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Unterdurchschnittliche Ernte, Höchstpreise für Getreide und Ölsaaten, aber große Logistikprobleme ++ Düngerpreise explodieren ++ Geflügelpest weitet sich in Europa wieder aus

Unterdurchschnittliche Ernte, Höchstpreise für Getreide und Ölsaaten, aber große Logistikprobleme
Die Raps- und Getreidepreise gehen gerade durch die Decke. Der Raps überspringt aktuell pro Dezitonne die 70 €-Marke und liegt damit weit über den Preisen der letzten Jahre. Vor einem Jahr und in den Jahren davor bewegte sich der Preis um 40 €/dt. Auch für das nächste Jahr notieren die Terminmärkte hohe Preise. Trotz voraussichtlicher Anbauausweitung in Europa und Kanada (einem wichtigen Anbauland) vermuten Marktexperten keinen deutlichen Rückgang oder eine Rückkehr zu alten Konditionen. Kanadische und ukrainische Exporteure verlangen zurzeit fast doppelt so viel wie 2020. Auch die globalen Weizenpreise steigen immer weiter aus Sorge, dass die weltweite Getreideversorgung noch knapper werden könnte. Die europäischen und deutschen Getreideexporte laufen wie am Schnürchen, obwohl der heimische Markt nur knapp versorgt ist und auch hier die Preise Höchststände erreichen. Doch der Weltmarkt bietet offenbar noch höhere Erlöse als die hiesigen Mühlen und Futterfabriken. Nach Angaben der EU-Kommission wurde bisher bereits 16% mehr Weizen exportiert als im Vorjahr. Viele Getreideländer haben ihre Erntemeldungen für 2021 reduziert. Die EU-Kommission rechnet mit einer 10% niedrigeren Weizenproduktion in diesem Jahr. Exportregulierungen in Russland und anderswo ergänzen das Bild. Außerdem ist die Transportlogistik massiv gestört und die Frachtkosten „exorbitant“ gestiegen, wie Kenner berichten. Man rechne mit etwa einem dreifachen Anstieg der Transportkosten. Zudem fehlen Pflanzenschutzmittel und Chips für Agrartechnik, die aus China nicht geliefert werden. Wenn man noch die dramatisch angestiegenen Düngemittel hinzuaddiert, explodieren gerade die Kosten der Landwirte und fressen die hohen Erlöse wieder auf. Die Energiekrise lässt die Herstellung von Stickstoffdüngung unwirtschaftlich werden, so dass Düngerfabriken die Produktion drosseln. Die Ernährungsindustrie meldet dagegen erst einmal steigende Umsätze und eine „Aufhellung der Stimmung der Lebensmittelhersteller“. Einigkeit herrscht darüber, dass der Getreide- und Ölsaatenmarkt turbulent bleibt und sich nicht kurzfristig beruhigt. Inwieweit die Ackerbauern in der Wertschöpfungskette von dem Hoch profitieren, muss sich angesichts der Kostensteigerungen noch zeigen. Die Viehhalter sind aber schon heftig unter Futterkostendruck. Es ist sicher zu früh, über die nächste Ernte zu spekulieren - was aber am Getreide-Terminmarkt schon heftig geschieht und Preise vorbereitet. Aber da gehen die Meinungen auseinander. Während die EU- Kommission für 2022 von einer überdurchschnittlichen Versorgungssituation ausgeht (+10%), fürchten andere angesichts von Problemen bei Düngung und Pflanzenschutz Nahrungsmangel und wachsenden Hunger. Schon für das laufende Jahr hat die UNO ein Anwachsen des Hungers in vielen Ländern aufgelistet. Düngerpreise explodieren
