Meldungen von Märkten, Handel und Vermarktern

+ Agrarhandel meldet für 2020 gute Ergebnisse + Auch Fleischindustrie zufrieden trotz Marktchaos + Weiterhin Streit mit Importferkeln bei QS + Russland exportiert Schweinefleisch

Agrarhandel meldet für 2020 gute Ergebnisse
Während die Erzeuger im letzten Jahr mit schwierigen wirtschaftlichen Einkommensverhältnissen zu kämpfen hatten, kommt der vor- und nachgelagerte Bereich gut durch die verschiedenen Krisen. Der Münchener Konzern BayWa AG berichtet laut Agra-Europe von einem „sensationellen“ Jahresauftakt mit 45 Mio. € Gewinn vor Zinsen und Steuern (EBIT) im ersten Quartal. Bei einem Umsatz von 4,3 Mrd. Euro hätten das deutsche Agrargeschäft und auch der internationale Getreide- und Ölsaatenhandel mit der hohen Nachfrage aus China vom starken Preisanstieg profitiert. Auch die „Bauernmilliarde“ mit dem Schwerpunkt der Ausbringtechnik für Gülle habe dem Geschäft Rückenwind verliehen. Man rechne damit, an das Rekordergebnis von 2020 anknüpfen zu können. Im Vorjahr belief sich der Gewinn auf 215 Mio. € EBIT bei einem Umsatz von 17 Mrd.€. Auch die Raiffeisen Waren-Zentrale Rhein Main (RWZ) blickt nach eigenen Angaben auf ein „starkes“ Geschäftsjahr zurück. Das Unternehmen habe einen Konzernjahresüberschuss nach Steuern von 6,9 Mio. € erzielt bei einem Umsatz von 2,1 Mrd. €. Das sei das beste Ergebnis seit 8 Jahren. Begründet wird dies mit einer „bewussten Redimensionierung“. So sollen 2021 von insgesamt 70 Agrarstandorten 19 abgegeben werden. Die Sammelklagen von Landwirten wegen der Beteiligung der RWZ an einem Pflanzenschutzkartell mit 7 anderen Agrarhandelsunternehmen, mit denen auf Kosten der Landwirte Absprachen getroffen wurden, würden nach Aussagen des Vorstandsvorsitzenden einfach „weggeschossen“, da keine Monopolgewinne gemacht worden seien. Auch 2021 laufe „bombig“. Dazu trügen die hohen Preise auf den Weltgetreide- und Düngemärkten bei, von denen man profitiere, aber auch die Aufträge durch die „Bauernmilliarde“. Die Agravis Raiffeisen AG in Münster ist nach eigenen Angaben ebenfalls erfolgreich ins neue Jahr gestartet. Man wolle das schon gute 2020 mit einem Gewinn von 30,5 Mio. € noch übertreffen. Im letzten Jahr war der Umsatz auf 6,4 Mrd. € gestiegen. Damit konnte auch wieder eine Dividendenrendite von 4% gezahlt werden, was einem Anteil von zwei Drittel des Überschusses entspricht. 2019 waren keine Ausschüttungen erfolgt, weil Agravis Sanktionen des Kartellamtes von 43,7 Mio. € hinnehmen musste, da es sich an Preisabsprachen im Pflanzenschutzhandel beteiligt hatte. Die erhöhten Preise für die (landwirtschaftlichen) Kunden wurden nicht ausgeglichen. Auch Fleischindustrie zufrieden trotz Marktchaos
Ähnlich gute Ergebnisse weist auch die Fleischindustrie für das letzte Jahr aus – trotz coronabedingten Schlachthofschließungen und Exportverbot nach China ab September. So konnte die Vion Food Group, der zweitgrößte Fleischkonzern, trotz leicht rückläufigen Umsätzen durch die schlechten Schweinepreise den Jahresgewinn auf 52,9 Mio. € steigern. In 2019 lag er nur bei 26,6 Mio. €. Besonders zufrieden war der Vion-Vorstand mit den Bruttomargen, die weiter gesteigert werden konnten. Tönnies, Branchenführer mit etwa 7 Mrd. € Umsatz, gibt zwar keine Konzernzahlen bekannt, berichtet aber, dass 28 der 29 Standorte europaweit schwarze Zahlen schrieben. Nur das besonders gebeutelte Stammwerk habe durch die wochenlange Coronastillegung gelitten. Für die Westfleisch in Münster war das Jahr 2020 ein Jahr „mit Ecken und Kanten“. Durch die zeitweise Schließung eines wichtigen Standortes und das für alle Produktionsstätten eingeführte Hygienemanagement habe man etwa 22 Mio. € verloren. Zudem mussten die für den Asien- Export vorproduzierten 16.000 t Waren nach dem Ausbruch der ASP mit deutlichen Preisabschlägen vermarktet werden, was etwa 18 Mio. € Erlöse gekostet habe. Dadurch sei der Jahresüberschuss bei einem Umsatz von 2,83 Mrd. € auf 8 