Milchbauern: Schluss mit Lustig - Molkereien müssen jetzt kostendeckende Preise verhandeln!

Angesichts der angespannten Lage für die Milchviehbetriebe hat die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) gemeinsam mit dem Milchdialog, zu dem auch der Bundesverband Deutscher Milchviehhalter (BDM) und einzelne Verbände von Land schafft Verbindung (LsV) gehören, zu Bauernaktionen vor den Molkereien Deutsche Milchkontor (DMK) und Hochland aufgerufen. Am Freitag, den 11. Juni, haben Bäuerinnen und Bauern diese Molkereien unter dem Motto: „Schluss mit Lustig – Schluss mit Mauern!“ stellvertretend für alle Molkereien besucht. Und am Sonntag erklären Vertreter des LsV Hohenlohe Franken, dass sie nach ergebnislosen Gesprächen mit DMK-Vertretern eine begonnene Mahnwache solange fortsetzen wollen, bis ein Einlenken der DMK erkennbar sei. Anlässlich der Besuche erklärt Ottmar Ilchmann, Milchbauer und Landesvorsitzender der AbL-Niedersachsen: „Die wirtschaftliche Lage für Erzeuger*innen ist nach wie vor extrem angespannt. Immer mehr Betrieben geht die Luft aus. Die Futtermittelkosten nahezu aller Rohstoffkomponenten verteuern sich Zusehens. Die Milchpreise für Bäuerinnen und Bauern erholen sich so gut wie gar nicht, obwohl der Weltmarkt-Milchpreis seit Anfang des Jahres gestiegen ist. Gemäß dem Kieler Rohstoffwert Milch, also der Frühindikator für Milchpreisentwicklungen, liegt der Milchpreis für Mai ab Hof bei 37 Cent das Kilogramm. Dieser Preis spiegelt sich nicht in den Auszahlungspreisen für uns Milcherzeuger*innen wieder: Das Deutsche Milchkontor etwa zahlte seinen Erzeuger*innen im April 31,2 Cent. Die Hochland-Molkerei zahlte 34,5 Cent. Das ist ein Skandal!“ Das zeigt nach Ansicht von Ilchmann „einmal mehr, dass die Molkereien überhaupt nicht im Sinne kostendeckender Milchpreise für ihre Lieferant*innen verhandeln. Sie reichen das Geld nicht oder nicht rechtzeitig weiter. Höhere Preise schlagen sich nicht bis zu den Erzeuger*innen durch. Dabei hat der Lebensmitteleinzelhandel nach den Protesten im letzten Winter betont, etwas für die Verbesserung der wirtschaftlichen Lage auf den Betrieben tun zu wollen.“ Lucia Heigl, stellvertretende AbL-Bundesvorsitzende, führt weiter aus: „Die Verbraucher*innen sind bereit höhere Preise zu bezahlen, wenn sie denn bei den Bäuerinnen und Bauern ankommen. Die Blockadehaltung der Molkereien muss durchbrochen werden. Deshalb ist es auch notwendig, dass Bundeslandwirtschaftsministerin Klöckner beim anstehenden Trilog zur Gemeinsamen europäischen Agrarpolitik (GAP) sich für wirksame Kriseninstrumenten zur Mengenreduzierung in der Marktordnung einsetzt, wie es das Europäische Parlament fordert. Diese Kriseninstrumente würden temporär eingesetzt, um überschüssige und preissenkende Mengen gar nicht erst zu produzieren. Mit kostendeckenden Preisen kann die Entwicklung in der Landwirtschaft hin zu klimaverträglichen und tierwohlorientierten Produktionsweisen gestärkt werden. Für den Umbau in der Tierhaltung und die Stärkung der Weidehaltung ist zudem die rasche Umsetzung der Borchert-Kommission notwendig mit entsprechender Planungssicherheit für tierhaltende Betriebe. Außerdem braucht es für den internationalen Agrarhandel soziale und ökologisch verbindliche Kriterien für den Import von Agrarerzeugnissen, aber genauso für den Export.“ Vor die Tore der DMK und von Hochland geht es laut BDM nicht, weil speziell deren Milchpreise zu niedrig sind, sondern weil sie mit ihrer Marktbedeutung und Größe die nötige Durchsetzungskraft und Leuchtturmfunktion hätten, um entscheidende systemische Veränderungen für die Milchviehbetriebe anzuschieben. „Stattdessen wird gemauert – massiv“, erklärt der BDM. Wenn das Preisniveau insgesamt viel zu niedrig sei, hilft es nach Ansicht des BDM den Milchviehhaltern nicht, wenn einzelne Molkereien 1-2 Cent mehr als die Nachbarmolkerei zahlen. Auch Mehrwertprogramme, die wieder mit Kosten verbunden seien, seien kein Lösungsansatz, der den Milchbetrieben eine wirtschaftlich tragfähige Zukunft ermöglicht. Mehrwertprogramme, die auf nicht kostendeckenden Preisen aufsetzen, seien kein echter Mehrwert, denn sie vergüten tatsächlich nicht den Mehraufwand, der mit solchen Programmen verbunden ist. Gerade weil auch die Molkereien untereinander in Wettbewerb stünden, brauche es politische Veränderungen, die für den ganzen Sektor die nötigen gleichen Rahmenbedingungen schaffen und die Position der Milchviehhalter insgesamt stärken. Aber auch dagegen mauerten die Molkereien massiv! Die Milchviehhalterinnen und Milchviehhalter fordern mit ihrer Aktion laut BDM die Molkereien in Deutschland auf, dieses Mauern der kompletten Verarbeitungsbranche einzustellen und den Milchviehhalterinnen und Milchviehhaltern eine bessere Marktposition und damit bessere Marktpreise zu ermöglichen. An die Politiker, die weiter daran glauben wollen, dass die Probleme der Milchviehhalter branchenintern gelöst werden könnten, sei die Aktion ein Fingerzeig, welcher Teil der Branche wirklich jede Verbesserung der Situation der Milchviehbetriebe blockiert. Am Sonntag teilt der LsV Hohenlohe Franken mit, dass es am Standort Edewecht zu einem Gespräch mit DMK-Vertretern gekommen ist. Dabei sei kein Verständnis für die Problemlagen der Landwirte seitens der Molkerei erkennbar gewesen. Man sei als Verarbeiter hilflos gegenüber dem Lebensmitteleinzelhandel (LEH). Von dort kämen Preisvorgaben, bei deren Nichterfüllung man aus dem Sortiment ausgelistet werde. Ein Weg sei eventuell, dass sich die Bauern nun direkt an den LEH wenden, um gerechtere Preise zu erzielen. Weitere Ergebnisse konnten laut LsV nicht erreicht werden. „Es wurde beschlossen, die Mahnwache solange fortzusetzen, bis ein Einlenken von Seiten der DMK erkennbar ist“, heißt es in der LsV-Mitteilung.
14.06.2021
Von: FebL/PM

Milchbäuerinnen und -bauern fordern zum Einreißen existenzgefährdender Mauern auf. Fotos: BDM