoch insgesamt gesehen machtlos. Es braucht eine übergeordnete Koordinierung. Da ist Bundesminister Schmidt gefragt, endlich aktiv zu werden und sich auf europäischer Ebene für einen geeigneten Rahmen einzusetzen. Ganz akut sollte unter Einsatz der von Milchviehbetrieben in diesem Sommer letztmalig erhobenen „Superabgaben“ ein Bonus ausgeschrieben werden für Betriebe, die ihre Milcherzeugung kurzfristig und befristet um einige Prozent reduzieren.
Und die Handelsriesen Aldi, Edeka, Lidl und Rewe müssen dringend die Preise anheben - und zwar verbunden mit der Forderung nach einer Selbstverpflichtung der Milch- und  auch der  Fleischverarbeiter, zum Überschussabbau aktiv beizutragen. Denn so wird gewährleistet, dass die höheren Preise bei den Bauern ankommen, und nicht stattdessen die Billigexporte der Ernährungsindustrie von den Verbrauchern mitfinanziert werden, während die Bauern weiter das Nachsehen haben. Es wird immer wieder deutlich: Nur die Bauern selbst haben ein Interesse an einem hohen Milcherzeugerpreis. Darum müssen wir aktiv und solidarisch miteinander für unsere Interessen streiten. Dass das geht, beweist die sehr gute Beteiligung an den Auftaktveranstaltungen der Staffelfahrt. Wir müssen aus der Vereinzelung und von den Höfen auf die Straße; die Unterstützung der Menschen ist uns sicher, das zeigen die vielen positiven Reaktionen von Passanten. Bauern und Verbraucher gemeinsam können etwas bewegen.
31.08.2015
Von: Ottmar Ilchmann,ostfriesischer Milchbauer und stellvertretender AbL-Vorsitzende