Mio. € gesunken, nachdem man den Vertragsbetrieben einen kleinen Sonderbonus gezahlt und das Geschäftsguthaben der Anteilseigner mit 4,2% verzinst habe. Der Marktbeobachter ist erstaunt, dass trotz der Turbulenzen im zweiten Halbjahr die Fleischindustrie ein ähnliches (oder gar besseres) Ergebnis im Vergleich zum Vorjahr erzielte. Haben die Bauern mit den schlechten Erzeugerpreisen ab Juni alle Zusatzkosten ausgeglichen? Was wurde denn im „goldenen“ ersten Halbjahr verdient, obwohl der Schweinepreis lange Zeit bei fast 2 Euro lag? Es bleibt die Erkenntnis, dass in den ersten Monaten 2020 trotz erzeugerfreundlicher Schweinepreise die Industrie sehr gute Gewinne machte und auch der Lebensmittelhandel reichlich profitierte. Weiterhin Streit mit Importferkeln bei QS
Im Umgang mit importierten männlichen Ferkeln gibt es weiterhin Streit zwischen der Qualität und Sicherheit GmbH (QS), vielen beteiligten Bauern und dem Landwirtschaftsministerium. Das zwischen einzelnen Fleischunternehmen, Verbänden und Handel entwickelte „Qualitätssystem“, dem fast alle Erzeuger angeschlossen sind, beschwerte sich, dass die Bundesregierung die heimischen Ferkelerzeuger „im Regen stehen lasse“. Schließlich müssen die deutschen Ferkelerzeuger seit Jahresbeginn ihre Ferkel nur noch betäubt kastrieren lassen. Das in anderen Ländern verbreitete Verfahren mit CO2- Narkosegeräten (Holland) oder mit Lokalanästhesie (Dänemark) ist in Deutschland nicht zugelassen. Damit haben die heimischen Erzeuger einen Kostennachteil gegenüber anderen Ländern. QS als privates Siegel hat aber die Importferkel als gleichwertig anerkannt, was gerade bei hiesigen Ferkelerzeugern, aber auch bei Tierschützern und Verbraucherorganisationen auf starken Protest stieß. Nach QS- Angaben könne man aber keinen Unterschied machen, weil der Import aus anderen Mitgliedsstaaten nicht verboten sei und sonst erhebliche Mengen an Ferkeln fehlen. Etwa jedes fünfte Ferkel kommt vor allem aus den Niederlanden und Dänemark. Der frühere QS- Geschäftsführer Nienhoff hat die Bundesregierung mehrfach angegangen, weil sie ein über EU- Vorgaben hinausgehendes, strengeres nationales Ordnungsrecht verabschiedet habe. Die Arbeit der Regierung sei „politisch mangelhaft“, weil sie nicht dafür sorge, dass gleiche Wettbewerbsbedingungen herrschten. Das Ministerium wies die Vorwürfe zurück, da es in die privatwirtschaftlichen Entscheidungsprozesse und ihre rechtlichen Erwägungen „nicht einbezogen“ sei. Es sei ihre eigene Verantwortung, ob sie nach deutschem Recht nicht zugelassene Ferkelkastrationen in ihrem System zulasse. Russland exportiert Schweinefleisch
Jahrelang galt Russland als wichtiges Ziel für EU- Schweineexporte. Als nach dem Krimkrieg westliche Sanktionen die Ausfuhren verhinderten, gab es laute Proteste der Exporteure. Einzelne sollen sogar versucht haben, den Boykott durch Lieferungen über Länder wie Serbien zu umgehen. Danach wurden neue Absatzwege nach Südostasien, besonders China gefunden. Inzwischen hat sich Russland von einem Import- zu einem Exportland entwickelt. Laut Agra-Europe ist Russland seinem Ziel, zukünftig ein wichtiger internationaler Exporteur von Schweinefleisch zu werden, wieder ein Stück näher gekommen. Im ersten Quartal 2021 sind die Ausfuhren um fast ein Drittel gestiegen. Schon im letzten Jahr waren sie um 86% gewachsen, womit man zur Nr. 7 der weltweiten Exportnationen aufstieg. Etwa die Hälfte ging nach Vietnam, während man noch auf die Lizenz für China wartet. Der Import ist fast völlig zum Erliegen gekommen. Der ehemalige Hauptlieferant Brasilien verkaufte in diesem Jahr bisher Null Schweinefleisch nach Russland. Damit erscheint ein neuer Konkurrent auf dem Weltmarkt. Auch bei Molkereiprodukten steigt Russland in das globale Geschäft ein. Die auf Export ausgerichtete EU- Wirtschaft wird den Wettbewerber ernst nehmen müssen.
17.05.2021
Von: Hg

Die AGRAVIS-Zentrale in Münster mit Futtermittelwerk und Kanalanschluss. Foto: AGRAVIS Raiffeisen AG