Markushofgemeinschaft

Eine Solidarische Landwirtschaft vor den Toren Heidelbergs

Maisbach, ein kleines Dorf im Kraichgau, Mittelgebirgslage mit leichten bis mittleren Lößböden. Auch in dieser Region haben in den letzten Jahrzehnten die meisten Bauernhöfe ihre Hoftore geschlossen. Hier ist der Markushof zu Hause, der seit mehreren Generationen von der Familie Schmutz bewirtschaftet wird. Mit rund 50 Hektar und 45 Milchkühen stand auch er lange vor der Frage Wachsen oder Weichen. Von den fünf Kindern wollte nur einer den Hof übernehmen. Markus Schmutz pachtete zuerst den Betrieb seiner Eltern, 1994 konnte er ihn dann ganz übernehmen. Bis dato war der Hof auf Milchvieh und Getreide spezialisiert, doch auch mit der Umstellung auf ökologische Erzeugung war der Betrieb in dieser Größenordnung auf Dauer nicht tragfähig. Sich gemeinsam für nachhaltige, solidarische Landwirtschaft einsetzen und ökologische Lebensmittel aus der Region beziehen – dies war der treibende Gedanke einer Gruppe von Menschen aus Heidelberg, der im Frühjahr 2011 mit zur Gründung der Initiative für eine Solidarische Landwirtschaft beigetragen hat. Aus der überschaubaren Gruppe der Anfangszeit ist mittlerweile eine Solidargemeinschaft von 176 Mitgliedern geworden. In der Solidarischen Landwirtschaft (Solawi) schließen sich Verbraucher direkt mit dem Erzeuger zusammen, um Lebensmittel ökologisch, regional, saisonal und in hoher Qualität zu produzieren. Die Gruppe verwaltet, organisiert und finanziert eigenverantwortlich zusammen mit den Landwirten den landwirtschaftlichen Betrieb und die Lieferlogistik. Durch die ertragsunabhängige Finanzierung und die Abnahme der gesamten Ernte (auch krummes oder angeschlagenes Obst und Gemüse) werden Überproduktion und Verschwendung vermieden, durch den regionalen und saisonalen Konsum Energieverbrauch für Transporte und Ausbeutung von Natur und Mitarbeitern landwirtschaftlicher Intensivbetriebe in anderen Ländern verhindert. Auf der Suche nach Erzeugern schaltete die Initiative in Heidelberg Anzeigen in regionalen Zeitungen und lud zu Informationsveranstaltungen ein. Ein Mitarbeiter von Markus Schmutz meldete sich und zeigte Interesse für das Thema. Vom ersten Treffen bis zur Gründung der Markushofgemeinschaft verging ein halbes Jahr. Viel Überzeugungs- und Abstimmungsarbeit war nötig, um dem Landwirt seine anfänglichen Zweifel zu nehmen. Zunächst wollte Markus Schmutz nur die Hälfte des Betriebes für Solawi zur Verfügung stellen, doch bald schon konnte der gesamte Betrieb von der Markushofgemeinschaft getragen werden. Die Markushofgemeinschaft Der Markushof liegt 15 km von Heidelberg entfernt. Mit seinen etwa 50 Hektar Fläche kann er bis zu 180 Mitglieder versorgen. Neben etwa 30 verschiedenen Gemüsesorten und Rohmilch produziert der Hof Getreide in Form von Körnern, Mehl, Brot und Nudeln sowie Fleisch und Käse. Von den Streuobstwiesen kommen noch Äpfel und selbst gepresster Apfelsaft hinzu. Die Finanzierung wird über monatliche Beiträge gewährleistet, die einmal jährlich für das neue Haushaltsjahr berechnet und ausgerufen werden. Ganz im Sinne der Solidarität verstehen sich die Beiträge immer als Richtwert und sind nach oben und unten anpassbar. Nach Möglichkeit soll jedem unabhängig von seinen finanziellen Möglichkeiten eine Teilnahme ermöglicht werden. Das Fleisch des Markushofes wird durch eine nahe gelegene Metzgerei verarbeitet, das Brot wird von einer Bäckerei in Wiesloch gebacken und diese stellt auch Nudeln aus eigenem Dinkel her. Die Mitglieder erhalten über‘s Jahr verteilt über 30 verschiedene Gemüsesorten sowie wöchentlich ca.1,5 Liter Milch. Alle vier Wochen wird die hofeigene Milch in der Käsemanufaktur Müller in Hockenheim zu Käse verarbeitet. Von der kleinen Apfelplantage bekommt die Markushofgemeinschaft Äpfel und selbst gepressten Apfelsaft je nach Ernte. Die Verteilung der Erzeugnisse erfolgt in 12 privat organisierten Depots in und um Heidelberg. Das Ganze funktioniert nur durch die freiwillige Mitarbeit der Mitglieder. Alle administrativen und organisatorischen Arbeiten, die Verteilung der Lebensmittel und die notwendige Mithilfe auf dem Acker werden von den Mitgliedern erbracht. Es wird von ca. 12 Stunden Mitarbeit im Jahr für jedes Mitglied ausgegangen. Diese Mitarbeit bietet die Möglichkeit, alle Prozesse der Lebensmittelerzeugung vom Pflanzen über‘s Unkraut jäten bis zur Ernte und Verteilung der Lebensmittel kennen zu lernen und aktiv mit zu gestalten. In verschiedenen Arbeitsgruppen werden in engem Austausch mit dem Hof einzelne Themen des Projektes behandelt, wie die Finanzen, der Gemüseanbau und Fragen der Kommunikation. Die Trennung von Produktion und Konsum wird überwunden: ein Grundsatz der Solidarischen Landwirtschaft. Die Beziehung zwischen dem Hof und der Gemeinschaft sowie innerhalb der Gemeinschaft beruht auf Vertrauen und nicht auf Verträgen. Jedes Mitglied übernimmt für sich die Verantwortung, den Hof und die Gemeinschaft zu unterstützen. Als eine schwere Operation den Landwirt für längere Zeit von seiner Arbeit fern hielt, konnte die Markushofgemeinschaft sich auch in einer Krisensituation bewähren:
09.06.2015
Von: Stephanie Wild, Solidarische Landwirtschaft e.V.