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Europäische Lebensmittelhändler boykottieren brasilianisches Fleisch ++ Frankreich und China setzen Regionalisierung bei ASP um ++ EU-Schweinefleischexport seit Sommer eingebrochen ++ Milch weiterhin knapp am Markt

Europäische Lebensmittelhändler boykottieren brasilianisches Fleisch
Mehrere europäische Handelsunternehmen, darunter Albert Heijn und Lidl aus den Niederlanden, Delhaize und Carrefour Belgien, Sainsbury's aus England und die Auchan-Gruppe aus Frankreich, haben sich verpflichtet, ab 2022 kein Rindfleisch bzw. keine bestimmten Rindfleischteile aus Brasilien mehr zu verkaufen. Sie protestieren damit gegen die illegale Abholzung des Regenwaldes im Amazonasgebiet. Die Verpflichtungen variieren laut einem Bericht der Lebensmittelzeitung von Unternehmen zu Unternehmen. So wollen Lidl und Albert Heijn ab 2022 kein Fleisch aus Südamerika mehr verkaufen, Delhaize und Carrefour Belgien werden keine Salzsnacks und andere Produkte unter der Marke Jack Links im Angebot haben, während Sainsbury's die Beschaffung von Corned Beef aus Brasilien einstellen will.
Anlass dieser Auslistungen sind Untersuchungen vom Netzwerk Repórter Brasil und der 1975 gegen den Vietnamkrieg gegründeten Umweltorganisation Mighty Earth, die den Weg des Fleisches aus so genannten "schmutzigen" Schlachtbetrieben bis in die Supermarktregale Europas verfolgt haben. Die Ergebnisse wurden vorab den Händlern vorgestellt, so Mighty Earth in einer Mitteilung. Dies habe zu den Ankündigungen geführt. JBS am Pranger
Besonders im Fokus von Mighty Earth steht neben den globalen US-Getreide- und Sojamultis Cargill und Bunge der weltweit größte Rindfleischanbieter JBS, der allein in Brasilien täglich rund 35.000 Rinder schlachtet. Schmutzige Schlachtbetriebe werden Betriebe genannt, die ein System der „Rinderwäsche“ organisieren. Dabei umgehen Großfarmen ein Vermarktungsverbot ihrer Rinder, zu dem sie selbst nach dem laschen brasilianischen Recht wegen illegaler Brandrodungen und Zerstörung von Schutzgebieten verurteilt wurden. JBS verarbeitet die Tiere in seinen Schlachthöfen in Gebieten mit geringer Entwaldung, was erlaubt ist. Das Fleisch stammt aber von Rindern aus sanktionierten Farmen des Regenwaldes, die mit einem Embargo belegt sind. Die Rinder werden kurzzeitig vor der Schlachtung auf Farmen in Regionen ohne Entwaldung gebracht, was ihnen eine „saubere Herkunft“ verleiht. JBS gibt sich unschuldig. Man dulde keine Abholzung, Zwangsarbeit oder Missbrauch von Naturschutzgebieten. Aber die 77.000 Lieferanten seien schwer zu kontrollieren. Bis 2025 wolle man ein Kontrollsystem etablieren. Albert Heijn macht den Anführer
Mighty Earth gewann den niederländisch-belgischen Lebensmittelkonzern Ahold-Delaize für eine „konkrete kommerzielle Maßnahme“, wie ihr Europadirektor Nico Muzi es nannte. Albert Heijn, Marktführer im Oranje- Land, sagte zu, für seine über 1000 Filialen kein brasilianisches Rindfleisch einzukaufen. Lidl Niederlande schloss sich sofort an und verzichtet ab Januar 2022 sogar vollständig auf Rindfleisch aus Südamerika.
Frankreich und China setzen Regionalisierung bei ASP um
Was der „alten“ GroKo-Regierung seit einem Jahr nicht gelungen ist, hat Frankreich nun erreicht. Im Falle eines Ausbrauchs der Afrikanischen Schweinepest (ASP) können französische Exporteure weiterhin Schweinefleisch aus nicht betroffenen Regionen nach China ausführen. Dafür hätten sich nach Angaben der Pariser Regierung Ministerpräsident Macron und andere Minister „seit Monaten“ eingesetzt und jetzt Erfolg gehabt. Es handele sich um die erste Regionalisierungsvereinbarung, die China mit einem EU-Land unterzeichnet habe. Sie solle auch als Blaupause für weitere Abkommen mit anderen Sektoren und Ländern dienen. Auch Frankreich exportiert fast 30% seiner Schweinefleischausfuhren nach China. Natürlich reagierten deutsche Fleischorganisationen umgehend auf die Nachricht. Mehrere Vereinigungen forderten die Ampelregierung auf, sich an Frankreich ein Beispiel zu nehmen und die Verhandlungen zur Chefsache zu erklären. Sie wiederholten ihre Kritik, dass es nicht zu verstehen sei, dass die Merkel-Regierung und Ministerin Klöckner die Gespräche ihren Staatssekretären überlassen haben. EU-Schweinefleischexport seit Sommer eingebrochen
Zwar lagen die Schweinefleischausfuhren in den ersten neun Monaten noch leicht über Vorjahr, aber seit dem Sommer brechen sie regelecht ein. Im September lagen sie um 26% niedriger als im Vorjahresmonat und um 9,4% unter August 2021. Grund für dieses deutliche Minus der Gesamtausfuhren im September sind die um 47% rückläufigen Ausfuhren nach China und um 82% geringeren Lieferungen in das Vereinigte Königreich, dem wichtigsten und dem zweitwichtigsten Abnehmer für europäisches Schweinefleisch. Diese Rückgänge konnten nur zum Teil durch die Steigerungen bei den Ausfuhren nach Japan, den Philippinen und Südkorea, den dritt-, viert- und fünftwichtigsten Bestimmungsländern, wieder ausgeglichen werden. Milch weiterhin knapp am Markt
Obwohl die Milchanlieferungen in Deutschland seit Mitte November wieder zulegen, kann die Nachfrage nicht immer bedient werden. Teilweise bestanden sogar Angebotsengpässe und die Preise tendierten erneut fester. Das galt besonders bei Butter, die für die Weihnachtsbäckereien benötigt wurde und im Preis deutlich anzog. Da für Butter und auch für Käse die Lagerbestände langsam zur Neige gingen, erwarten die Marktkenner auch nach Weihnachten keine fundamentale Änderung der Lage. Selbst beim billigen Schnittkäse wie Gouda sind Lieferkürzungen nicht ungewöhnlich. Der Großhandelspreis liegt mindestens 30% über Vorjahr. Beim Magermilchpulver sind die Produktionsmengen für die kommenden Monate bereits weitgehend verkauft. Ohne Aufpreise ist für den kurzfristigen Bedarf nichts mehr zu verhandeln. Milchpulver liegt etwa 50 (in Worten: fünfzig) Prozent über Vorjahr. Damit haben die Milchbäuerinnen und Milchbauern alle Markttrümpfe in der Hand. Sie sollten sich das entgangene Milchgeld jetzt zurückholen. Aber vorsichtig sein bei Produktionssteigerungen. Die Herdbuch-Auktionen und die explodierenden Tierpreise lassen nicht unbedingt Gutes ahnen.
20.12.2021
Von: hg

Handelsunternehmen handeln gegen illegale Abholzung des Regenwaldes im Amazonasgebiet. Bildquelle: Migthy Earth