BDM macht Eingabe beim Bundeskartellamt

Die Milchviehhalterinnen und Milchviehhalter des Bundesverbands Deutscher Milchviehhalter (BDM) haben – unterstützt durch die Verbändegemeinschaft „Milchdialog“ – im Rahmen einer öffentlichen Aktion eine Eingabe beim Bundeskartellamt in Bonn gemacht, um das Augenmerk der obersten Wettbewerbsbehörde auf die unverändert schlechte Wettbewerbsstellung der Milchviehbetriebe im Verhältnis zu ihren Abnehmern, den Molkereien, zu richten. Zuvor hatte der BDM Anträge zur Verbesserung der Marktstellung der Milchbauern sowohl der grünen Bundestagsfraktion als auch der Regierungskoalition aus CDU, Grünen und FDP in Schleswig-Holstein begrüßt und andere Parteien zur Unterstützung aufgefordert. „Aktuell zeigt sich einmal mehr, dass wir Milchviehhalter weiterhin auf Gedeih und Verderb davon abhängig sind, dass die Molkereien sich unser quasi ‚erbarmen‘ und höhere Preise, die die aktuelle Marktsituation eigentlich ermöglichen würde, auch tatsächlich realisieren“, stellt BDM-Vorsitzender Stefan Mann vor dem Bundeskartellamt fest. „Wir stellen fest, dass dies trotz einer sich für die Milchbetriebe massiv zuspitzenden wirtschaftlichen Situation nicht geschieht und auch sonst alle Vorschläge, die von den Milchviehhalterinnen und Milchviehhaltern kommen, abgebügelt werden.“ Die Kosten der Milchproduktion steigen laut BDM aktuell erheblich. Schon allein die Kosten für Futter- und Düngemittel liegen um 25 – 50% höher als noch vor ein paar Monaten. Gleichzeitig verharrt der Milchpreis auf einem annähernd gleichbleibenden, niedrigen Niveau von 32-33 Cent/kg Milch. Schon ohne die aktuellen Kostensteigerungen sind mit diesem Auszahlungspreis bereits bisher rund 30% der Milchproduktionskosten nicht gedeckt. „Für uns ist es ein unhaltbarer Zustand, dass wir steigende Kosten nicht einfach weiterberechnen können, so wie es jeder andere Wirtschaftsteilnehmer macht“, kritisiert Stefan Mann. „Trotz wiederholter Feststellungen des Bundeskartellamts, dass es kaum Wettbewerb um die Rohmilch gibt und ein Marktmachtgefälle zu Ungunsten der Milchviehhalter besteht, hat sich außer der Verkürzung von Kündigungsfristen nichts zum Positiven verändert. Die Wettbewerbsstellung der Milchviehbetriebe hat sich angesichts fehlender Abnahmealternativen nicht verbessert, sondern sogar eher weiter verschlechtert.“ Noch immer unterliegt fast die komplette Rohmilchmenge so genannten Ausschließlichkeitsbindungen (100-Prozent-Andienungspflichten) und noch immer werden die Erzeugerpreise ganz überwiegend erst nach der Lieferung festgelegt. Die Preisbildung erfolgt von oben nach unten und orientiert sich weiter an Referenzpreisen. In einem derartigen System und auch aufgrund des Vertrauens der Politik auf Branchenlösungen komme den Molkereien fast automatisch eine hohe Verantwortung gegenüber den Erzeugern zu. Dieser Verantwortung würden sie jedoch in keiner Weise gerecht. Sie signalisierten nicht nur dem Lebensmitteleinzelhandel offensiv, dass sie kein Interesse an höheren Preisen haben, sondern lehnten alle Veränderungsvorschläge der Milchviehhalterinnen und Milchviehhalter kategorisch ab. „Wir haben deshalb heute das Bundeskartellamt aufgefordert, den Milchmarkt und insbesondere das Verhalten der Molkereien genau zu beobachten und der Politik erneut Hinweise zu geben, dass der Milchmarkt dringend grundlegend reformiert werden muss“, betont Stefan Mann. „Wir wollen gewinnbringende Erzeugerpreise über den Markt erzielen können und dabei nicht von der Barmherzigkeit unserer Marktpartner abhängig sein.“ Andere Parteien sollen Grünen-Vorstoß unterstützen
Bereits vor der Aktion hatte der BDM die seiner Ansicht nach sehr konkreten Vorstöße, die aktuell maßgeblich von Seiten der Grünen unternommen würden, um die Marktstellung der Milchviehhalterinnen und Milchviehhalter nachhaltig zu verbessern, begrüßt. Anfang Mai stellten unter anderem die grünen Abgeordneten Friedrich Ostendorff und Harald Ebner sowie die grüne Bundestagsfraktion einen 10 konkrete Punkte umfassenden Antrag im Bundestag mit dem Ziel, die Position der Milchbäuerinnen und -bauern in der Wertschöpfungskette zu stärken und Milchpreiskrisen effektiv vorzubeugen. Die Grünen fordern in ihrem Antrag unter anderem die Verpflichtung zum Abschluss schriftlicher Verträge mit konkreter Vereinbarung von Preis und Mengen sowie die Einführung eines mengenbegrenzenden EU-Milchmarkt-Krisenmanagements. Der Antrag wurde zur Beratung in den Agrarausschuss verwiesen. Nur einen Tag zuvor ist der schleswig-holsteinische Landtag ohne Gegenstimmen einem Antrag der Regierungskoalition von CDU, Grünen und FDP gefolgt und damit Bundesministerin Julia Klöckner aufgefordert, den EU-Parlamentsbeschluss vom 23. Okt. 2020, der die Erweiterung des Sicherheitsnetzes um mengenbegrenzende Instrumente in Marktkrisenphasen vorsieht, zu unterstützen. „Mit diesen sehr konkreten Vorstößen bekennt man sich auch klar zu einem Verständnis dafür, dass nur mit Geldverteilen und Auflagen die Milchviehhaltung nicht zu erhalten sein wird. Es braucht eine entsprechende Marktgestaltung, wenn man Betriebe zukunftsfähig sichern und ökologische Vorstellungen umsetzen will“, betont BDM-Vorsitzender Stefan Mann. „Allgemeine Sonntagsreden, in denen alle Parteien versprechen, sich für eine Stärkung der bäuerlichen Landwirtschaft einzusetzen, haben wir insbesondere in Wahlkampfzeiten oft genug gehört. Davon heben sich die aktuellen Anträge erfreulich ab.“
„Jetzt können auch die anderen Parteien im Agrarausschuss zeigen, was sie konkret mittragen und leisten wollen, um die Milchviehhaltung in Deutschland und Europa aus ihrer miserablen Marktstellung, einer daraus resultierenden dauerhaften Kostenunterdeckung und einem entsprechenden Intensivierungsdruck zu befreien“, so Stefan Mann. „Mehrwertprogramme und Aufschläge für kostensteigernde ökologische und tiergerechte Mehrleistungen sind nur dann sinnvoll, wenn die Marktausrichtung zulässt, dass die Milchviehbetriebe überhaupt gewinnbringende Preise für ihr Produkt über den Markt realisieren können.“