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Schweinemarkt: Auch die „rote“ Seite schreibt rote Zahlen ++ Edeka oder Aldi: Wer ist Spitzenreiter bei Bio?

Schweinemarkt: Auch die „rote“ Seite schreibt rote Zahlen
Der Schweinemarkt zeigt sich aktuell wieder von seiner schlimmsten Seite. Nahezu alle Teile der Lieferkette beklagen schlechte Zeiten. Selbst altgediente Schweinezyklus-Experten „haben so eine Situation noch nicht erlebt“ und keiner sieht ein Licht am Ende des Tunnels. Die Landwirte, die „grüne“ Seite beklagt seit Monaten, dass die Erzeugerpreise völlig unterirdisch, existenzbedrohend, eine „Katastrophe“ sind. Bei aktuell 1,37 €/kg Schlachtgewicht legen sie nach Auffassung aller Marktkenner ca. 20 bis 30 € pro Schwein dabei. Den Ferkelerzeugern als letztem Glied der Kette fehlen beim derzeitigen Ferkelpreis von 31 € mindestens 30 Euro pro Ferkel. Ja, sie haben sogar Probleme, ihre Ferkel überhaupt auf dem Markt zu verkaufen, weil die Mäster sich zurückhalten und das Einstallen verschieben, um nicht noch mehr Geld zu verbrennen. Da zudem die Futterkosten (und die Energiekosten) auch nach der Ernte und wohl auch die nächsten Monate hoch bleiben, fehlt jegliche Perspektive. Aber auch die „rote“ Seite, die Schlachthofindustrie, schreibt gegenwärtig rote Zahlen. Die fehlende Marge aus dem stark begrenzten Export nach China/Ostasien, die gestiegenen Personalkosten durch die Übernahme der Werksarbeiter, Tarifvertrag (lt. Westfleisch Mehrkosten von 10-20 Mio. € pro Jahr), laufende Coronakosten, prall gefüllte Froster und die geringere Auslastung der Schlachtbänder durch gesunkene Schweinezahlen, führen nach Berechnung von Marktkennern dazu, dass 10 € und mehr pro Schwein finanziert werden müssen. Das summiert sich bei großen Schachtstätten mit 10.000 Schlachtungen am Tag schnell zur halben Million Euro Verlust – pro Woche! In der Konsequenz denken Schlachthöfe über Verlagerungen und Schließungen nach. Westfleisch hat diese Woche bereits angekündigt, den Schlachthof Gelsenkirchen wegen mangelnder Auslastung zu schließen. Dort wurden in 2020 noch 1 Mio. Schweine geschlachtet, die jetzt auf die verbliebenen drei Schlachtfabriken in NRW verteilt werden. Selbst der Handel ist nicht begeistert vom Fleischverkauf. Während der Lebensmittelbereich in Coronazeiten boomt, bewegt sich der Fleischabsatz unter Vorjahr, auch weil die Grillzeit fehlt. Viele selbstständige Kaufleute sind mit der „Aktionsverhämmerei“ – so ein Rewe-Einkäufer – unzufrieden. Und etwa die Hälfte des Frischfleisches geht über Billigaktionen. Der Handel steht noch auf besten da, aber auch er sucht nach alternativen Wegen. Das Thünen-Institut hat gerade analysiert, dass beim Absatz in Drittländer eine deutliche Entspannung des „Überschusses“ in den nächsten zwei Jahren nicht eintreten wird. Dem Marktbeobachter bestätigt sich die Erkenntnis vieler Jahre. Das „Schweinesystem“ ist krank. Weder Landwirte noch Schlachter noch Handwerk und (mit Einschränkungen) Handel können damit leben und erzielen ein ordentliches Einkommen. Der Verbraucher (und die Gesellschaft) wendet sich ab oder sucht nach Alternativen. Und die Kostenführerschaft im Export ist eingebüßt bzw. kostet richtig Geld. Der Markt hat seine Dominanz und Strahlkraft verloren. Außer Strukturwandel, d.h. Höfesterben fällt nichts ein. Selbst die hartleibigsten Marktideologen rufen verzweifelt nach einer Perspektive. Zur Lösung bleibt nur die Politik. Aber die Bundesregierung stiehlt sich aus der Verantwortung und versagt leider völlig. Vielleicht hilft ja der Wähler. Edeka oder Aldi: Wer ist Spitzenreiter bei Bio?
Lange Zeit warb Aldi mit seiner Marktführerschaft bei Bioprodukten. Damit wollte man beweisen, dass der Discount nicht nur billig und Menge kann, sondern auch Klasse und Qualität. Durch den anhaltenden Erfolg der Supermärkte in der Corona-Zeit hat nach Analysen der „Lebensmittelzeitung“ (LZ) nun Edeka die Pool-Position übernommen und Aldi mindestens im Umsatz übertroffen, bei der Menge soll Aldi durch den niedrigeren Preis noch vorn liegen. Anteilig an ihrem Umsatz liegt immer noch Tegut weit vorn. Edeka macht sich in Zeiten des Klimawandels ein „strategisch wichtiges Trendthema“ zu eigen, urteilt die LZ. Aber die einzelnen Regionalen von Edeka sind unterschiedlich weit. Südwest als Bioführer im Edeka-Verbund macht etwa 10% des Großhandelsumsatzes mit Bio, also etwa 500 Mio.€. Die Region Südbayern mit der Biohochburg München liegt bei 400 Mio. €, die Region Minden-Hannover erzielt mit knapp 500 Mio. € 30% Wachstum gegenüber 2019. In den großen Städten liegt der Anteil überall zweistellig, auf dem flachen Land allerdings deutlich darunter. Und auch 2021 wächst das Biogeschäft doppelt so schnell wie das konventionelle. Aber Aldi wehrt sich natürlich, von der Bio-Spitze verdrängt zu werden und kündigt für den Herbst an, Bioverbandsware zu listen. Da kommen sie allerdings spät. In ihrer Discount-Vorstellung sind sie davon ausgegangen, dass für ihre Kunden schon EU-Bio reicht, besser lieferfähig und austauschbar. Jetzt sind nicht nur Edeka (oft mit Bioland) und Rewe (mit Naturland), aber auch Lidl (mit Bioland-Vertrag) oder Kaufland (mit Demeter) an ihnen vorbeigezogen. Und die Verbände sind erst einmal vergeben. Daher bedient sich Aldi ab Herbst bei einzelnen Lieferanten mit Verbandsware und bei der österreichischen Eigenmarke „Zurück zum Ursprung“ und dortiger Verbandsware. Aber die Markenrechte liegen beim Aldi-Ableger Hofer in Österreich. Nicht nur Bio, sondern höherwertiges Bio setzt den Trend.
16.08.2021
Von: hg

Die aktuellen "Bio-Signale" von Aldi-Süd und Edeka auf ihrer jeweiligen Homepage.