Jeder Hof zählt – auch in Lützerath! Widerstand gegen Enteignung und Abriss durch RWE

Lützerath ist ein winziges Dorf am Rand des Braunkohletagebaus Garzweiler II im Rheinland. Hier leben nur noch Eckardt Heukamp, der letzte Bauer in Lützerath, und Klimaaktivist:innen. Doch sein Hof soll zwangsenteignet und abgerissen werden. Denn der Energiekonzern RWE will den Tagebau ausweiten. Eckardt Heukamp erklärt: „Mein Hof und das Dorf Lützerath liegen für RWE im Weg, so lange es uns hier gibt, können sie Garzweiler II nicht ausbauen. Aktuell laufen zwei Verfahren, mit denen RWE die Enteignung meines Hofes voranbringen will. Das erste Urteil erwarte ich spätestens Ende des Monats. Sollte RWE Recht bekommen, dürften sie sofort anfangen, meinen Hof abzureißen. Das werde ich nicht hinnehmen! Ich werde in Berufung gehen und meinen Hof weiter verteidigen. Denn die Klimakrise betrifft uns alle, wir dürfen uns nicht weiter wegducken und RWE machen lassen. Ich fordere von den Parteien, dass sie jetzt umsetzen, was sie uns vor der Wahl an Klimaschutzversprechen gegeben haben. Die Wissenschaft zeigt es deutlich: Deutschland kann das 1,5 Grad Ziel nur einhalten, wenn mein Hof und Lützerath bleiben.“ Heukamp bezieht sich dabei auf eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW). Diese Studie mit dem Titel “Kein Grad weiter – Anpassung der Tagebauplanung im Rheinischen Braunkohlerevier zur Einhaltung der 1,5-Grad-Grenze“, die von der Initiative „Alle Dörfer bleiben“ beauftragt wurde und zu dessen Autor:innen auch die Leiterin der Abteilung Energie, Verkehr, Umwelt am DIW Prof. Claudia Kemfert gehört, zeigt, dass Deutschland seinen Beitrag zum Erreichen des 1,5°C-Ziels nur einhalten kann, wenn der Tagebau Garzweiler II nicht weiter ausgeweitet wird. Weder aus energiewirtschaftlicher noch aus energiepolitischer Sicht besteht laut der Studie eine Notwendigkeit für einen kompletten Aufschluss des Tagebaufeldes Garzweiler II. So könnten auch die Dörfer erhalten werden. Bernd Schmitz, Landesvorsitzender der AbL NRW und Bauer im Rheinland, kommentiert: „Dass jetzt noch ein Hof abgerissen wird, um weiter Kohle zu fördern, ist angesichts der fortschreitenden Klimakrise inakzeptabel. Statt einer weiteren Ausweitung der Kohleförderung brauchen wir jetzt einen schnellen Ausstieg aus der Kohle. Landwirtschaftliche Böden haben ein riesiges Potential zum Klimaschutz beizutragen und Kohlenstoff aus der Atmosphäre zu speichern. Böden wegzubaggern, um weiter Kohle zu fördern, konterkariert Klimaschutz also im doppelten Sinne. Jeder Hof zählt – das gilt auch in Lüzerath. Als AbL unterstützen wir Eckardt Heukamp in seinem Kampf für seinen Hof: Dieser darf nicht den Profitinteressen von RWE zum Opfer fallen.“ Auch Greenpeace unterstütz den Protest in Lützerath. Bastian Neuwirth, Greenpeace-Klimaexperte erklärt: „RWE droht in Lützerath Fakten zu schaffen, noch bevor eine neue Bundesregierung überhaupt steht und die künftige Klimapolitik beschlossen hat. Wenn es die sondierenden Parteien mit ihren Bekenntnissen zum 1,5-Grad-Limit ernst meinen, dann müssen sie die NRW-Landesregierung jetzt auffordern, die Zerstörung von Lützerath zu stoppen. Die geplante Ausdehnung des Braunkohletagebaus ist mit den Pariser Klimazielen nicht vereinbar.” Um einen Beitrag dazu zu leisten, dass Lützerath und damit auch der Hof von Heukamp nicht für den Kohleabbau weichen müssen, waren kurz vor der Bundestagswahl auch die Klimaaktivistinnen Greta Thunberg und Luisa Neubauer in Lützerath. Mitgebracht hatten sie ein Schild mit der Aufschrift «Defend Lützerath, defend 1,5» («Verteidigt Lützerath, verteidigt 1,5»), das sie vor dem Hof in den Boden rammten. “Es tut gut, die Unterstützung von Greta Thunberg und der Klimabewegung zu haben. Die Regierung Laschet und RWE bereiten gerade den Abriss meiner Nachbarhäuser vor, bald wollen sie an meinen Hof ran. Ich hoffe sehr, dass in den nächsten Tagen und Wochen möglichst viele Leute kommen, um das Dorf und damit auch unser Klima zu schützen”, erklärte Eckardt Heukamp. Am 1.Oktober hat die Rodungssaison begonnen und RWE könnte mit der Rodung von Bäumen und dem Abriss bereits erworbener Häuser beginnen. Dem haben sich am Wochenende zahlreiche Aktivist:innen verschiedener Initiativen erfolgreich entgegengestellt. Unter anderem hatte das Bündnis “Alle Dörfer bleiben” unter dem Motto “Platz nehmen!” dazu eingeladen, sich mit Stühlen und Picknickdecken schützend vor die Bäume, Häuser und Wiesen des Dorfes zu setzen. Im weiteren Aufbau befindet sich auch ein Klimacamp. In einem Video ruft das Bündnis „Alle Häuser bleiben“ zudem dazu auf, Eckardt Heukamp in seinem Kampf gegen den Braunkohle-Tagebau Garzweiler II und gegen seine Enteignung durch RWE und die Landesregierung von Armin Laschet mit einer Spende zu unterstützen. In seiner juristischen Auseinandersetzung sind mittlerweile Anwalts-, Gerichts- und Gutachterkosten von 80.000 bis 90.000 Euro entstanden. Die Kontodaten lauten: Umwelt-Treuhandfonds; IBAN: DE14200505501501679672; Betreff: Juristische Auseinandersetzung.
04.10.2021
Von: xb/FebL

Bauer Eckardt Heukamp mit den Klimaaktivistinnen Greta Thunberg und Luisa Neubauer, die 1,5 Grad Grenze vor Lützerath und das noch stetig wachsende Klimacamp. Fotos: Christoph Schnüll/Alle Dörfer bleiben; Xenia Bandt