Wir haben die Schweinemastanlage in Haßleben satt!

1.000 Menschen fordern, die Wiederinbetriebnahme der Anlage aus DDR-Zeiten zu stoppen

Trotz Sauwetter demonstrieren am letzten Sonntag im Juni über 1.000 Menschen gegen die Mega-Stallanlage in Haßleben (Nordbrandenburg). Dort möchte der holländische Investor Harry van Gennip die DDR-Mastanlage, in der Anfang der 1990er Jahre bis zu 130.000 Schweine gehalten wurden, wieder mit 36 000 Schweinen in Betrieb nehmen. Seit Bekanntwerden der Pläne van Gennips stellt sich die Bürgerinitiative „Kontra Industrieschwein“ den Plänen entgegen. Gegen die erfolgte Genehmigung legte man Widerspruch ein. Bis zur Beendigung des Verfahrens darf mit dem Bau nicht begonnen werden. Rund 90 km nördlich von Berlin, eingebettet in die Naturschutzgebiete Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin und Naturpark Uckermärkische Seen, liegt der kleine Ort Haßleben in der brandenburgischen Uckermark. Die Region, die auch das Land der 300 Seen, Flüsse und Bäche genannt wird, wurde im Mai 2013 zur Siegerin im Bundeswettbewerb „Nachhaltige Tourismusregion 2012/2013“ gekürt. Nur einen Monat später, im Juni 2013, wurde die Wiederinbetriebnahme der alten Schweinemastanlage mit 36.861 Tierplätzen genehmigt. Der Betrieb war 1991 nach 13 Jahren auch wegen seiner schädlichen Umweltauswirkungen geschlossen worden. 2003 wurde die Anlage vom holländischen Investor Harry van Gennip erworben. In den Niederlanden werden Prämien für den Abbau von Mastplätzen gezahlt, da das Grundwasser dort in weiten Teilen des Landes durch die industrielle Massentierhaltung bereits verseucht ist. Mit dem Geld können woanders neue Mast­anlagen gebaut werden. Genau das passiert in Ostdeutschland. Brandenburgs Landwirtschaftsminister Jörg Vogelsänger (SPD)betont, dass die Massentierhaltung mit Mitteln des Landes sowie der Europäischen Union weiter gefördert werden solle und jede Investition in neue Mastanlagen auch eine Investition ins Tierwohl sei. Verheerende Auswirkungen Versprochen wurden ursprünglich 50 neue Arbeitsplätze für die Region. Wahrscheinlich werden es weniger als 20. Die örtliche Bürgerinitiative „Pro Schwein“ forderte mit dem Arbeitsplatzargument lautstark am Rande der Demo eine sofortige Inbetriebnahme der Anlage. In der Tat hat die Uckermark eine hohe Arbeitslosenquote. Doch die Gegend hat sich verändert. In Haßleben sind Arbeitsplätze durch den Tourismus entstanden und die Unterstützung für den Mega-Stall schwindet in der Region. Auch der Biobauer Frank van der Hulst hat sich mit seiner Familie im zehn Kilometer entfernten Weggun vor fünf Jahren angesiedelt und betreibt auf 15 Hektar bäuerliche Landwirtschaft mit Beerenanbau und Hühnerhaltung. In den Sommermonaten arbeiten auf seinem Betrieb bis zu 25 Menschen. „Eine Landwirtschaft, in der Tierwohl und Nachhaltigkeit im Zentrum stehen, ist nur möglich mit ökologischen und konventionell wirtschaftenden bäuerlichen Familienbetrieben. Wichtigste Voraussetzung sind gerechte Preise: eine faire Vergütung für gesunde Ernährung und die ökologischen, landschaftlichen sowie gesellschaftlichen Aufgaben, die wir Bauern und Bäuerinnen leisten,“ äußert sich van der Hulst, Sprecher der AbL Brandenburg auf der Kundgebung vor der Stallanlage in Haßleben. Er und seine Frau zeigen auf, wie man die Region, die Dörfer der Uckermark belebt und regionale Wirtschaftskreisläufe stärkt. Das ist nicht das Ziel eines Investors. Er zieht den Gewinn aus der Region ab. Zurück bliebe die Belastung. Böden, Wald und Gewässer würden durch Stickstoffeinträge weiter geschädigt. Die Geruchsbelästigung und der Schwerlastverkehr durch Tier- und Gülletransporte würden stark zunehmen. Das könnte sogar Arbeitsplätze im Tourismus gefährden.
06.07.2014
Von: Jochen Fritz, Sprecher der Kampagne Meine Landwirtschaft / "Wir haben es satt"