Italien zahlt "Notfallprämie" an Milchviehbetriebe

In Italien sollen die Einkommen von Milchbäuerinnen und -bauern angesichts ihrer aktuell auch durch gestiegene Kosten für Energie und Futtermittel völlig unzureichenden finanziellen Situation durch eine von den Akteuren in der gesamten Wertschöpfungskette aufgebrachte „Notfallprämie“ gestärkt werden. Der italienische Landwirtschaftsminister Stefano Patunelli unterzeichnete am 9. November eine entsprechende Vereinbarung mit Landwirtschaftsverbänden, Genossenschaften, Verarbeitungsindustrie und dem Lebensmitteleinzelhandel (LEH). Der AbL-Landesvorsitzende in Niedersachsen Ottmar Ilchmann hält mit Blick auf die Vereinbarung und angesichts der Verweigerungshaltung des LEH in Deutschland, sich durch einen angemessenen Preiszuschlag bei den laufenden Kontraktverhandlungen an den auch hier gestiegenen Kosten zu beteiligen, womöglich auch bei uns das Eingreifen der Politik für erforderlich. Laut der vom italienischen Landwirtschaftsminister unterzeichneten Vereinbarung wird den Milchbäuerinnen und -bauern bis zum 31. März 2022 ein Zuschuss von 3 Cent (3,2 Rp.) pro Liter Milch gezahlt, um mindestens 41 Cent/l (43,2 Rp.) zu erreichen. Gezahlt wird die „Notfallprämie“ an Betriebe, deren Rohmilch zur Herstellung von Frischmilch, H-Milch, Joghurt, Frischkäse und mittelreifen Käse aus 100 % italienischer Herkunft bestimmt ist. Sollten die 41 Cent/l mit den 3 Cent nicht erreicht werden, haben sich die Verarbeiter und Genossenschaften verpflichtet, einen weiteren Cent aufzuschlagen. Landwirtschaftsverbände sehen in der Vereinbarung eine dringend notwendige Maßnahme und einen ersten positiven Schritt, um zu einer besseren Vergütung für alle Landwirte, zu angemessenen Preisen und zu einer strukturellen Neuverteilung der Wertschöpfung entlang der Lieferkette zu kommen. Die Betriebe würden nicht nur weiter unter den Folgen der Corona-Pandemie leiden, sondern wie der Rest Europas auch unter den zwischen 30 % und 50 % gestiegenen Energie- und Futterpreisen. Begrüßt wird auch die mit der Vereinbarung vorgesehene Einrichtung eines technischen Gremiums („Milchtisch“), das sich nicht nur mit der Notlage, sondern auch mit den strukturellen Problemen der Lieferkette befassen soll. Dazu hat der Landwirtschaftsminister einen Ministerialerlass unterzeichnet, mit dem dieser Runde Tisch zwischen den Parteien endgültig eingerichtet wurde. Ottmar Ilchmann, AbL-Landesvorsitzender und Milchbauer in Niedersachen und Teilnehmer am Agrardialog, sieht mit Blick auf die Vereinbarung in Italien den LEH und womöglich auch die Politik in Deutschland gefordert. „Auch in Deutschland laufen die Kosten den Milcherzeugern davon. Dem Vernehmen nach weigert sich der Lebensmitteleinzelhandel hartnäckig, sich durch einen angemessenen Preiszuschlag bei den laufenden Kontraktverhandlungen an diesen Kosten zu beteiligen. Auch die Verhandlungen im Agrardialog, die eine Verbesserung der wirtschaftlichen Lage der Milcherzeuger und Schweinehalter zum Ziel haben, hat der LEH auf Eis gelegt. Angesichts dieser Verweigerungshaltung ist womöglich auch in Deutschland das Eingreifen der Politik erforderlich, um mit rechtlichen Rahmensetzungen die miserable Marktposition der Landwirte zu verbessern“, so Ilchmann.
23.11.2021
Von: FebL

In Italien hat Landwirtschaftsminister Stefano Patunelli eine Vereinbarung über eine "Notfallprämie" an die Milchbäuerinnen und -bauern unterzeichnet. Ottmar Ilchmann sieht Handlungsbedarf auch in Deutschland. Fotos: politicheagricole.it/Ilchmann