Die Preise für Düngemittel explodieren gerade am Markt und erreichen ein „exorbitantes Niveau“, wie es der Bayerische Bauernverband bezeichnet. Kalkammonsalpeter (KAS), der wichtigste Stickstoffdünger für Getreide, Raps und Mais kostete im Oktober 90% mehr als im September und 580 €/t gegenüber 200 € am Jahresbeginn. Auch der Phosphatdünger (z.B. Diammonphosphat) verteuerte sich drastisch. 735 €/t zahlte der Handel im Oktober – im Januar lag der Preis bei 370 €. Zu diesen Preisen gehe das Kaufinteresse „gegen Null“, wie Landhändler berichten. Der größte Teil der Landwirte warte bis zum Frühjahr, wenn die erste Düngergabe anstände. Solange kaufe man nur das Notwendigste ein. Andere fürchten, dass im Frühling gar kein Kunstdünger zu bekommen sein könnte und sichern sich trotz der Preisexplosion eine Grundmenge. Düngerhersteller haben schon mit Produktionssenkungen reagiert. Landhändler berichten von fehlenden Lieferungen. Aber auch sie gehen kein größeres Risiko ein und ordern nur Mengen, die praktisch schon verkauft sind. Hersteller begründen die Verteuerung mit gestiegenen Energiekosten (Gas, Öl), die bei der Produktion eine große Rolle spielen. Außerdem seien chemische Grundstoffe knapp und die Logistikprobleme und unkalkulierbare Lieferketten kämen noch hinzu. Nebenbei: In Schweden wird über eine Unterstützung der Landwirtschaft nachgedacht, weil man eine deutliche Verschlechterung der Ernährungssicherheit fürchtet. Viele Landwirte könnten die erhöhten Kosten (im Schnitt 27.500 € pro Betrieb) nicht mehr stemmen und würden trotz teilweise guter Milch- und Fleischpreise die Betriebsaufgabe anstreben, wenn sich nichts ändere. Geflügelpest weitet sich in Europa wieder aus
Die hochansteckende Geflügelpest breitet sich in Europa immer schneller aus. Dabei wurden bisher ganz unterschiedliche Varianten des viralen Erregers festgestellt. Aus Polen, Dänemark und den Niederlanden wurden Fälle gemeldet, aber auch Frankreich und Italien sind betroffen. Auch in Niedersachsen, Deutschlands Hochburg der Geflügelhaltung, mussten weitere Bestände mit 47.000 Nutztieren gekeult werden. Das Brandenburger Verbraucherschutzministerium bestätigte vergangene Woche zwei Fälle der Geflügelpest vom Typ H5N1. Besorgniserregend sei, dass sie so früh im Herbst bei Nutzgeflügel vor einem Wildbefund festgestellt seien. Niedersachsen hat bereits eine verpflichtende Aufstallung in einigen Regionen beschlossen. In Polen wurden Mastputen- und Hähnchenbetriebe unweit der deutschen Grenze befallen und 500.000 Tiere notgetötet. In den Niederlanden wurden vorsorglich 127.000 Tiere wegen Verdacht auf HPAI (hochpathogene aviäre Influenza) vom Virustyp H5N1 getötet. In Dänemark wurde die Geflügelpest in einem Betrieb des landesweit größten Putenmästers, der in deutschem Besitz befindlichen „APM Danmark A/S“ nachgewiesen und 28.000 Puten gekeult. Dänische Veterinäre fürchten mit dem frühen Neustart der Vogelgrippesaison einen ähnlichen Seuchenzug wie im Vorjahr. In Frankreich hat es dem Ministerium zufolge seit Anfang September bisher vier Nachweise der Geflügelpest gegeben. Der erst im Frühjahr beendete letzte Seuchenzug hatte besonders im Südwesten des Landes gewütet, vor allem bei Enten aus der Stopfleberproduktion. Insgesamt wurden mehr als 3 Mio. Tiere gekeult. Die französische Regierung schätzt die Seuchengefahr als „hoch“ ein und hat eine Aufstallpflicht angeordnet. Landwirte in der bekannten Geflügelregion Bresse („Bresse Hühner“) weigern sich, den Auflagen nachzukommen. Sie befürchten, ihre Produkte nicht mehr mit der regional geschützten Ursprungsangabe verkaufen zu können, da deren Richtlinien den Zugang zu Weideflächen verlangen. Nach den jüngsten Hygienevorschriften würde eine vom Tierarzt festgestellte Ausnahmeregelung nicht mehr anerkannt.
15.11.2021
Von: hg

Die Geflügelpest weitet sich in Europa wieder aus, wie hier von der Sendung Hallo Niedersachsen des NDR im Raum Cloppenburg gemeldet. Bildquelle: NDR