Neue Studie: Glyphosat schädigt nützliche Bakterien

Mikrobiome – so werden Gemeinschaften von Mikroorganismen genannt. In einer Übersichtsstudie hat ein internationales Team von Wissenschaftler:innen dargestellt, wie sich Glyphosat auf diese auswirkt. Das Ergebnis: Glyphosat schädigt Mikrobiome, die positiv für die Gesundheit von Pflanzen, Tieren und Menschen sind. Die Wissenschaftler:innen fordern die Behörden auf, diese Effekte zu berücksichtigen und die bisherigen Rückstandsgrenzwerte für Glyphosat zu überarbeiten. Die Ergebnisse müssten auch bei der Neubewertung von Glyphosat berücksichtigt werden. Der Boden, Pflanzenwurzeln, Haut und Darm von Tieren und Menschen sind alle von charakte­ris­tischen Mikrobiomen besiedelt. Diese bestehen aus Bakterien, Pilzen und allen Arten von mikros­kopisch kleinen Tieren. Sie arbeiten mit ihrem Wirtsorganismus zusammen, liefern Nährstoffe oder schützen ihn vor Krankheiten. Die Forscher:innen aus den Niederlanden, Deutschland, China und den USA werteten Studien aus, die sich mit der Wirkung von Glyphosat auf solche Mikrobiome befassten. Und zwar bei Rückstandskonzentrationen, wie sie in der Umwelt vorkommen. „Bis vor kurzem erschienen die Auswirkungen relativ geringer Rückstandskonzentrationen auf Mikrobiome im Boden, auf und in Pflanzen und in Tieren in der wissenschaftlichen Literatur nicht eindeutig,“ so Professorin Maria Finckh von der Universität Kassel, einer der beteiligten Wissenschaftler:innen. Die Studie stellte jedoch fest, dass sich immer dann Effekte zeigten, wenn das Mikrobiom nicht nur oberflächlich betrachtet, sondern einzelne Gattungen und Arten von Mikroorganismen oder spezifische Prozesse analysiert wurden. So beeinträchtige Glyphosat die Stickstofffixierung durch Bakte­rien in Hülsenfrüchten. Bei Bienen und Ratten schädige Glyphosat, über Pollen oder Futter aufgenommen, das Mikrobiom im Darm. Dadurch entwickelte sich das Immunsystem bei Bienen schlechter, die in der Folge empfindlicher gegenüber einem Parasiten und einem Virus wurden. Auch die Entwicklung des Nervensystems von Rattenbabys sei gestört gewesen und die Tiere hätten ADHS-ähnliche Symptome gezeigt. Festgestellt wurde auch, dass gutartige oder gar nützlichen Bakterien schon bei sehr geringen Konzentrationen von Glyphosat geschädigt werden können, während viele krankheitser­re­gende Bakterien höheren Konzentrationen von Glyphosat widerstehen würden. „Jüngste DNA-Forschungen haben gezeigt, dass bis zu 26 Prozent der Bakterien im menschlichen Darm empfind­lich auf Glyphosat reagieren“, schreibt die Universität Kassel. Es könne also zu einer Verschiebung des Mikrobioms kommen. „Die Autoren kommen deshalb zu dem Schluss, dass die tolerierbaren Rückstände in der Ernährung von Mensch und Tier gesenkt werden sollten.“ Bevor eine Entschei­dung über eine eventuelle weitere Zulassung von Glyphosat getroffen wird, sollten „all diese Faktoren ernsthaft in Betracht gezogen werden“, so die Autor:innen. Bisher haben die Behörden dies nicht getan. So veröffentlichte die EU-Lebensmittelbehörde EFSA erst Ende Oktober eine Stellungnahme, in der sie den bestehenden Glyphosat-Rückstandsgrenz­wert von 20 Milligramm je Kilogramm für Sojabohnen bestätigte. In der Zusammenfassung heißt es: „Die EFSA kam zu dem Schluss, dass die kurz- und langfristige Aufnahme von Rückständen, die sich aus den bestehenden Verwendungen von Glyphosat und der Einfuhrtoleranz für Sojabohnen ergeben, wahrscheinlich kein Risiko für die Gesundheit der Verbraucher darstellt“. Die öffentliche Konsultation der EFSA zur erneuten Glyphosatzulassung lief bis zum 22. November. Mit Material des Informationsdienst Gentechnik.