EuGH bestätigt das Verbot von Neonicotinoiden zum Schutz von Bienen

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat in letzter Instanz entschieden, dass die EU-Teilverbote bienenschädlicher Pestizid-Wirkstoffe (Neonicotinoide) aufrechterhalten bleiben. Begrüßt wird die Entscheidung unter anderem von Natur- und Umweltschutz- sowie Imkerverbänden. Die EU-Kommission hatte 2013 in mehreren Verordnungen die Genehmigungen für die Pestizidwirkstoffe erheblich eingeschränkt. Das Europäische Gericht erster Instanz (EuG) bestätigte 2018 diese Teilverbote für die Neonicotinoide Clothianidin (Bayer), Imidacloprid (Bayer) und Thiamethoxam (Syngenta). Während Syngenta das Urteil des EuG akzeptiert hat, legte Bayer Beschwerde beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) ein. In der zweiten (und letzten) Instanz hat der EuGH nun diese Beschwerde vollständig zurückgewiesen.
Nach dem heutigen Urteil des EuGH dürfen die Genehmigungen für diese Pestizidprodukte nach Art. 21 der Verordnung (EG) 1107/2009 eingeschränkt werden, weil ernsthafte Zweifel an ihrer Unschädlichkeit festgestellt wurden. Nach der Feststellung des Gerichts lagen ausreichende wissenschaftliche Hinweise auf Risiken für Bienen vor, um die Maßnahmen der Kommission zu rechtfertigen. BUND Naturschutz: Sieg der Vernunft
Anlässlich der Entscheidung kommentiert Richard Mergner, Vorsitzender des BUND Naturschutz (BN) in Bayern: „Die Entscheidung des Europäischen Gerichthofs ist ein Sieg der Vernunft und ein wichtiges Signal für den Schutz von Insekten in Europa. Neonikotinoide gefährden Bienen und andere Insekten enorm und sind mitverantwortlich für das dramatische Insektensterben. Der Schutz der Artenvielfalt ist absolut unvereinbar mit der Aufhebung des Verbots von hochwirksamen Nervengiften für Bienen und Wildbienen. Pestizide mit solch fataler Wirkung auf das Ökosystem dürfen nie wieder in die Umwelt gelangen.
Profitgier hat Bayer blind gegen wissenschaftliche Erkenntnisse gemacht: Zahlreiche wissenschaftliche Studien haben die Gefahr der drei umstrittenen Neonikotinoide für Bienen und Wildbienen umfassend bewiesen. Neonikotinoide sind langlebig und reichern sich im Boden an. Aufgrund ihrer Wasserlöslichkeit können sie weit transportiert werden und gelangen auch in Gegenden fernab ihrer Einsatzgebiete, wo sie dann noch jahrelang Schäden verursachen. Trotz ihrer erheblichen Einschränkung 2013 und dem Freilandverbot 2018 sind die Wirkstoffe heute immer noch in Gewässern nachweisbar.
Um das Insektensterben zu stoppen, brauchen wir neben dem Verbot solcher besonders gefährlichen Pestizide zusätzlich auch eine deutliche Reduktion des Pestizideinsatzes." Imker: Schluss mit Notfallzulassungen
Bestätigt sieht Annette Seehaus-Arnold, Präsidentin des Deutschen Berufs und Erwerbsimkerbundes, nach der Entscheidung die Forderungen ihres Verbandes: „Seit Jahren fordern der Deutsche Berufs und Erwerbsimkerbund einen verlässlich funktionierenden Bienenschutz, sowie Transparenz und Änderung des Zulassungsverfahrens. Das Urteil bestätigt unsere Forderungen und die Defizite der Risikoprüfung bei den Pestizidzulassungen.
Sieben Jahre lang waren wir als ‚Streithelfer‘ am Gerichtsverfahren mit beteiligt, das von der Aurelia Stiftung koordiniert und finanziert wurde. Jetzt muss auch endlich zum Schutz der Umwelt und allen Insekten das Urteil schnellstens umgesetzt werden. Obwohl das Verfahren anhängig war, wurde trotzdem eine Notfallzulassung im Zuckerrübenanbau erteilt“. Die bayerische Landwirtschaftsministerin fordert Seehaus-Arnold daher auf: „Frau Kaniber, Schluss mit Notfallzulassungen zum Schutz der Umwelt und aller Insekten!“ Aurelia Stiftung: Meilenstein für den Insektenschutz
Einen „Meilenstein für den Insektenschutz“ sieht die Aurelia Stiftung in der Entscheidung. „Für dieses Urteil haben wir mehr als sieben Jahre lang gestritten. Jetzt ist die Politik gefragt. Wir erwarten, dass das Zulassungsregime für Pestizidwirkstoffe und Pflanzenschutzmittel an die strengen Maßstäbe des obersten europäischen Gerichtes angepasst wird. Die Zulassungen der noch auf dem Markt befindlichen, gefährlichen Neonicotinoide müssen umgehend überprüft werden“, erklärt Thomas Radetzki, Vorstand der Aurelia Stiftung. Häusling: Missbrauch durch Notfallzulassungen beenden
Für Martin Häusling, agrarpolitischer Sprecher der Grünen im EU-Parlament und Mitglied im Umweltausschuss, muss die Entscheidung zugleich als ein Appell verstanden werden, den Missbrauch dieser Insektizide durch Notfallzulassungen für immer zu beenden. „Das Urteil der Richter muss auch als Appell an die EU-Mitgliedsländer, an die Bauernverbände und auch an die Industrie verstanden werden. Finger weg von giftigen Neonikotinoiden! Wie nun noch einmal höchstrichterlich bestätigt, sind sie aus gutem Grund verboten. Dieses Verbot über Notfallgenehmigungen zu umgehen, ist ein ökologisches Verbrechen, auch wenn die aktuelle Gesetzeslage dieses Schlupfloch noch offen lässt“, erklärt Häusling. Es müsse endlich Schluss sein mit der Praxis, immer wieder über Notfallzulassungen geltendes Recht und damit den dahinter stehenden Gedanken des Schutzes unserer Gesundheit und unserer Natur auszuhebeln. „Statt sich auf dieses Instrument zu verlassen, müssen sich Behörden, Landwirte und Industrie endlich auf Formen der Landwirtschaft besinnen, die solche Extrem-Gifte überflüssig machen. Dass dies gelingen kann, machen Tausende von Bio-Bauern jeden Tag vor. Oft genügt es, sich auf die gute fachliche Praxis, auf mehr Fruchtfolgen oder mehr mechanische Methoden zu besinnen, um den Einsatz von Giften überflüssig zu machen. Dies gilt nicht nur für Pestizide aus der Klasse der Neonikotinoide, sondern auch für andere Wirkstoffe. Zugleich appelliere ich deshalb an die Kommission, ganz generell bei der Zulassung neuer Wirkstoffe wesentlich stärker als bisher die Folgen für unsere Natur, unsere Lebensmittel und unsere Gesundheit zu beachten“, so der grüne EU-Abgeordnete.
10.05.2021
Von: FebL/PM

Der EuGH hat Verbote von Neonicotinoiden zum Schutz von Bienen bestätigt. Foto: FebL