Schmidt zuckt – mehr nicht

Zu Gentechnik-Anbauverboten legt BMEL überarbeiteten Gesetzentwurf vor

Zur Umsetzung der von der EU stark erweiterten Möglichkeiten, auf nationaler Ebene Anbauverbote für gentechnisch veränderte Pflanzen zu erlassen, veröffentlichte Anfang Juni das Bundesumweltministerium zwei Rechtsgutachten, die es zusammen mit dem Bundesamt für Naturschutz (BfN) in Auftrag gegeben hatte. BfN-Präsidentin Prof. Beate Jessel stellte die Ergebnisse in einer Anhörung im Bundestag vor: „Das Ziel, ein vollständiges Anbauverbot und ein einheitliches Schutzniveau gegen Risiken und schädliche Aus­wirkungen von GVO in ganz Deutschland durchzusetzen, lässt sich formal und inhaltlich konsequent nur durch eine bundeseinheitliche Regelung verwirklichen.“ Eine konsis­tente Be­gründung sei not­wen­dig, da ansonsten unterschiedliche Gründe für Anbau­ver­bo­te auf Landesebene gegeneinander ausgespielt werden könnten. Auch aus Effizienzgründen sei eine einzige konsistente Regelung besser geeignet als sechzehn verschiedene Landesregelungen. Bundeslandwirtschaftsminister Schmidt reagierte und gab – auch Anfang Juni – einen überar­bei­teten zweiten Entwurf zur Änderung des Gentechnikgesetzes in die Ressortabstimmung. Die AbL bezeichnete den Entwurf als inakzeptabel, da es „für den Bund nur eine unverbind­liche Möglichkeit“ gebe, auch zu verbieten. Vorrang für Verbote sollen weiter die Bundesländer haben. Auch Bundesumweltminis­terin Hendricks und die SPD äußerten Ablehnung und geben nationalen Verboten weiterhin den Vorzug. Die sechs Grünen-Länderagrarminister veröffentlichten ein weiteres Rechtsgutachten und forderten bundeseinheitliche und durch den Bund umgesetzte Verbotsregelungen. Eine AbL-Analyse zeigt, dass der zweite BMEL-Gesetzentwurf weiterhin zu einem Anbauflickenteppich führen würde. Zwar kann nun auch der Bund Anbauverbote erlassen – allerdings darf er dies nur nach er­teil­ter europaweiter Anbauzulassung (Phase zwei). Anbaueinschränkungen während des Zulassungspro­zesses zu erbitten (Phase eins), soll dagegen nach dem Gesetzentwurf weiterhin nur den Bundesländern erlaubt sein. Aber auch in Phase zwei wird der Bund im Gesetzestext lediglich in einem isolierten, nachrangigen Absatz erwähnt. Den Bun­des­ländern will Schmidt weiter die vorrangige Zuständigkeit zuschieben. Zudem gibt es weder klare Verantwortlichkeiten zwischen Bund und Län­dern noch eine Verpflichtung, tätig zu werden, und auch kein Kon­trollgre­mium. Chaos im Zuständig­keitsdickicht der Regelung ist vorprogrammiert und einem Flicken­tep­pich von unter­schied­lichen Regelungen im Bundesgebiet würde damit weiter Vorschub geleistet. Da­mit wird die von Minister Schmidt postulierte Rechtssicherheit gerade konter­ka­riert. Neu ist im Gesetzentwurf die Einrichtung eines „Anbauausschusses“ aus 20 Mitgliedern. Er soll darlegen, inwieweit Verbotsgründe vor­liegen und eine Emp­fehlung an die Bundes- und Landesbehörden abgeben. Diese Emp­fehlungen, die bei Unstim­mig­keiten durch weitere Stellungnahmen der Aus­schussmitglieder ergänzt werden kön­nen, müssen jedoch nicht umgesetzt werden. Das könnte ein Ein­falls­tor für mögliche Klagen sein. Ein Austausch zwischen Bund und Ländern zu dieser Thematik ist sinnvoll, ist aber bereits im Gentechnikgesetz vorgesehen und auch Praxis. Diese Wege sind zu optimieren, so dass mögliche Gründe für bundeseinheitliche Verbote zusammengestellt und diese dann von der Bundesregierung erteilt werden. Minister Schmidt kann sich bei seinem Handeln des Rückhalts von Bundeskanzlerin Merkel und der gentech­nik­freundlichen Forschungsministerin Wanka gewiss sein. Mit diesem Rückenwind verteidigt er seinen Gesetzentwurf. Bund und Länder hätten eine „gemeinsame wich­ti­ge Gestaltungsaufgabe“. Die Grünen-Länderagrarminister würden mit ihrem Vorstoß den Eindruck erwecken, dass sie sich aus der Verantwortung ziehen wollen. Aus Sicht der AbL ist es dagegen verantwortungsvoll, alles daran zu setzen, die gentechnikfreie Land- und Lebensmittelwirtschaft und den Schutz der Umwelt sicherzustellen. Dies gelingt nur mit bundeseinheitlichen Verboten in Verantwortung der Bundesregierung unter Einbeziehung der Länder. Die AbL erwartet einen konsequenteren Gesetzentwurf.
07.07.2015
Von: Annemarie Volling
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