Greenpeace-Recherche: Schlachthöfe verbreiten mit Abwasser antibiotikaresistente Keime

Mit Abwässern aus Schlachthöfen gelangen antibiotikaresistente Keime direkt in die Umwelt. Das ist das Ergebnis einer Greenpeace-Recherche, für die Abwasserproben aus sieben Schlachtbetrieben aus drei Bundesländern analysiert wurden. Unter anderem wurden Betriebe von Tönnies, Westfleisch und Wiesenhof beprobt. Laut der Recherche enthielten 30 der insgesamt 33 untersuchten Proben antibiotikaresistente Keime. Außerdem wurden in elf Proben Resistenzen gegen das wichtige Reserve-Antibiotikum Colistin nachgewiesen. Colistin ist einer der letzten Wirkstoffe gegen bestimmte Infektionskrankheiten beim Menschen. „Auch Schlachthöfe verbreiten Resistenzen gegen überlebenswichtige Antibiotika und tragen damit dazu bei, dass Infektionskrankheiten immer schwerer zu behandeln sind“, sagt Greenpeace-Landwirtschaftsexperte Dirk Zimmermann. „Wir alle sind von der ‚schleichenden Pandemie‘ der zunehmenden Unwirksamkeit von Antibiotika betroffen. Sie ist eine Folge der Massentierhaltung, die wir nur in den Griff bekommen, wenn deutlich weniger Tier besser gehalten werden. Anders lässt sich der Einsatz von Antibiotika in den Mastanlagen nicht weiter effektiv reduzieren.“ Die Abwasserproben wurden von Greenpeace-Rechercheuren im November und Dezember 2020 genommen und an der Universität Greifswald analysiert. Fast alle beprobten Schlachtbetriebe leiten laut Greenpeace ihr Abwasser direkt in die Umwelt ein und seien daher eindeutig als Verursacher der mikrobiellen Belastung des Wassers auszumachen. Schlachthof-Betreiber, Politik und Handel in der Pflicht
Mit den Ergebnissen der Abwasser-Analysen wird laut Greenpeace belegt, dass nicht nur mit der Gülle gefährliche Keime und Resistenzen großflächig in der Umwelt verbreitet werden. „Leider gehören Antibiotikaresistenzen genauso zur Massentierhaltung wie Tierleid, Verlust der Artenvielfalt und die Befeuerung der Klimakrise“, so Zimmermann. „Eine Konsequenz aus unseren aktuellen Ergebnissen muss die bestmögliche Klärung des Abwassers sein. Neben den Schlachthöfen ist auch die Politik in der Pflicht entsprechende Vorgaben zu machen. Und die Supermärkte müssen ihrer Verantwortung gerecht werden und mit fairen Preisen eine bessere Tierhaltung ermöglichen. Billigfleisch zu Ramschpreisen darf es nicht länger geben.“ Greenpeace fordert daher auch ein Verbot der Werbung für Fleisch. Greenpeace erkennt durchaus an, dass die eingesetzte Antibiotikamenge zuletzt zumindest zum Teil erfolgreich reduziert wurde, „doch der Einsatz von Antibiotika ist in unseren Tierställen weiter eher die Regel als die Ausnahme“. Umso wichtiger sei es, weiterhin die Ursachen zu bekämpfen, die zu dem hohen Einsatz führen. Durch bessere Haltung von weniger Tieren lässt sich nach Ansicht von Greenpeace der Einsatz von Antibiotika und die Entstehung beziehungsweise die Verbreitung von Antibiotika-Resistenzen weiter reduzieren. Im Sinne des „One-Health- Konzeptes“ muss maximale Minimierung das Ziel sein. Konkret fordert Greenpeace:
- Eine Verpflichtung der Schlachthof-Betreiber zur Installation der wirkungsvollsten Filter- beziehungsweise Aufbereitungssysteme. Kontrolle der Abwässer auf Antibiotika-Resistenzen.
- Schluss mit dem massenhaften und ungezielten Einsatz von Antibiotika in der Nutztierhaltung. Stattdessen muss durch bessere Haltungsbedingungen und dem Verzicht von Metaphylaxe (Gruppenbehandlung) die gezielte Behandlung erkrankter Tiere erfolgen.
- Ein Verbot des Einsatzes sogenannter Reserve-Antibiotika in der Tierhaltung: Diese Medikamente müssen für den Einsatz in der Humanmedizin reserviert bleiben.
- Antibiotika und multiresistente Keime in der Umwelt müssen einem bundesweiten, einheitlichen Monitoring unterworfen werden.